Griechen-Hilfe: Österreich "blutet" für EZB-Risken

(c) BilderBox
  • Drucken

Die Europäische Zentralbank ist nach den jüngsten Daten zum größten Gläubiger von Griechenland aufgestiegen. Dafür haften die Steuerzahler. Die EZB gibt sich aber zu ihrem Griechenland-Engagement bedeckt.

Wien. Die Griechenland-Hilfe wird Österreichs Steuerzahler deutlich mehr kosten als bislang angenommen. Denn zusätzlich zu den 2,3 Mrd. Euro, die Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) offiziell nach Athen überweist, drohen Ausfälle in Milliardenhöhe, die auf die Kappe der Europäischen Zentralbank (EZB) gehen. Wie zuletzt bekannt wurde, haben deutsche und französische Kreditinstitute etwa ein Drittel ihrer griechischer Staatsanleihen verkauft. Damit ist die Europäische Zentralbank zum größten Gläubiger von Griechenland aufgestiegen.

Während so gut wie alle Privatbanken Details ihres Griechenland-Engagements veröffentlichen, gibt sich die Europäische Zentralbank bedeckt. Fest steht, dass die Währungshüter im Vorjahr Staatspapiere hoch verschuldeter Euroländer im Ausmaß von 74 Mrd. Euro angekauft haben. Wie viel davon auf Griechenland entfallen, ist unklar. Dem Vernehmen nach sollen es mindestens 50 Mrd. Euro sein. Deutsche Zeitungen vermuten jedoch, dass fast das gesamte Geld in Griechenland investiert wurde. Zum Vergleich: Deutsche Banken sind nur noch mit 16 Mrd. Euro in Athen engagiert, davon ist die staatliche KfW mit acht Mrd. Euro betroffen. Französische Institute reduzierten ihr Griechenland-Obligo auf zehn Mrd. Euro, bei österreichischen Kreditinstituten geht es um über zwei Mrd. Euro. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen:


•Steuerzahler haftet: Bei eventuellen EZB-Verlusten springen die nationalen Notenbanken ein. Die EZB und die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) können nämlich nicht pleitegehen, für sie stehen die Steuerzahler gerade. Die OeNB übernahm im Vorjahr im Zuge des EZB-Programms Anleihen europäischer Schuldnerländer von exakt 2,3 Mrd. Euro, der Griechenland-Anteil soll zwischen 1,5 und zwei Mrd. Euro ausmachen. Einen genauen Betrag nennt OeNB-Chef Ewald Nowotny nicht.
•Zweifel an EZB-Unabhängigkeit: Mit der Unterstützung für Griechenland begeben sich die Währungshüter in die Geiselhaft der Politik. Die griechischen Staatsanleihen werden als Ramsch eingestuft und können nur noch mit hohen Abschlägen verkauft werden. Wegen der zunehmenden Risken wurde beschlossen, dass EZB-Grundkapital auf 10,8 Mrd. Euro fast zu verdoppeln. Die Einzahlung erfolgt in drei Schritten. Österreich hält einen Anteil am EZB-Kapital von 1,94 Prozent und muss mit knapp 100 Mio. Euro einspringen. Ob dies angesichts des riesigen Griechenland-Engagements ausreicht, ist fraglich.

Die EZB-Führung hofft, dass sich die europäischen Regierungen auf zusätzliche Hilfspakete für Griechenland einigen.
•Nein gegen Umschuldung: Die EZB-Direktoren bekämpfen eine Umschuldung Griechenlands. Sie wären davon am stärksten betroffen. Ein Schuldenerlass wäre ein „enormer Fehler“, meinte jüngst EZB-Chef Jean-Claude Trichet. Bei früheren Staatspleiten, wie bei etwa jener in Argentinien, mussten die Gläubiger auf 70Prozent ihrer Forderungen verzichten. Ein ähnlicher Schritt hätte für die EZB verheerende Auswirkungen.
•Deutschland greift EZB an: Während Österreichs Politiker zu den EZB-Geschäften schweigen, ist dies in Deutschland anders. Der Berliner Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geht mit den Notenbankern auf Konfrontationskurs. Am Freitag wurde im Berliner Bundestag beschlossen, dass sich private Gläubiger an den nächsten Hilfspaketen für Griechenland beteiligen sollen. Diese sollen ihre bestehenden Anleihen gegen neue Schuldtitel mit einer längeren Laufzeit tauschen. Doch davon will die EZB nichts wissen. Die Zentralbank werde sich an einer solchen Aktion nicht beteiligen, erklärte EZB-Chef Trichet am Donnerstag. EZB-Vize Vítor Constâncio ruderte am Freitag zurück. Seinen Worten zufolge soll Trichet missverstanden worden sein.

Konkrete Hinweise, welche Lösung sich die Notenbanker für Griechenland vorstellen, gab Constâncio aber nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.