Grüne fordern Rücktritt von Ex-Kanzler Schüssel

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Die in der Telekom-Affäre unter Beschuss geratene ÖVP solle Polithygiene betreiben, fordert die Oppositionspartei. Schüssel hat bisher zu Geldflüssen aus der ÖVP-FPÖ/BZÖ-Regierungszeit konsequent geschwiegen.

Wien/Eid. Für die Grünen steht fest, wer aus Gründen der „Polithygiene“ im Zusammenhang mit der Telekom-Affäre handeln muss: „Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel muss als ÖVP-Abgeordneter zurücktreten“, fordert Telekom-Sprecherin Gabriela Moser. Weil „jeder Tag etwas Neues im schwarz-blauen Politsumpf unter dem System Schüssel“ bringe, müsse die ÖVP mit ihrem Bekenntnis zur Erneuerung Ernst machen. Denn die Empörung über den Korruptionsskandal verursache Demokratie- und Politikverdrossenheit. Schüssel hat bisher zu Geldflüssen zwischen der Telekom Austria (TA), Lobbyisten und Politikern aus der ÖVP-FPÖ/BZÖ-Regierungszeit konsequent geschwiegen.

Moser drängte erneut auf einen parlamentarischen U-Ausschuss und hält eine Übertragung der Telekom-Ermittlungen auf die neue Wirtschaftsstaatsanwaltschaft für sinnvoll. Die von den Grünen geforderte Sondersitzung des Nationalrats findet ohne Segen von ÖVP und SPÖ statt.

Eine halbe Million an FC Kärnten

Moser will von neuen Verdachtsfällen erfahren haben: Der Fußballclub FC Kärnten, dessen Präsident der verstorbene Landeshauptmann Jörg Haider war, soll 500.000Euro von TA-Bereichsleitern erhalten haben. Die Gegenleistung sei nicht klar. Der frühere Telekom-Chef Heinz Sundt soll die Kitzbüheler Szene stark gesponsert haben.

Die TA gab indes bekannt, sie werde ihrem Ex-Vorstand Rudolf Fischer eine Kontonummer bekannt geben, auf die er jene 500.000Euro Provision zahlen könne, die seinen Angaben zufolge die Euro Invest für die Kursmanipulation 2004 erhielt. Diese verhalf TA-Managern zu fetten Boni. Die Rückzahlung sei kein Verzicht auf Schadenersatz, teilte die TA mit.

Die Causa Telekom

In der Telekom-Affäre gibt es eine Reihe von Ungereimtheiten.

So steht eine Gruppe früherer Telekom-Führungskräfte im Verdacht, den Auftrag zur Manipulation des Kurses der Telekom-Aktie gegeben zu haben. Der Wiener Broker, der im Februar 2004 dazu angestiftet wurde, soll mehr als eine halbe Million Euro dafür erhalten haben. Mit der Kursmanipulation wurden Boni in der Höhe von 8,7 Millionen Euro für rund 100 leitende Angestellte erlöst.

Der Auftrag für den österreichischen Blaulichtfunk war an das Konsortium mastertalk rund um Siemens und RZB vergeben, als der damalige Innenminister Strasser die Zusage unerwartet zurückzog. Im Jahr 2004 kam im zweiten Anlauf eine Gruppe aus Alcatel und Motorola bei dem 310 Millionen Euro schweren Projekt zum Zug. Die Telekom Austria soll als Lieferant des Netzinfrastruktur 50 Millionen € an dem Deal verdient haben. Im Zuge der Neuvergabe sollen 3,7 Millionen Euro an Provisionen an den Lobbyisten Mensdorff-Pouilly geflossen sein.

Weiters stehen einige Politiker im Verdacht, Zahlungen zwecks Gesetzesbeeinflussung erhalten zu haben. Gelddrehscheibe war der Lobbyist Peter Hochegger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2011)

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