Telekom: ÖBB-Chef Kern spricht von "Riesenerdbeben"

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KERN(c) APA/ROLAND SCHLAGER (Roland Schlager)
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Für ÖBB-Chef Kern wurden unter Schüssels Regierung "moralische Standards nach unten durchbrochen". Bartenstein ist über Kern-Kritik empört.

Der Telekom-Skandal rund um Kursmanipulationen und fragwürdige Beratergeschäfte wird die Art und Weise, wie in Österreich gewirtschaftet wird, verändern, glaubt ÖBB-Konzernchef Christian Kern. Die Affäre habe ein "Riesenerdbeben" ausgelöst, wird Kern im "Kurier" zitiert. Und er kritisiert die ehemalige Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP). "Das war schon eine Zeit, in der man sehr locker mit dem Geld der Steuerzahler umgegangen ist. Da wurden moralische Standards nach unten durchbrochen", so Kern. Telekom-Chef Hannes Ametsreiter habe jedenfalls sein "volles Mitgefühl".

Empörung über politische Äußerungen

Empört über die Kritik von Kern zeigte sich ÖVP-Verkehrssprecher Martin Bartenstein. Nach Meinung von Bartenstein stehen dem Chef des größten heimischen Staatskonzern "politische Äußerungen und Kritik an moralischen Standards" nicht zu. "Kern sollte sich seiner Aufgabe als Chef der ÖBB voll annehmen, denn da gibt es genug zu tun", rät der ÖVP-Verkehrssprecherdem ÖBB-Chef.

Was die ÖBB-Zahlungen an den Berater Peter Hochegger betrifft, verweist Kern auf unternehmensinterne Prüfungen: Dabei wurden rund 300 Belege geprüft und mit Ausnahme der Zahlung für die Marke "railjet" immer "relativ klar dokumentierte Gegenleistungen" gefunden. Trotzdem habe man alles der Staatsanwaltschaft zur Untersuchung übergeben.

Kritik übt Kern auch an der Justiz. "Leider gehen die Verfahren langsamer, als es wünschenswert wäre. Der Ressourcenmangel bei der Staatsanwaltschaft und dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung ist nicht zu übersehen. Diese Behörden besser auszustatten, ist ein Gebot der Stunde", betonte Kern.

Die Causa Telekom

In der Telekom-Affäre gibt es eine Reihe von Ungereimtheiten.

So steht eine Gruppe früherer Telekom-Führungskräfte im Verdacht, den Auftrag zur Manipulation des Kurses der Telekom-Aktie gegeben zu haben. Der Wiener Broker, der im Februar 2004 dazu angestiftet wurde, soll mehr als eine halbe Million Euro dafür erhalten haben. Mit der Kursmanipulation wurden Boni in der Höhe von 8,7 Millionen Euro für rund 100 leitende Angestellte erlöst.

Der Auftrag für den österreichischen Blaulichtfunk war an das Konsortium mastertalk rund um Siemens und RZB vergeben, als der damalige Innenminister Strasser die Zusage unerwartet zurückzog. Im Jahr 2004 kam im zweiten Anlauf eine Gruppe aus Alcatel und Motorola bei dem 310 Millionen Euro schweren Projekt zum Zug. Die Telekom Austria soll als Lieferant des Netzinfrastruktur 50 Millionen € an dem Deal verdient haben. Im Zuge der Neuvergabe sollen 3,7 Millionen Euro an Provisionen an den Lobbyisten Mensdorff-Pouilly geflossen sein.

Weiters stehen einige Politiker im Verdacht, Zahlungen zwecks Gesetzesbeeinflussung erhalten zu haben. Gelddrehscheibe war der Lobbyist Peter Hochegger.

(APA)

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