Banken als Wissensvermittler: Eine Crux?

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Die meisten Österreicher beziehen ihr Finanzwissen über den Bankberater. Kunden- und Eigeninteressen bilden allerdings ein Spannungsfeld.

58 Prozent der Österreicher beziehen ihre Informationen zu Finanzthemen über ihre Bankberater. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Gfk-Studie. Jeder Zweite bezieht seine Informationen aus der Familie und dem Freundeskreis. Medien, Internet sowie vor allem Schule und Universität spielen hingegen eine wesentlich geringere Rolle. Das legt den Schluss nahe, dass Banken bei der Vermittlung von Finanzwissen eine besondere Rolle zukommt.

Bereits 2009 hatte der Finanzexperte Gerhard Weibold darauf hingewiesen, dass die Finanzkrise den Banken die Chance biete, ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen - damit Begriffe wie "Corporate Social Responsibility" nicht nur Schlagworte bleiben. "Wir wollen die Finanzwirtschaft aufrütteln, nicht nur darüber zu reden, sondern auch etwas zu tun", sagte Weibold damals. Doch was ist seitdem geschehen?

"Nationalbank ist keine Lobby der Banken"

Die Ergebnisse sind bislang überschaubar. Die Erste Bank hat bereits zum zweiten Mal eine Studie zum Wirtschaftswissen der Österreicher in Auftrag gegeben, die auch 2011 wenig zufriedenstellende Ergebnisse gebracht hat. Die Erste Bank setzt daher auf ihr "Sparefroh"-Projekt, das Kinder frühzeitig für Themen rund ums Sparen interessieren soll. Und die Bank Austria hat im Oktober 2009 ihre Wissensplattform "Mein Geld" gestartet.

Die österreichische Nationalbank hat im April 2011 ihre "Initiative Finanzwissen" vorgestellt, die den Österreichern Themen wie Budgetdefizite, Staatsverschuldung und Inflation näher bringen soll. "Die Nationalbank ist keine Lobby der Banken", betont Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny.

"Banken müssen Gemeinwohl nicht fördern"

Über die soziale Verantwortung der Banken herrscht branchenintern allerdings durchaus Unklarheit. "Banken, besonders private und börsennotierte Institute, haben keine Verpflichtung, das Gemeinwohl zu fördern", sagte etwa Alexander Dibelius, Deutschland-Chef der US-Investmentbank Goldman Sachs im Jänner 2010. "Es ist unrealistisch und unberechtigt zu erwarten, dass Banken eine selbstlose Beziehung zu ihren Kunden haben, besonders auch bezogen auf die Kreditvergabe", betonte er damals. Die Geldinstitute würden der Gesellschaft am besten dienen, wenn sie unüberlegte Transaktionen und überzogene Risiken vermieden und Geld verdienten.

Anders sieht das Rainer Neske, Vorstand der Deutsche Bank AG. In einem Beitrag der Zeitschrift "die bank" schrieb er 2010 über die neue Legitimation der Banken: "Grundlegendes Wissen über Wirtschafts- und Finanzfragen muss breit in der Bevölkerung verankert sein. Wir halten die Wirtschaftserziehung an den Schulen deshalb für entscheidend und fördern mit qualifizierten Mitarbeitern die finanzielle Allgemeinbildung an unseren Filialstandorten. Über 1000 Referenten der Deutschen Bank stellen sich bereits heute zur Verfügung, um Schülern grundlegendes Finanzwissen zu vermitteln".

Kundennutzen steht nicht an oberster Stelle

Im Widerspruch zum Bild des kundenorientierten Bankberaters stehen aber aktuelle Studien, die diesen kein gutes Zeugnis ausstellen, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter dem Titel "Bankberatung bringt nichts außer Kosten" schreibt. Demnach erzielen Anleger, die sich beraten lassen, nicht mehr Rendite als jene, die sich nicht beraten lassen. Hauptursache dürfte die falsche Anreizstruktur sein. Das Fazit: Für Anlageberater stehe der Kundennutzen nicht an oberster Stelle. Vielmehr sei es für sie attraktiver, durch den Verkauf von Anlageprodukten an den damit verbundenen Provisionen zu verdienen. Auch eine Untersuchung der deutschen Stiftung Warentest ergab in vielen Fällen eine "jämmerliche" Beratung, wie "DiePresse.com" berichtete. Sechs von 21 Banken wurden als "mangelhaft" bewertet. Ohne Abkehr von der "provisionsgetriebenen Beratung" werde sich daran nichts ändern.

Auch "Die Presse" schrieb zu der Problematik unter dem Titel "Eigeninteresse stattt objektiver Beratung": "Bankmitarbeiter verkaufen beispielsweise gerne Bausparverträge mit hohen Darlehenssummen, da ihre Provisionen daran gekoppelt sind. Bei einer Lebensversicherung kassiert der Berater oft mehr als 1000 Euro sofort. Hinzu kommt eine Bestandsvergütung für die gesamte Laufzeit".

Lobbyisten im Lehrerzimmer?

Abseits der Bankenbranche warnt der österreichische Wirtschaftspädagoge Josef Aff davor, dass es ein Problem sein könnte, "wenn einzelne Firmen über die Materialien den Schülern ihre Philosophie vermitteln". Entsprechende Fälle aus Österreich sind bislang aber nicht bekannt.

In Deutschland sieht da die Situation schon anders aus. Die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" schrieb unter dem Titel "Wirtschaftsunterricht: Lobbyisten im Lehrerzimmer": "Viele Schulen unterrichten Wirtschaft. Doch Lehrmaterialien und Lehrerbildung werden von Wirtschaftsverbänden dominiert".

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