800 Millionen Verlust: Erste Bank schreibt Risiken ab

Millionen Verlust Erste Bank
Millionen Verlust Erste Bank(c) Reuters (Herwig Prammer)
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Die Töchter in Ungarn und Rumänien erweisen sich als Milliardengräber. Aktionäre erhalten keine Dividende, die Aktie fällt um 15 Prozent. Es sei "keine Zeit für Fragezeichen in Bankbilanzen", sagt Erste-Chef Treichl.

Die Erste Group wird nach Sonderabschreibungen wegen der Staatsschuldenkrise heuer statt eines Gewinns einen massiven Verlust von bis zu 800 Millionen Euro schreiben. Für die Aktionäre gibt es 2011 keine Dividende, wohl aber für das staatliche Partizipationskapital. Eine geplante vorzeitige Tilgung des staatlichen Kapitals (1,2 Millilarden Euro) wird um mindestens ein Jahr verschoben. Das teilte die börsenotierte Bank am Montag nach dem Aufsichtsrat ad hoc mit. Die Erste Group-Aktie fiel daraufhin um 15,46 Prozent auf 17,50 Euro. Erste Group-Chef Andreas Treichl sprach am Montag von "radikalen Schritten, um uns als Erste Group auf eine längere Periode der Unsicherheit einzustellen". Heute würde ein schmerzhafter, aber richtiger Schritt gesetzt. "Wir sprechen unsere Probleme an. Wir setzen die Maßnahmen, die wir setzen müssen".

Die Hoffnungen, dass es für die Euro-Staatsschuldenkrise in nächster Zeit eine Lösung geben werde, hätten sich in den letzten Wochen sehr reduziert. "Das ist keine Zeit für Fragezeichen - und schon gar nicht für Fragezeichen in Bankbilanzen. Wir ziehen die Konsequenzen daraus", sagte Treichl am Montagvormittag bei einer Pressekonferenz. Er geht davon aus, dass von der Krise die Realwirtschaft getroffen wird, auch in Osteuropa, wo die Bank tätig ist. Seine Bank habe nun Ballast abgeworfen, um für die Zukunft besser gerüstet zu sein. Das Vertrauen der Investoren werde erst dann zurückkommen, wenn es klare und eindeutige Entscheidungen gibt.

Milliardengräber Ungarn und Rumänien

Folgende Abschreibungen nimmt die Erste Group vor:

  • auf Staatsanleihen von europäischen Krisenstaaten,
  • auf Bank-Beteiligungen in Osteuropa (Ungarn und Rumänien)
  • sowie von strukturierten Papieren ("Credit Default Swaps", CDS) auf Marktwert.

Das beschert der Bank in den ersten drei Quartalen 2011 einen Verlust von 920 bis 970 Millionen Euro. Bisher war von einem Gewinn von 700 Millionen Euro ausgegangen worden.

Konkret wird der Firmenwert an der ungarischen Tochterbank Erste Bank Hungary in Höhe von 312 Millionen  Euro (vor Steuern) zur Gänze abgeschrieben. Zusätzlich wird die Bank wegen der "besorgniserregenden" politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen Risikovorsorgen im Ausmass von 450 Millionen Euro (vor Steuern) bilden. Bis zu 600 Millionen Euro Kapital für die Ungarn-Tochter werden nachgeschossen, sagte Treichl. Der Firmenwert der rumänischen Tochter BCR wird angesichts der langsamer als erwartet verlaufenden wirtschaftlichen Entwicklung um 700 Millionen Euro (vor Steuern) teilweise abgeschrieben.

Engagement in Griechenland stark reduziert

Weitere 180 Millionen Euro an Abwertungen fallen an, weil die Bank künftig alle Credit Default Swaps zum aktuellen Marktwert abschreibt. Drastisch heruntergefahren wurde auch der Bestand an Anleihen und Euro-Krisenländern. In Griechenland und Portugal hat die Erste nur noch 10 Millionen Euro offen.

Die Verbindlichkeiten (gegenüber Staaten, Banken, Unternehmen und Privatkunden) der Erste Group in Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Italien sind von 5,1 Milliarden Euro zum Jahresende 2010 auf 3,6 Milliarden Euro zum 30. September 2011 deutlich abgebaut worden. 81 Prozent der Verbindlichkeiten beziehen sich auf Spanien und Italien. Das Engagement in Staatstiteln von Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Italien wurde von 1,9 Milliarden Euro auf 0,6 Milliarden Euro reduziert, jenes gegenüber Banken sank von 2,3 Milliarden Euro auf 2,0 Milliarden Euro.

Das hat die Erste in Euro-Krisenländern verliehen

<b>Land</b> <b>Gesamt</b> <b>Staat</b> <b>Banken</b>
Griechenland 137,6 Mio. 12 Mio. 119 Mio.
Irland 380 Mio. 74 Mio. 253 Mio.
Portugal 154 Mio. - 145 Mio.
Spanien 934 Mio. 18 Mio. 568 Mio.
Italien 1,99 Mrd. 543 Mio. 930 Mio.

Verlust von bis zu 800 Millionen Euro

"Die heute getroffenen Maßnahmen drehen einen Neun-Monats-Gewinn von 700 Millionen Euro in einen Verlust", erläuterte Treichl. Für das gesamte Jahr 2011 erwartet Vorstandschef Treichl nun einen Verlust von 700 bis 800 Millionen Euro - statt eines Nettogewinns von 850 bis 950 Millionen Euro.

Die Erste spricht davon, damit die Bilanz "auszuputzen", das Kapital bleibe weiter auf dem früheren Niveau (9,2 Prozent).  Es handle sich dabei "ausschließlich um Einmaleffekte, die uns als Bank auf die kommende Situation vorbereiten werden", schrieb der Erste-Chef in einer Mitteilung. Kernkapitalquote und Liquiditätssituation würden damit nicht geschwächt. Das funktionierende Geschäftsmodell seiner Bank ermögliche diese harten Schritte, sagte Treichl.

Keine neuen staatlichen Eigenkapitalhilfen

Dass sich die Erste Group beim österreichischen Staat um neue Eigenkapitalhilfen bemühen wird, schloss Treichl aus. "Wir haben jetzt die Rückzahlung des staatlichen Partizipationskapitals verschoben. Mehr wollen wir ganz hundertprozentig nicht aufnehmen. Da müsste man uns hinprügeln".

(APA/phu)

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