Erste Bank wappnet sich für Eurokrise

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Erste-Bank-Chef Andreas Treichl geht davon aus, dass die Schuldenkrise noch länger dauern wird. Daher werden nun Beteiligungen in Osteuropa abgewertet. Heuer fällt ein Verlust von bis zu 800 Millionen Euro an.

Wien. Die Erste Bank ist wieder Vorreiter. Vor drei Jahren beantragte sie nach der Pleite der US-Investment Brothers als erstes österreichisches Institut Staatshilfe. Jetzt bereitet sich Bankchef Andreas Treichl auf eine Eskalation der europäischen Schuldenkrise vor: „Es könnten auf uns sehr harte Zeiten zukommen – härter, als wir es uns vielleicht derzeit vorstellen können.“ Treichl geht davon aus, dass es zu einem Schuldenerlass Griechenlands von 50Prozent kommen wird: „Unsere Hoffnungen, dass es für die Staatsschuldenkrise in Europa in nächster Zukunft eine Lösung geben wird, haben sich in den letzten Wochen sehr reduziert.“

„Warm anziehen ist teuer“

Nach dem Motto „Warm anziehen ist teuer“ räumt die Erste Bank nun in der Bilanz auf. Das Anleihenengagement in den Krisenländern wird reduziert. Bei den Töchtern in Osteuropa werden Abschreibungen vorgenommen. Daher rutscht das Institut im dritten Quartal mit 1,45 Milliarden Euro tief in die roten Zahlen. Anleger zeigten sich über die Gewinnwarnung entsetzt. Die Aktie verlor am Montag 9,18 Prozent an Wert. Die im Sommer angekündigte Rückzahlung der Staatshilfe von 1,2 Mrd. Euro wird laut Treichl um mindestens ein Jahr verschoben. Anstatt eines erwarteten Gewinns von 850 bis 950 Millionen Euro erwartet der Banker für heuer einen Verlust von bis zu 800 Millionen Euro.

Die Aktionäre müssen auf eine Dividende verzichten. Anders als die Kärntner Hypo und das Volksbanken-Institut ÖVAG wird die Erste Bank aber die Zinsen für das Staatskapital von jährlich acht Prozent zahlen. Weitere Hilfen vom Bund seien nicht notwendig, versichert Treichl.

Die Maßnahmen im Detail:
•Der Wert der Ungarn-Tochter von 312 Millionen Euro wird komplett abgeschrieben. Grund ist das Fremdwährungsgesetz, wonach Bankkunden ihre Kredite günstiger tilgen können. Die Kosten dafür muss die Finanzbranche tragen. Deswegen braucht die Ungarn-Tochter eine Kapitalzufuhr von 600 Millionen Euro.
•In Rumänien wird der Firmenwert der Erste-Bank-Tochter wegen der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung um 700 Millionen Euro abgeschrieben.
•Das Engagement in Griechenland, Portugal, Spanien, Irland und Italien wurde seit Jahresbeginn von 5,1 Milliarden Euro auf 3,5 Milliarden Euro reduziert.
•Um 180 Millionen Euro werden „Credit Default Swaps“ (CDS) abgewertet. Dabei handelt es sich um Wertpapiere, mit denen man sich gegen eine Pleite von Staaten und Banken absichert. Auch nach dieser Maßnahme liegt das CDS-Volumen bei 4,9 Milliarden Euro.
•Angesichts des konstant profitablen operativen Geschäfts soll die Kernkapitalquote mit 9,2 Prozent unverändert bleiben. Laut Treichl handelt es sich bei diesen Schritten um Einmaleffeke, um sich für alle Eventualitäten zu rüsten. Im vierten Quartal will die Bank wieder auf einen Gewinn von 150 bis 250 Millionen Euro kommen.

Debatte über Bonität Österreichs

Allerdings müsse man derzeit, schränkt Treichl ein, „alles infrage stellen, da kann man Österreichs Bonität nicht ausnehmen“. Es habe in den vergangenen Wochen und Monaten Staaten erwischt, „wo alle überrascht waren“. Die Wiener Regierung müsse daher jetzt auch klare Zeichen und Reformen setzen, um zu zeigen, dass sie „alles tut, um Österreichs Topbonität zu halten“.
Leitartikel Seite 2

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2011)

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