Raiffeisen Zentralbank braucht 1,9 Milliarden Euro

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Der "Blitzstresstest" der europäischen Bankenaufsicht sorgt in Österreich für eine Überraschung: Das Raiffeisen-Spitzeninstitut muss bis Ende Juni 2012 das Kernkapital deutlich erhöhen.

Wien/Höll. Im Vorfeld des EU-Gipfels zur Griechenland-Krise hat die europäische Bankenaufsicht einen „Blitzstresstest“ durchgeführt. Am Donnerstag wurden die Ergebnisse veröffentlicht. Von allen österreichischen Großbanken braucht die Raiffeisen Zentralbank (RZB) das meiste Geld. Um auf die von der EU vorgeschriebene Kernkapitalquote von neun Prozent zu kommen, muss sich das Raiffeisen-–Spitzeninstitut bis Ende Juni 2012 rund 1,9 Mrd. Euro besorgen. Die Kernkapitalquote ist eine wichtige Messlatte für die Risikotragfähigkeit von Banken. Sie gibt das Verhältnis vom Kernkapital (das von den Eigentümern eingezahlte Kapital plus einbehaltene Gewinne – sozusagen die eiserne Reserve für alle Fälle) zur Summe der Kredite an.

Das Ergebnis des Stresstests ist eine Überraschung. Im Vorfeld war erwartet worden, dass in Österreich das Volksbanken-Spitzeninstitut ÖVAG am schlechtesten abschneiden wird. In Summe müssen die drei von der Aufsicht überprüften Banken ihr Kapital um 2,9 Mrd. Euro erhöhen. Am besten geht es der Erste Bank, die nur 59 Mio. Euro benötigt. Die ÖVAG liegt mit einem Geldbedarf von 972 Mio. Euro im Mittelfeld.

Noch im Sommer sah die Situation ganz anders aus. Damals war die ÖVAG beim Stresstest durchgefallen. Seitdem hat sie die Risikopositionen zurückgefahren. So wurde ein Großteil des Osteuropa-Geschäfts an die russische Sberbank verkauft.

In einer Aussendung übt die RZB scharfe Kritik am Vorgehen der Aufsicht. Die von der EU vorgeschriebene Kapitalquote sei „zu hoch“. Zudem sei beim Stresstest das von privaten Investoren gezeichnete Partizipationskapital (stimmrechtslose Wertpapiere) in der Höhe von einer Mrd. Euro nicht berücksichtigt worden. Auch habe die Behörde nicht das Ergebnis für die börsenotierte Raiffeisen Bank International (RBI), eine Tochter der RZB, ermittelt. Noch im Juli 2011 hätte die Aufsicht die RBI als „gut kapitalisiert“ ausgewiesen, schreibt die RZB.

RZB-Chef Walter Rothensteiner kündigte an, dass der Vorstand „alle nötigen Maßnahmen“ setzen werde, um den neuen Anforderungen zu entsprechen. „Aus heutiger Sicht“ werde der RZB-Konzern dafür keine staatliche Hilfe benötigen. Details, wie die RZB bis Juni so viel Geld einsammeln wird, nannte Rothensteiner nicht. Dabei hatten die Giebelkreuzer bereits im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 1,75 Mrd. Euro vom Bund erhalten. Einen Zeitplan für die Rückzahlung der Staatshilfe gibt es nicht.

Kapitalerhöhung der Landesbanken?

Schon Mitte Oktober hatte RBI-Chef Herbert Stepic in verschiedenen Interviews erklärt, dass die Lage für die Banken derzeit alles andere als einfach sei. „Wir sollen mehr Kapital und Liquidität halten in einer Situation, in der uns das Kapital durch die Bankensteuer wegbesteuert wird und in der der Kapitalmarkt geschlossen ist“, kritisierte Stepic. „Wie sollen da die Banken mehr Kapital aufnehmen? Man sollte erst dann von Kapitalerhöhungen sprechen, wenn es halbwegs zu einer Erholung gekommen ist.“ Erhielten die Banken kein Kapital, werde die „Vergabe von Krediten doppelt so restriktiv“ gehandhabt, meinte Stepic.

Die RBI hatte erst im Sommer angekündigt, in den nächsten zwölf Monaten an der Börse Geld einsammeln zu wollen. Doch dann stürzten die Finanzmärkte im Zuge der Griechenland-Krise ab. Daher ist eine baldige RBI-Kapitalerhöhung über die Börse auszuschließen. Am Donnerstag notierte die Raiffeisen-Aktie bei 22,70Euro. Das ist deutlich geringer als beim Börsegang vor sechseinhalb Jahren. Ende April 2005 wurde die Aktie erstmals in Wien gehandelt. Der Ausgabekurs lag bei 32,5 Euro. Im Oktober 2007 führten die Giebelkreuzer eine Kapitalerhöhung durch. Wer damals Anteile kaufte, musste 104 Euro hinlegen.

Dem Vernehmen nach plant der RZB-Vorstand nun ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Es gilt als wahrscheinlich, dass das von privaten Investoren gehaltene Partizipationskapital von einer Mrd. Euro in Kernkapital umgewandelt wurde. Das PS-Kapital wird in erster Linie von den Raiffeisen-Landesbanken gehalten. Auch weitere Zuschüsse durch die Raiffeisenbanken in den Bundesländern sind nicht auszuschließen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2011)

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