AUA kündigt den Kollektivvertrag auf

Austrian Airlines
Austrian Airlines(c) dapd (Hans Punz)
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Die Verhandlungen über einen neuen KV sind gescheitert. Die AUA-Spitze kündigt den alten Vertrag auf. Der Streit zwischen Management und Bord-Personal eskaliert.

[Wien] Die Zeiten des Taktierens und Lavierens sind vorbei: Die AUA-Spitze macht ihre Drohung wahr, die Gangart deutlich zu verschärfen, um ein Kostensenkungsprogramm im Ausmaß von 260 Mio. Euro durchzubringen. Nachdem die erste Verhandlungsrunde mit dem Bordbetriebsrat um einen neuen, deutlich kostengünstigeren Kollektivvertrag am Dienstag nach nur wenigen Minuten geplatzt war, hat die AUA-Führung unter Jaan Albrecht am Mittwoch kurzen Prozess gemacht und den Kollektivvertrag (KV) für das fliegender Personal einseitig gekündigt.

Den Schwarzen Peter schiebt die AUA-Führung dem Verhandlungsführer der Gewerkschaft Vida, Wolfgang Hable, zu, der die Aufnahme von Gesprächen davon abhängig gemacht haben soll, dass er eine von Austrian Airlines voll vergütete Freistellung für gewerkschaftliche Tätigkeiten erhält, wie die AUA-Führung an Vida-Chef Rudolf Kaske schreibt. Der Brief liegt der „Presse“ vor. Hable war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Die überraschte Gewerkschaft Vida will sich bis heute, Donnerstag, Bedenkzeit nehmen.
2003 führten geplante Änderungen beim Kollektivvertrag durch das damalige AUA-Management zu einem Streik. Schlussendlich gab die AUA-Spitze – auf Vermittlung der Sozialpartner – nach.

Verhandlungen sind geplatzt

Albrecht hat bereits vor einem Monat ein umfangreiches Sparkonzept präsentiert, dessen Kern neue, kostengünstigere Kollektivverträge (KV) für alle Mitarbeiter sind. Die neuen Verträge sollen ohne jährliche bzw. alle zwei Jahre vorgesehene Gehaltssprünge, garantierte Inflationsabgeltung, weit über ASVG-Regelungen liegende Abfertigungen und neue Betriebspensionsregelungen auskommen. Die Gewerkschaften GPA-djp und Vida ließen jedoch den von Albrecht mit Ende Jänner geforderten Termin für den KV-Abschluss platzen.

Weil seither Funkstille herrscht, Albrecht aber am 29. Februar dem Aufsichtsrat die paktierten Vereinbarungen präsentieren soll, erhöhte er nun den Druck: Und zwar in Form von Änderungskündigungen nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz. Das wiederum hieße, dass AUA und Lauda Air mit der Regionaltochter Tyrolean (Austrian Arrows) fusioniert würden und alle Mitarbeiter von AUA und Lauda Air auf den kostengünstigeren KV der Tyrolean wechseln müssten. Ihr Ist-Gehalt würde solange eingefroren, bis die Tyrolean-Mitarbeiter gleichgezogen haben, was Jahre dauern würde.

Man wolle weiterhin Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag führen, und hoffe innerhalb der nächsten zwei Wochen zu einem „neuen, modernen Kollektivvertrag“ zu kommen  aber „wir brauchen auch eine Alternative für den 29. Februar“, heißt es von Seiten der AUA-Führung. Es gehe dabei nicht um einen Abbau von Arbeitsplätzen, sondern um eine „Flexibilisierung der Kollektivverträge“.

Politik ist über Lage informiert

Mit einer „Roadshow“ von Bundeskanzler Werner Faymann und Infrastrukturministerin Doris Bures (beide SPÖ) abwärts hat Albrecht in den vergangenen Tagen die Politik über den Ernst der Lage informiert und auf harte Schnitte eingestimmt. Zudem laufen mit 60 Lieferanten Gespräche über Preisnachlässe.

Die AUA hat vor allem ein Kostenproblem, großteils verursacht durch teure Regelungen in KVs. Wie Albrecht bekannt gab, würden die Personalkosten heuer mit 438 Mio. Euro das Niveau von 2009 erreichen, obwohl seither 1500 Stellen gestrichen worden sind und damit die Zahl der Mitarbeiter um ein Fünftel geschrumpft ist.
Die Gründe dafür heißen Gehaltsvorrückungen und Inflationsabgeltung. Aber auch die uneinheitliche Flotte treibt die Kosten in die Höhe. Im Vergleich mit der Air-Berlin-Tochter Niki hat die AUA um 25 Prozent höhere Aufwände.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16. Februar 2012)

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