Im Kampf um kostengünstigere Kollektivverträge hat die Air-Berlin-Tochter „Niki“ die Nase vorn. Seit dem Start der Billig-Airline im Jahr 2003 ist ihr Personal bei einem Leasing-Pool beschäftigt.
Wien/Frankfurt. Leiharbeiter – dieses Wort hat bei den Lufthanseaten einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Was die deutsche AUA-Mutter aus Kostengründen bei Flügen ab Berlin plant und möglicherweise auch von AUA-Boss Jaan Albrecht in Erwägung gezogen wird, praktiziert der österreichische Erzkonkurrent seit vielen Jahren. Bei „Niki“ sind die 500 Piloten und Flugbegleiter sowie ein Teil des technischen Personals Leiharbeiter. Sie sind seit dem Start der Billig-Airline im Jahr 2003 bei der „Labour Pool Personalleasing GmbH“ beschäftigt.
„Unser Modell erhöht die Produktivität und ist flexibler, was sich in viel günstigeren Personalkosten niederschlägt“, erklärt „Niki“-Geschäftsführer Christian Lesjak der „Presse“. Albrecht hat vor wenigen Wochen, als er sein Sparpaket mit neuen Kollektivverträgen vorstellte, gemeint, dass die Stückkosten von „Niki“ gut 20 bis 25 Prozent unter jenen der AUA lägen.
Bei „Niki“ erhalten die Piloten ein – vergleichsweise – niedriges Grundgehalt. Die Höhe will Lesjak aus Konkurrenzgründen nicht nennen. Dazu kommt die Bezahlung je nach Flugstunden – je mehr ein Pilot fliegt, desto mehr verdient er. Überstunden fallen aber nicht an. Das bedeutet, dass sich die Fluglinie im Winter, wenn das Geschäft geringer ist, Fixkosten spart. Im Sommer, wenn viel geflogen wird, kosten die Piloten zwar mehr, aber es fließt auch mehr Geld ins Unternehmen. In Summe komme man auf international vergleichbare Gehälter, „sonst würden wir ja keine Piloten bekommen“, meint Lesjak. Pro Jahr kommen die „Niki“-Piloten laut Lesjak auf mehr als 800 Stunden – das EU-Limit liegt bei 900 Stunden. Die AUA-Piloten kommen auf rund 700 Stunden.
Für die Flugbegleiter gibt es dasselbe Schema.
Was der Fluglinie Vorteile bringt, habe für die Beschäftigten Nachteile, heißt es in der Gewerkschaft: kein Betriebsrat, keine Betriebsversammlungen, keine Streiks. Auch die Kündigungsfristen seien kürzer. Lesjak sieht das nicht unbedingt als Nachteil: „Wir sind ein überschaubares Unternehmen, haben offene Türen und lösen Probleme direkt.“ Was Flug- und Ruhezeiten betrifft, würden ohnedies die EU-Vorgaben gelten.
„AUA-KV würde uns umbringen“
Lesjak sagt es offen: „Ein KV wie bei der AUA würde uns umbringen.“ Mehr als die Hälfte der „Niki“-Passagiere sind Touristen, das Geschäft daher extrem saisonal.
Die Gefahr, dass mit der Komplettübernahme von „Niki“ in die Air Berlin das kostengünstigere Leasingmodell obsolet wird, sieht Lesjak nicht. Man agiere weiterhin weitgehend selbstständig.
Die Air Berlin hatte in den Anfängen auch keinen Kollektivvertrag (KV). Das änderte sich mit dem Kauf der LTU: Diese hatte einen KV. Der daraufhin ausgebrochene Tarifkonflikt endete mit dem Einlenken der Air Berlin. „Die 1300 Piloten und 3200 Flugbegleiter haben einen Manteltarifvertrag, der mit der Vereinigung Cockpit und Verdi abgeschlossen worden ist“, sagt Air-Berlin-Sprecher Andreas Burkhardt zur „Presse“. Leiharbeiter würde die Air Berlin nicht beschäftigen.
Bei der Lufthansa geht indes der Streit um Leiharbeitskräfte für die Kabine in die nächste Runde. Die Personalvertretung legte mit Unterstützung der Flugbegleitergewerkschaft UFO nun eine Beschwerde gegen ein Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt ein. Dieses hatte am Mittwoch ihren Antrag auf einstweilige Verfügung abgelehnt. Die Personalvertetung hatte beantragt, dass das Frankfurter Gericht der Airline den Einsatz von Fremdpersonal bei den in Berlin stationierten Maschinen verbietet.