Korruption: Grasser rechnet mit Freispruch

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Während die Anklage weiter ermittelt, hat Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser die Beendigung des Strafverfahrens beantragt. Ein Entscheid über diesen Antrag steht unmittelbar bevor.

Wien. Eine strenge Strafe, nämlich 18 Jahre Haft, hat Olivia-Nina Frigo im März vorigen Jahres erwirkt. Damals ging es um den Mord an einer 76-jährigen, bettlägrigen Pensionistin. Frigo war damals Staatsanwältin. Seit Oktober ist sie Richterin des Straflandesgerichts Wien. Genau genommen: Haft- und Rechtsschutzrichterin. Als solche entscheidet die 30-Jährige in Kürze über einen „delikaten“ Antrag eines prominenten Beschuldigten: Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser fordert die Einstellung seines Strafverfahrens. Allgemein wird damit gerechnet, dass Richterin Frigo den Grasser-Antrag umgehend abschmettert.

Grasser – gegen ihn wird an mehreren Fronten, von „Buwog“ bis „Novomatic“, von „Terminal Tower Linz“ bis „Schwiegermutter-Geld“ ermittelt – hat seinen Antrag auf Einstellung des wegen Untreue und Amtsmissbrauchs laufenden Strafverfahrens bereits vorigen Sommer gestellt. Und weil seither nichts geschah, hat er Frigo zuletzt noch mit einem Fristsetzungsantrag eingedeckt – ein Instrument, das in Richterkreisen als unangenehm gilt. Laut Grasser-Anwalt Manfred Ainedter läuft die derart gesetzte „Frist“ am Mittwoch (22.2.) ab. Bis dahin müsse Frigo selbst entscheiden oder den Akt an das Oberlandesgericht Wien weiterleiten. Dieses müsse dann ein Machtwort sprechen.

Die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) hat in einer Stellungnahme zum Einstellungsantrag („Die Presse“ berichtete) die Grasser-Linie aufgegriffen. So heißt es in dem Papier, Grasser sei der Ansicht, dass der bestehende Tatverdacht „den Umfang des Ermittlungsverfahrens nicht rechtfertige“. Eine „weitere Klärung“ des Sachverhaltes sei „nicht zu erwarten“. Grassers Sicht wird abschließend so wiedergegeben: „Da ein Freispruch im Falle einer Anklageerhebung wahrscheinlicher erscheint, seien sämtliche Ermittlungsverfahren einzustellen.“

Grasser: „Alles Unterstellungen“

Grasser meint in einer „Äußerung“ zu dieser WKStA-Stellungnahme: „Die von der Staatsanwaltschaft Wien als Indizien bezeichneten Unterstellungen sind lediglich unzulässige Mutmaßungen zu meinen Lasten.“

Derzeit wartet die Anklage noch immer auf Unterlagen aus Liechtenstein, wo Stiftungen, die dem Ex-Finanzminister zugerechnet werden, gegründet worden waren. Gegen einen zuletzt erfolgten Beschluss des Fürstlichen Landgerichts, wonach bestimmte Dokumente per Rechtshilfe von Liechtenstein nach Österreich übermittelt werden dürfen, war von den Stiftungsverantwortlichen Beschwerde eingebracht worden. Darüber muss nun die nächste Gerichtsinstanz in Liechtenstein entscheiden. Für die Wiener Korruptions-Staatsanwälte heißt es also: Bitte warten!

Der zentrale Verdacht: Ein Teil jener fast zehn Millionen Euro schweren Provision, die zwei altbekannte Grasser-Vertraute, nämlich Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberger und Lobbyist Peter Hochegger im Zuge der 2004 erfolgten Privatisierung der Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog) erhalten hatten, könnte letztlich nach Liechtenstein geflossen – und auch Grasser zugutegekommen sein.

Eben weil die heiß begehrten Liechtenstein-Papiere noch nicht in Wien sind, ist davon auszugehen, dass Richterin Frigo den Grasser-Antrag auf Einstellung des Strafverfahrens abweist. In diesem Fall ist Anwalt Ainedter nach eigenem Bekunden „schon sehr gespannt“, wie diese Entscheidung konkret begründet wird.

Indessen hat Immobilienmakler Ernst Karl Plech (auch gegen ihn wird in Sachen Buwog wegen Beteiligung an der Untreue ermittelt) einen seinerseits eingebrachten Einstellungsantrag zurückgezogen. Sein Anwalt Herbert Eichenseder möchte der Staatsanwaltschaft noch Zeit geben, Kontenöffnungen vorzunehmen, behält sich aber vor, danach erneut einen solchen Antrag zu stellen.

Auf einen Blick

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser blickt der Entscheidung über einen von ihm eingebrachten Antrag auf Einstellung des Strafverfahrens entgegen. Richterin Olivia-Nina Frigo vom Straflandesgericht Wien wird erwartungsgemäß in Kürze entscheiden. Erwartet wird, dass der Grasser-Antrag ins Leere geht – und die Ermittlungen (unter anderem in Sachen „Buwog“) weiterlaufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2012)

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