Pröll: „Bin bei Konrad-Nachfolge nicht im Spiel“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ex-Finanzminister Josef Pröll gilt als Favorit für die Nachfolge von Christian Konrad als oberster Raiffeisen-Chef. Im „Presse“-Interview erteilt Pröll den Spekulationen nun eine Absage.

Die Presse: Vor einem Jahr sind Sie vom Finanzministerium zur Raiffeisen-Gruppe gewechselt. Geht es Ihnen jetzt besser?

Josef Pröll: Ich bin gut in der Wirtschaft angekommen. Ich habe alle Hände voll zu tun in der Leipnik Lundenburger Invest (LLI), einer Tochter von Raiffeisen. Das macht große Freude.

Was sagen Sie zum Zustand der ÖVP?

Ich habe acht, neun Jahre die Chance gehabt, es in der Politik besser zu machen. Jetzt sind andere dran. Die brauchen meinen Rat nicht. Ich muss mich jetzt auf meine Aufgabe bei der LLI konzentrieren und kommentiere das politische Geschehen nicht.

Die LLI ist der größte Mühlenbetrieb Europas und eine wichtige Raiffeisen-Firma. Haben Sie sich den Job ausgesucht?

Nach meinem Ausstieg aus der Politik kam die Frage, ob ich im Raiffeisen-Sektor andocken will und ob mich die LLI interessiert. Ich habe Agrarökonomie studiert. Es hat mich gereizt, dass es Herausforderungen zu bewältigen gibt.

Die LLI macht weniger Gewinn. Es gab Kartellstrafen. Wie geht es der Firma?

Ich bin ja nicht geholt worden aus Jux und Tollerei. Die letzten Monate zeigen, dass es notwendig war, Dinge anzugreifen. Wir hatten seit Jahren schwebende Kartellverfahren. Ich habe mit Hochdruck dafür gesorgt, dass sowohl Deutschland als auch Frankreich erledigt werden. Jetzt geht es darum, die LLI – insbesondere den Mühlsektor – so herzustellen, dass die Ergebnisse wieder besser werden.

Wie wollen Sie das machen?

Die Tochter VK-Mühlen hat gerade in Deutschland den Finanzvorstand gewechselt. Wir restrukturieren in vielen Ländern. Wir haben in Salzburg eine Mühle geschlossen. In Tschechien haben wir Handlungsbedarf.

Die LLI steht aus zwei Standbeinen: dem Mühlenbereich mit einem Umsatz von einer Milliarde Euro. Dann gibt es noch den kleinen Cafe-und-Co-Bereich mit Kaffeeautomaten. Sind die Mühlen 2011 in die Verlustzone gerutscht?

Einzelergebnisse für die Sparten geben wir nicht bekannt. Wir hatten aber im Mühlenbereich eine ganz schwierige Situation.

War es ein Verlust?

Es gab im Mühlenbereich einen Verlust, aber in der LLI-Gruppe waren wir mit 16,3 Millionen Euro positiv. Und hier ist schon die Kartellstrafe in Deutschland von 23 Millionen Euro inkludiert.

Wie wirkt sich die Strafe von 17 Mio. in Frankreich auf das Ergebnis 2012 aus?

Wir haben wegen Frankreich eine Rückstellung gebildet. Wir werden gegen die Strafe wahrscheinlich berufen. Auch in Holland hatten wir eine Kartellstrafe. Und dort sieht es mit einer Klage gut aus, dass wir die ursprüngliche Strafe reduzieren können.

Warum gibt es so viele Kartellstrafen?

Die Vorfälle sind vor meiner Zeit passiert. Meine Aufgabe ist es, hier einen Schlussstrich zu ziehen.

Werden Sie Mühlen schließen und Mitarbeiter abbauen?

Wir haben derzeit im Mühlenbereich 31 Standorte. Es steht keine Schließungswelle bevor. Wir versuchen, bei den bestehenden Strukturen die Kosten zu verbessern. In der LLI-Gruppe beschäftigen wir 3600 Mitarbeiter. Wir haben keinen signifikanten Abbaubedarf, aber wir müssen wettbewerbsfähig sein.

Was sind Ihre künftigen Herausforderungen?

Wir müssen verstärkt in den Verkauf gehen. Wir wollen mit neuen Mehlmarken auch in Osteuropa große Supermarktketten erobern. Die Struktur der Bäckereien – für uns wichtige Kunden – hat sich geändert. Tausende Bäcker sind weg und wenig große Filialisten sind übrig geblieben. Wir gehen hier auch neue Wege. In Rumänien haben wir eine eigene Bäckerei, mit der wir McDonalds beliefern.

Wollen Sie auch zukaufen?

Zukäufe haben in den nächsten zwei, drei Jahren keine Priorität, sondern jetzt sind die Dinge im Stammgeschäft in Ordnung zu bringen. Wir werden bis Herbst einen neuen Business-Plan erarbeiten.

Gehen Sie mit der LLI an die Börse?

Die Story dieses Unternehmens ist noch nicht dazu angetan, um an die Börse zu gehen. Ich halte auch die Kapitalmärkte derzeit für nicht interessant genug. In den nächsten zwei Jahren wird es keine Überlegungen in diese Richtung geben.

Die LLI ist auch an den Casinos Austria beteiligt. Werden Sie sich im Finanzministerium dafür einsetzen, dass die Casinos Austria bei den neuen Lizenzen zum Zug kommen?

Das ist für mich kein Thema. Ich habe mit der Vergabe der Lizenzen nichts zu tun. Im Aufsichtsrat der Casinos Austria sitzt außerdem RZB-Chef Walter Rothensteiner.

Sie übernehmen bald von Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad in Niederösterreich die Funktion des Jägermeisters. Wie oft jagen Sie?

Wenn ich zehnmal pro Jahr auf die Jagd gehe, ist es ein guter Schnitt. Christian Konrad hat mich gefragt, ob mich der Jägermeister interessiert. Ich halte die Jagd für einen unverzichtbaren Bestandteil der Gesellschaft. Die Menschheit ging auf Jagd, bevor es Politik und Korruption gegeben hat.

Wann treten Sie die Nachfolge von Konrad als Raiffeisen-Anwalt an?

Ich sage es einmal mehr ganz klar: Ich bin hier nicht im Spiel.

Ist das wirklich so?

Das ist so. Christian Konrad wird sicher mit möglichen Nachfolgern Gespräche führen. Aber ich bin hier definitiv nicht im Spiel. Ich habe bei der LLI einen Fünfjahresvertrag und bin damit ausgelastet.

Auf einen Blick

Seit seinem Ausscheiden aus der Politik leitet Ex-Vizekanzler und -Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) für Raiffeisen die „Leipnik Lundenburger Invest“. Diese ist mit Erlösen von über eine Milliarde Euro die größte Mühlengruppe Europas, leidet jetzt aber unter schwachen Ergebnissen und einer Reihe von Kartellstrafen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2012)

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