Arbeitskampf: "Der AUA droht ein Bauchfleck"

(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
  • Drucken

Bordbetriebsratschef Minhard kündigt bei einer weiteren Eskalation des Streits eine Klageflut an und fürchtet ein Chaos im Sommerflugverkehr.

Wien/Eid. Ein Streik als Kampfmaßnahme: Noch lehnen Piloten und Flugbegleiter der AUA eine Arbeitsniederlegung als äußerstes Mittel im Streit mit der Airlinespitze um das 260 Mio. Euro schwere Sparpaket ab. Obwohl sie vom ÖGB grünes Licht dafür bekämen. „Die Kündigung unseres Kollektivvertrags durch den Vorstand im Februar ist eine Verletzung der Friedenspflicht – das allein würde Kampfmaßnahmen rechtfertigen“, lässt Bordbetriebsratschef Karl Minhard keinen Zweifel daran, wie aufgeheizt die Stimmung ist. Heute, Samstag, läuft ein weiteres Ultimatum der AUA-Mutter Lufthansa zur Streitbeilegung ab – von einer Einigung auf einen kostengünstigeren Kollektivvertrag (KV) für das Bordpersonal ist man aber weiter denn je entfernt.

Sollte die AUA-Spitze ihre Drohung wahr machen und den zwangsweisen Betriebsübergang zur eigenen Regionaltochter Tyrolean durchziehen, drohe der AUA nicht nur den ganzen Sommer über ein Chaos im Flugbetrieb, weil Piloten und Flugbegleiter massenweise die Fluglinie verlassen dürften. Die AUA müsse sich auch auf eine Klageflut und langwierige Rechtsstreitigkeiten einstellen, warnte Minhard am Freitag bei einer Pressekonferenz.

Klagen gegen Verschlechterung

Er verwies auf die bisherige EuGH-Judikatur und europäische Richtlinien, wonach das Avrag (Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz) Mitarbeiter bei einem Betriebsübergang vor Verschlechterungen schützen soll. „Es wird aber Gehaltseinbußen geben“, sagte Minhard. Die Tyrolean-Gehälter liegen um rund 25 Prozent unter jenen der AUA.

Wenn der AUA-Aufsichtsrat den Betriebsübergang – der bereits vorbereitet wird – tatsächlich beschließt, könnten Mitarbeiter die Übernahme verweigern, was rechtlich einer Kündigung durch den Arbeitgeber entspräche. Sie könnten daher mit vollen Abfertigungen gehen – und zwar binnen eines Monats ab Feststellung einer Verschlechterung durch einen erzwungenen Übergang. Das wäre schon ab Mai.

Da sich schon jetzt auf ein inoffizielles Angebot der AUA-Führung 60 Piloten gemeldet haben, rechnet Minhard damit, dass 200 bis 300 Piloten das Unternehmen verlassen könnten. „Die AUA wäre am Boden, das wäre ein Bauchfleck, der die AUA in der Substanz bedroht“, warnte er und appellierte ans Management, diesem „Crashkurs“ Einhalt zu gebieten. Eine Sanierung nur über die Lohnkosten könne nicht funktionieren, meinte er. Vielmehr brauche die AUA ein Konzept, eine Strategie, die bisher gefehlt hätten. „Seit 2001 haben wir elf Vorstände und fünf Sparpakete gesehen, jetzt kommt das sechste. Aber eine Strategie sehen wir nicht.“

Der überraschende Run auf das „Abflugsangebot“ mit Höchst-Abfertigung von bis zu 39 Monatsgehältern habe laut Minhard die AUA-Führung veranlasst, das Angebot wieder zu stoppen.

Später in Pension

Auf Basis der Forderung von AUA-Chef Jaan Albrecht, dass von dem 260 Mio. Euro schweren Sparpaket die Gesamtbelegschaft 45 Mio. Euro einsparen müsse, hat das Bordpersonal, auf das 13,2 Mio. Euro entfallen, ein eigenes Angebot geschnürt. Es lautet auf 14 Mio. Euro pro Jahr und einen Einmaleffekt von 33 Mio. Euro. Letzterer soll durch die spätere Pensionierung von Piloten (mit alten KVs) und die Auflösung von Rücklagen in der Pensionsvorsorgekassa erzielt werden. Die nachhaltigen Effekte sollen durch das Aussetzen der Inflationsabgeltung in jedem zweiten Jahr, den Ersatz der Annuitäten- durch Biennalsprünge und die Verlängerung der Normalarbeitszeit erreicht werden. Überdies soll es weniger freie Tage nach Langstreckenflügen geben und die maximalen Flugstunden pro Jahr von 800 auf die EU-Grenze von 900 angehoben werden. „Unser Angebot liegt am Tisch“, hofft Minhard weiterhin auf eine Einigung.

Auf einen Blick

Bei der AUA ist keine Einigung im Streit um das Sparpaket in Sicht. Bordbetriebsratschef Karl Minhard droht mit einer Klageflut, sollte die Airline-Führung den Betriebsübergang zur Tyrolean durchziehen. Sollten bis zu 300 Piloten gehen, würde die AUA einen „substanzbedrohlichen Bauchfleck“ hinlegen, meint er.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

UNIFORMEN
Österreich

AUA: "Leasing-Piloten, wenn alle Stricke reißen"

Die Lufthansa-Tochter trifft Vorbereitungen für einen Massen-Abgang. Kommt der Tyrolean-KV, könnten laut AUA-Betriebsrat bis zu 300 Piloten gehen.
Betriebsversammlung bei Austrian Airlines
Österreich

Das 47-Millionen-Einsparangebot der AUA-Bordcrews

Das Bordpersonal will länger fliegen, weniger Freizeit und später in Pension gehen. "Große Brocken", wie die Belegschaft findet.
bietet ihren Piloten bdquoGolden
Österreich

AUA bietet ihren Piloten „Golden Handshakes“ an

Etwa 50 Piloten wollen sofort gehen und die Airline reduziert so die Kosten. Alle gehören der Gruppe jener 338 Piloten an, die noch den alten, besonders lukrativen Kollektivvertrag besitzen.
Österreich

Tyrolean-Betriebsrat: „Wir wollen unseren KV zurück“

Die Fronten zwischen der Arbeitnehmervertretung der AUA-Tochter und der Gewerkschaft Vida sind hart. Eine Konzern-KV als Kompromiss?
startklar fuer TyroleanUmstieg
Österreich

AUA ist startklar für Tyrolean-Umstieg

Am Donnerstag beschließt der Aufsichtsrat den "Plan B" - außer der Bordbetriebsrat lenkt in letzter Minute ein. Schon 50 Piloten gehen mit "Golden Handshake".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.