Raiffeisen: Das schwere Erbe von Christian Konrad

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Nachfolge von Christian Konrad ist geregelt. Der oberste Raiffeisen-Manager geht per Ende Juni in den Ruhestand. Seine Ämter werden auf RZB-General Rothensteiner und Raiffeisen-NÖ-Wien-Chef Hameseder aufgeteilt.

Wien/Höll. In der Vorwoche hat Ex-Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) im „Presse“-Interview versichert, dass er für die Nachfolge von Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad nicht infrage komme. Nun sind die Würfel im Raiffeisen-Reich gefallen. Pröll ist tatsächlich aus dem Rennen. Der Ex-Finanzminister bleibt bei der Raiffeisen-Tochter Leipnik Lundenburger Invest (LLI).

Bis Ende Juni wird der 68-jährige Konrad seine wichtigsten Funktionen zurücklegen und sich in den Ruhestand begeben. Dieser Schritt erfolgt zwei Jahre früher als geplant. Seine Ämter werden im Wesentlichen auf zwei Personen aufgeteilt: RZB-Chef Walter Rothensteiner wird künftig für den Banken- und Versicherungsbereich zuständig sein. Er soll auch den Posten des Raiffeisen-Generalanwalts übernehmen.

Erwin Hameseder, derzeit Generaldirektor der Raiffeisen Holding NÖ-Wien, wird sich künftig als Eigentümervertreter um die 720 Industrie-, Medien- und Agrarbeteiligungen kümmern. Hameseders Nachfolger soll laut "Standard"-Informationen Klaus Buchleitner (47) werden, der seit 2002 Vorstandschef der RWA Raiffeisen Ware Austria ist.

Zwei Millionen Mitglieder

Konrad ist einer der mächtigsten Manager Österreichs. Raiffeisen bildet mit einem Marktanteil von über 30 Prozent die größte Bankengruppe des Landes.

Zwei Millionen Österreicher sind Mitglieder einer Raiffeisen-Genossenschaft. In der Holding NÖ-Wien sind die Firmenbeteiligungen gebündelt – zu den wichtigsten zählen die Baufirma Strabag, der Mühlenkonzern LLI, das Agrarunternehmen Agrana, der Molkereikonzern NÖM, die Tageszeitung „Kurier“, Sat1-Österreich und die ORF-Tochter ORS. Über 160.000 Mitarbeiter stehen damit direkt und indirekt auf der Lohnliste der Gruppe. Nur die öffentliche Hand hat in Österreich mehr Beschäftigte.

Der Führungswechsel wird in zwei Schritten erfolgen. Am 4. Mai sollen laut „Wirtschaftsblatt“ die Funktionen bei der Raiffeisen-Holding übergeben werden. Für den 25. Juni ist die Generalversammlung des Raiffeisenverbandes angesetzt. Rothensteiner wird neben seiner neuen Funktion als Generalanwalt aber RZB-Chef bleiben. Bei Raiffeisen heißt es, man könne dazu erst offiziell Stellung nehmen, wenn die Gremien abgestimmt haben.

Imperium mit vielen Baustellen

Konrad ist aufgrund seines autoritären Führungsstils umstritten. Die Giebelkreuzer sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen, sodass eine Kontrolle über das Imperium immer schwieriger wurde.
Konrad hinterlässt einige Baustellen, um die sich seine Nachfolger kümmern müssen. „Die Presse“ bringt dazu einen Überblick:

► Agrarbereich: Die Leipnik Lundenburger Invest (LLI) ist mit Erlösen von einer Milliarde Euro die größte Mühlengruppe Europas, sie leidet aber unter schwachen Ergebnissen und einer Reihe von Kartellstrafen. Ex-Finanzminister Josef Pröll soll das Geschäft in vielen Ländern restrukturieren. In zwei bis drei Jahren soll die LLI so gut aufgestellt sein, dass ein Börsegang möglich ist.

► Versicherung Uniqa: Wegen hoher Umbaukosten und Abschreibungen auf griechische Anleihen ist die Uniqa-Versicherung im Vorjahr tiefer in die Verlustzone gerutscht als erwartet. Der Vorsteuerverlust lag bei 330 Mio. Euro. Der neue Uniqa-Chef Andreas Brandstetter baute 600 der 9000 Verwaltungsjobs ab. Für 2013 plant er eine Kapitalerhöhung über die Börse. Analysten gehen davon aus, dass es sich um einen hohen dreistelligen Millionenbetrag handeln wird.

Schwierige Rahmenbedingungen

► Medien: Die Firma Epamedia (Plakat und Außenwerbung) kämpft in Osteuropa unter schwierigen Rahmenbedingungen. Geschäftsführerin ist die frühere ORF-Chefin Monika Lindner. Laut Konrads Nachfolger Hameseder sei 2012 „ein schwieriges Jahr“ für die Medienbeteiligungen, zu denen auch der „Kurier“ gehört. Er erwartet Umsatzrückgänge von 15 bis 20 Prozent.

► Bankenbeteiligungen: Die Raiffeisen Zentralbank (RZB) muss bis Ende Juni laut Anordnung der Europäischen Bankenaufsicht einen zusätzlichen Kapitalpuffer von 2,1 Mrd. Euro aufbauen. Das Institut ist gerade dabei, diese Vorgabe zu erfüllen. Einen Plan für die Rückzahlung der 2009 erhaltenen Staatshilfe von 1,75 Mrd. Euro gibt es nicht. Eine allfällige Kapitalerhöhung der RZB-Tochter RBI wurden wegen des niedrigen Börsenkurses vorerst auf Eis gelegt.

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