Grasser: Untreue-Vorwurf wackelt

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Nach Einstellung eines Falschaussage-Verfahrens und der vorerst gescheiterten Übersendung von Liechtenstein-Akten steckt die Ermittlung gegen Karl-Heinz Grasser fest.

Wien. Am Dienstag tritt Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser vor den Korruptions-U-Ausschuss. Seine Befragung zu der 2004 erfolgten Privatisierung von Bundeswohnbaugesellschaften (kurz: Buwog) dürfte sich aber zäh gestalten. Denn gegen Grasser läuft seit Ende 2009 ein Ermittlungsverfahren, in dessen Mittelpunkt ebenfalls das Thema „Buwog“ steht.

An das Recht, im Ausschuss bei heiklen Fragen zu schweigen, erinnert Grassers Anwalt Manfred Ainedter: „Ersatzjustiz spielen wir nicht.“ Doch auch die echte Justiz ist mittlerweile in einer schwierigen Lage: Einer der Hauptvorwürfe, der Verdacht auf Untreue, steht offenbar auf wackligen Beinen.

Ob es je zu einer eben solchen Anklage kommt oder ob es – wenn überhaupt – „nur“ für den Vorwurf der Geschenkannahme reicht, macht einen großen Unterschied: Untreue, wissentlicher Befugnismissbrauch plus Schädigung der Republik, ist mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bedroht. Zudem kann das Gericht bei (Ex-)Amtsträgern das Höchstmaß der Haftstrafe um die Hälfte überschreiten. Dann wären im Extremfall gar 15 Jahre Haft möglich. Hingegen ist der Verdacht der Geschenkannahme (die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht von einer älteren Fassung dieses Tatbestandes aus) mit höchstens fünf Jahren Haft bedroht.

Worin besteht der Untreue-Verdacht in Sachen Buwog? Laut Schriftsätzen der Anklage und des Straflandesgerichts Wien (diese liegen der „Presse“ vor), soll Grasser bei der Suche nach einer Bank, die den Buwog-Verkauf begleiten sollte, Manipulationen vorgenommen haben – sodass letztlich die (mittlerweile zusammengebrochene) Lehman-Bank zum Zug kam. Der „Best- und Billigstbieter“, die CA Immobilien Investmentbank AG, sei auf der Strecke geblieben.

Abgesehen davon, dass Grasser dies (so wie andere Vorwürfe) bestreitet, greifen die Korruptionsjäger in ihrer Stellungnahme zu einem (später abgewiesenen) Grasser-Antrag auf Verfahrenseinstellung diesen Komplex in vergleichsweise knapper Form auf. Als belastend wird die Aussage von Grassers einstigem Kabinettschef Michael Ramprecht und jene des früheren Kabinettschefs im Verkehrsressort unter Michael Schmid (FP), Willibald Berner, gesehen.

Geheimgespräch vor zwölf Jahren

Ramprecht hatte von einem „abgekarteten Spiel“ gesprochen und war von Grasser wegen übler Nachrede geklagt worden (Privatanklage, Verfahren derzeit ruhend gestellt). Die Auswertung von Tonbändern, die Ramprecht angefertigt hatte und die von der Staatsanwaltschaft als „verfahrensrelevant“ bezeichnet wurde, erbrachte jedoch keine Indizien gegen Grasser.

Bleibt die Berner-Aussage. Die passt aber eher zum Geschenkannahme-Vorwurf. Demnach steht Grasser im Verdacht, einen Teil der 9,6-Millionen-Euro-Provision kassiert zu haben, die die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger infolge des Buwog-Verkaufs an das Immofinanz-Konsortium erhalten hatten. Berner sagte nämlich am 13. Oktober 2009 als Zeuge aus, Hochegger habe ihm Mitte 2000 mitgeteilt, dass „ein kleiner Kreis von Persönlichkeiten aus der FPÖ“ übereingekommen sei, „bei den diversen Privatisierungsprojekten“ möglichst zu „partizipieren“. Grasser sei laut Hochegger für die „politische Unterstützung“ auserkoren gewesen. Dass diese allgemeine Aussage über ein zwölf Jahre zurückliegendes Gespräch ausreicht, um nun den Untreue-Vorwurf zu beweisen, darf bezweifelt werden.

Auffällig ist auch, dass das Straflandesgericht im Resümee seines Ende Februar ergangenen Beschlusses auf Fortführung des Grasser-Verfahrens den Untreue-Vorwurf nicht anführt. Die ebendort festgestellten „hinreichenden Verdachtsmomente“ leiten sich inhaltlich aus der mutmaßlichen Aufteilung der Buwog-Provision ab. Erhärtet sich diese Beschuldigung, stünde Geschenkannahme zu Buche. Aber nicht Untreue.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2012)

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