Die große Wolfgang-Flöttl-Show

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1.Tag: Der "Bawag II-Prozess" mutet wie eine Reise in die Justizgeschichte an. Die Weichen sind - wie im ersten Verfahren - gestellt: Niemand will schuldig sein.

Wien. Wolfgang Flöttl trägt wieder einen seiner eleganten, mitternachtsblauen Anzüge, grüßt zuvorkommend, lächelt verbindlich – und hält sich bei Fragen der in respektabler Stärke aufmarschierten Medienvertreter vornehm zurück. So weit nichts Neues also.

Flöttls Staranwälte Herbert Eichenseder und Christian Hausmaninger, dasselbe Duo wie im ersten, vom OGH aufgehobenen Bawag-Verfahren, gehen gleich zu Beginn offensiv auf die so oft lancierte Frage ein: „Wo ist das Geld?“ Kurze Antwort: Verspekuliert. Und nicht in „dunkle Kanäle“ geschleust, wie Eichenseder in seinem Eröffnungsvortrag Mittwochvormittag in Anspielung auf ein „Presse“-Exklusivinterview mit Ex-Bawag-General Helmut Elsner vermerkt.

Apropos Elsner: Es ist wieder einmal (nach 117 Prozesstagen zwischen Juli 2007 und Juli 2008) Bawag-Prozess – und Elsner fehlt? In der Tat. Der 76-Jährige und sein Nachfolger an der Bankspitze, Johann Zwettler (71), sind, wie berichtet, die einzigen beiden von ehemals neun Angeklagten, deren Strafen wegen Untreue (zehn Jahre Haft für Elsner, fünf für Zwettler) rechtskräftig wurden. Die sieben weiteren Angeklagten, vornehmlich Ex-Bawag-Vorstände, sollten auf Anordnung des OGH wegen erheblicher Mängel im Ersturteil erneut vor einen Schöffensenat. Und da sind sie nun, am ersten Tag des „BawagII-Verfahrens“ im Grauen Haus: Investmentbanker Flöttl nimmt unfreiwillig jene Position ein, die zuvor Elsner innehatte – jene der Zentralfigur, jene des Mannes, auf den sich Fotografen und Kameraleute stürzen, sobald er die Szenerie betritt. Jedoch im Unterschied zu Elsner darf der normalerweise in New York lebende Angeklagte auf bereits rechtskräftige Freisprüche in Großteilen der Anklage verweisen.

Arbeitslos, eine Million Euro Vermögen

Lediglich wegen zweier Bawag-Kredite, ausbezahlt Ende 1998 an die Flöttl-Firma Ophelia, Höhe circa 76 Millionen Euro, und später noch an „Capper Ltd.“, 20 Mio. Euro, muss sich der Spekulant nun erneut verantworten. Staatsanwältin Sonja Herbst meint, er habe sich am Delikt Untreue (Höchststrafe: bis zu zehn Jahre Freiheitsentzug) beteiligt, indem er das Geld verwendete, obgleich er dessen Rückzahlung als unrealistisch einstufte. Damals, im Oktober 1998, nachdem bereits 639Millionen US-Dollar „verspielt“ gewesen seien, „hätte man aufhören können und müssen“. Letztlich waren insgesamt, laut rechtskräftigem Elsner-Urteil, 1,2 Milliarden Euro für die Bawag verloren. Elsner selbst wird übrigens auch im neuen Prozess auftreten: Auf Betreiben der Bawag (Subsidiaranklage) muss er an einzelnen Tagen (erstmals am 2.Mai) zu seiner Pensionsabfindung, 6, 8 Millionen Euro, Rede und Antwort stehen.

Zurück zu Flöttl. Der antwortet nun auf die Frage von Richter Christian Böhm, ob er Vermögen habe: „Circa eine Million Euro.“ Nachsatz: „Liquide Anlagen, keine Liegenschaften.“ Auf die Frage, welchen Beruf er derzeit ausübe, winkt Flöttl ab – im Protokoll wird vermerkt: „Ohne Beschäftigung.“

Bescheiden geben sich auch die anderen fünf erschienenen Beschuldigten (der angeklagte Wirtschaftsprüfer Robert Reiter tritt aus Termingründen erst heute, Donnerstag, dem Prozess bei). So meint etwa der frühere Bawag-Generalsekretär Peter Nakowitz, einst Elsners „rechte Hand“, er sei nunmehr „kaufmännischer Angestellter“, „derzeit karenziert“ und habe ein Vermögen von „2000Euro“ und ein Auto.

Prozessfortsetzung: heute, Donnerstag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2012)

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