ÖBB: „Sind noch längst nicht über den Berg“

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Symbolbild(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Die Staatsbahn hat ihren Umsatz erhöht und ihren Verlust reduziert. Doch die Bilanz ist nach wie vor tiefrot, die Verbindlichkeiten steigen rasant an. Für Firmenchef Christian Kern wird 2012 „ein Schlüsseljahr“.

Wien/stef. Von einer „lebensbedrohlichen Situation“ sprach Christian Kern vor einem Jahr, als er einen Rekordverlust von 330 Mio. Euro für 2010 präsentierte. Zwölf Monate später weiß der Firmenchef ein „Bild der Genesung“ zu präsentieren. Der Patient, das sind die Österreichischen Bundesbahnen. Die Angehörigen, das sind alle Steuerzahler, weil die Republik Milliardenhaftungen übernommen hat. Vorbei ist das Zittern keineswegs: „Wir sind noch längst nicht über den Berg“, betont Kern. Man könnte sagen: Der Staatsbetrieb hat das Bewusstsein wiedererlangt, liegt aber immer noch auf der Intensivstation.

Die ÖBB haben 2011 wie erwartet einen Verlust vor Steuern von 28 Mio. Euro eingefahren. Ein direkter Vergleich zu den vorangegangenen Jahren ist schwierig. Der Rekordverlust 2010 beruhte zum größten Teil auf einer einmaligen Abschreibung in Verbindung mit der ungarischen Güterverkehrstochter. Den Gewinn von 2009 wiederum verdankt das Unternehmen einem einmaligen Sondereffekt in Verbindung mit Neubewertungen von Derivaten.

Trotzdem ist eine Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr erkennbar. Der am Markt ohne Staatszuschüsse erwirtschaftete Umsatz (direkte Absatzleistungen) stieg um vier Prozent auf 2,75 Mrd. Euro. Die Personalkosten gingen von 2,41 Mrd. Euro auf 2,33 Mrd. Euro zurück. Die ÖBB rechtfertigen die hohen Personalkosten damit, dass der tatsächliche Umsatz höher als 2,75 Mrd. Euro sei, weil die Republik und die Länder bei der Bahn Leistungen bestellen und dafür kräftig in die Tasche greifen. Insgesamt unterstützten die Steuerzahler die Staatsbahn 2011 mit rund 2,1 Mrd. Euro. Nicht darin enthalten sind Zuschüsse für ÖBB-Pensionisten von mehr als 1,7 Mrd. Euro sowie übernommene Garantien.

Investitionen: Tunnel statt Aschenbecher

Die Garantien der Steuerzahler sind es auch, die die ÖBB am Leben erhalten. Die Gesamtverbindlichkeiten betrugen per Ende 2011 knapp 21 Mrd. Euro (siehe Grafik). Finanzchef Josef Halbmayr geht davon aus, dass der Schuldenstand in den nächsten fünf Jahren um „jährlich 1,5 Mrd. Euro bis 1,8 Mrd. Euro“ anwachsen wird. Hauptgrund dafür sind Investitionen in das Schienennetz, unter anderem in die drei Tunnel durch Brenner, Koralpe und Semmering. Für Kern sind das „Entscheidungen der Politik“, ihn selbst plagen wegen der äußerst dünnen Kapitaldecke der ÖBB ganz andere Sorgen: „Schon eine Investition in neue Aschenbecher stellt uns vor immense Herausforderungen.“




Für heuer gibt sich der Unternehmenschef vorsichtig optimistisch: Wenn es in den Quartalen zwei bis vier ähnlich positiv wie im ersten Quartal laufe, sei ein Gewinn möglich – wenn nicht heuer, soll der „Turnaround“ jedenfalls 2013 geschafft werden. Dazu soll die Mitarbeiterzahl von 40.800 (ohne Lehrlinge) auf unter 40.000 reduziert werden.

Große Stücke setzt Kern auf die Eröffnung des neuen Hauptbahnhofes in Wien, die für heuer geplant ist. Das erweiterte Schienennetz in Verbindung mit dem hohen Benzinpreis soll einen „deutlichen Passagierzuwachs“ bringen. 2011 beförderten die ÖBB auf der Schiene 209 Millionen Fahrgäste, ein leichtes Plus im Vergleich zu 2010.

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