Ex-Bawag-Vorstand Büttner hielt die Strategie, die nach dem Eintreten der Flöttl-Verluste zum Ausgleichen dieser gewählt wurde, für falsch. Aber Elsner setzte sich damals mit Unterstützung der anderen Vorstände durch.
Der ehemalige Bawag-Vorstand Christian Büttner war auf die Totalverluste, die Wolfgang Flöttl bei seinen Spekulationsgeschäften mit Bawag-Geldern angerichtet hatte, nicht vorbereitet. Als Bawag-Generaldirektor Helmut Elsner am 23. Oktober 1998 bei einer Sitzung den Verlust von 639 Millionen US-Dollar (484 Millionen Euro) auf den Tisch legte, sei er "wirklich schockiert" gewesen, so Büttner am Mittwoch bei seiner Beschuldigteneinvernahme im Wiener Straflandesgericht.
Die Strategie, die zum Wettmachen der Verluste gewählt wurde, hielt Büttner für verfehlt, doch konnte er sich mit seinem Widerstand gegen Elsner und die anderen Vorstandsmitglieder nicht durchsetzen.
Alle anderen standen hinter Elsner
"Ich bin vor einer Mauer gestanden", erinnerte sich Büttner, den die Bayerische Landesbank (BayernLB), mit 46 Prozent an der Bawag beteiligt. im Mai 1996 in den Bawag-Vorstand entsandt hatte. Ihm sei "völlig klar gewesen, die anderen drei Vorstände stehen voll hinter Elsner und auch der Aufsichtsratspräsident Weninger steht voll hinter Elsner." Im Bawag-Aufsichtsrat sei das Klima autoritär gewesen, schilderte Büttner. Es sei "verpönt" gewesen, Fragen zu stellen. Daher habe es zuvor fraktionelle Vorbesprechungen der vom ÖGB entsandten Aufsichtsratsmitglieder gegeben. Die Sitzungen selber seien dann "kurz und bündig" abgelaufen.
Als Vorstands für das Internationale Geschäft und das Wertpapiergeschäft erfuhr er zwar, dass Flöttl für die Bawag "Sondergeschäfte" tätigte, "aber mir war überhaupt nicht klar, was da gemacht wurde. Die Dokumentation habe ich erst im Prozess gesehen", gab Büttner zu Protokoll.
Mehrfach abgemahnt
Elsner habe ihn über die Flöttl-Geschäfte im Unklaren gelassen: "Ich konnte keine Bedenken haben, weil ich keine Informationen hatte." Als er, Büttner, sich bei der BayernLB schlaumachen wollte, habe ihm Elsner einen Bruch des Aktienrechts vorgeworfen und ihm "mit dem Rausschmiss gedroht". Das sei ihm durchaus "nicht merkwürdig" vorgekommen, so der Ex-Bawag-Vorstand: "Ich hab die Bawag zehn Jahre erlebt." Er sei mehrfach von Elsner verwarnt worden, unter anderem, nachdem er am Rande einer Pressekonferenz mit einem Journalisten gesprochen hatte, erinnerte sich Büttner.
Als Elsner am 23. Oktober 1998 die massiven Verluste aus den Flöttl-Geschäften bekanntgab, habe betretenes Schweigen geherrscht: "Ich war wirklich schockiert, noch dazu, wo zwei Wochen vorher die Revision für alles in Ordnung befunden hat."
Bei der nächsten Vorstandsbesprechung am 26. Oktober war dann auch Wolfgang Flöttl anwesend. Er sei Flöttl recht heftig angegangen, worauf ihn Helmut Elsner "extrem gerügt" habe, "wie ich dem tollen Herrn Flöttl so auf die Zehen treten kann", erklärte Büttner. Aus seiner Sicht habe es zu diesem Zeitpunkt "kein Vertrauen in Herrn Flöttl mehr gegeben". Büttner selber wollte ein anderes Vorgehen der Bawag: "Das war mein Ansatz: Ich nehme seine Bilder und gebe ihm kein weiteres Geld."
Büttner mit Widerstand allein
Mit der von Elsner gewählten Strategie - Flöttl hatte einerseits sein Privatvermögen zur Wiedergutmachung der Bawag zu übertragen und sollte andererseits versuchen, mit neuen Geschäften die Verluste wettzumachen - sei er nicht einverstanden gewesen: "Ich war aus prinzipiellen Gründen dagegen. Wenn man einen Verlust macht, muss man den Nerv haben, den Verlust zu nehmen und neu anzufangen. Was hier versucht wurde, war den Verlust aufzuholen, d. h. ich lauf' nur hinterher und bin im Rückstand. Das führt immer mehr zu einem Tunnelblick."
Er habe am 27. Oktober ein Vieraugengespräch mit Elsner geführt, dieser habe ihn "massiv unter Druck gesetzt". Wenn er für einen "Run auf die Bank" verantwortlich sein würde, dann würde er geklagt werden, so Büttner über das damalige Gespräch mit Elsner,
Die anderen Vorstände hätten sich jedoch "voll hinter Elsner gestellt". Auch Günter Weninger habe sich als Aufsichtsratspräsident "ganz klar hinter die Mehrheit im Vorstand gestellt", der mehrheitlich Flöttl seine Geschäfte mit einer neuen Strategie fortsetzen lassen wollte.
Büttner informierte nur Aufsichtsrats-Chef
Angesichts dieser Situation habe er, Büttner, zunächst im Kollegium deponiert, er wisse nicht, wie er damit umgehen soll, und halte sich vorerst "alle Optionen offen". Er habe sich im weiteren Verlauf über die Pflicht, den Aufsichtsrat über die Vorgänge zu informieren, gemeinsam mit seinem Anwalt eine Meinung gebildet. Demnach müsse der Aufsichtsratspräsident informiert werden - was durch die Einbeziehung Weningers getan wurde - und "Dem ist es überlassen, ob, wie und wann er informiert."
Nur Weninger und nicht den gesamten Aufsichtsrat zu informieren, hielt Büttner deswegen für geboten, weil er das Gremium nicht für "dicht" hielt. Es wären immer wieder "Dinge an die Öffentlichkeit rausgegangen".
Büttner war im ersten Rechtsgang zu eineinhalb Jahre bedingter Haft und einer Geldstrafe von 36000 Euro verurteilt worden. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hob dieses Urteil in Folge von Feststellungsmängeln im Dezember 2010 zur Gänze auf.
(APA)