Südostasien: Arbeitsteilung mit China

Tigerstaaten. Die südostasiatischen Länder haben vom Erstarken Chinas eher profitiert denn gelitten. Vor allem die Exporte treiben das Wirtschaftswachstum der Region.

BANGKOK. Südostasiens Tigerstaaten haben ihr Selbstvertrauen zurückgewonnen. Der Finanzruin von 1997 ist überstanden, die Krise hat Spreu vom Weizen getrennt. Und auch Südostasiens große Angst, China werde zum "überdominanten" Konkurrenten, blieb bislang unbegründet. Stattdessen hat Südostasiaten Synergien mit dem Riesenreich entwickelt: China stellt Grundprodukte her, Südostasien übernimmt deren Veredelung.

Indonesiens, Malaysias, Singapurs und Thailands jährliche Wachstumsraten liegen wieder in der Gegend von soliden fünf Prozent. Die Volkswirtschaften der Region sind gereift seit den Turbulenzen vor acht Jahren. Und mit Reife kam Maßhaltung: Gesetze wurden transparenter, Buchprüfer folgen strengeren Auflagen, Banken leihen vorsichtiger und leisten höhere Rückstellungen. Die alten, ruinösen Saus-und-Braus-Jahre, als Hausfrauen und Studenten zu Spekulanten wurden und man von Sparzinsen um die 20 Prozent leben konnte, kehren so schnell wohl nicht wieder.

Doch der Zenit des Aufschwungs ist Experten zufolge überschritten. Mit dem steigenden Ölpreis wurde verschiedentlich vor einem Konjunkturknick gewarnt. Der Konsum, ein Hauptmotor der regionalen Erholung, gab zuletzt nach - mit Rückgängen insbesondere im Immobiliensektor, wo sich eine Spekulationsblase anbahnt. Konsumenten sitzt Geld nicht mehr so locker in der Tasche wie vor drei, vier Jahren, als Banken mit Krediten zu Tiefstzinsen um sich warfen. Mindestzinssätze wurden inzwischen verdoppelt - auch, um Inflation im Zaum zu halten.

Exporte dagegen, ein zweiter Eckpfeiler von Südostasiens Volkswirtschaften, zeigen stabil nach oben. Japanische Autobauer wie Honda und Toyota haben Thailand für die Montage von Personenwagen gewählt. Letztes Jahr wurden in dem Königreich erstmals über eine Million Fahrzeuge gebaut.

Singapur wiederum hat Pharmariesen wie Merck & Co. vom Bau von Fabriken in dem Stadtstaat überzeugt. Aber auch eine Rückverlagerung von Investitionen von China zurück nach Südostasien ist zu beobachten: "In China ist nicht alles Sonnenschein für Investoren", sagt Thomas Gerber, Unternehmensberater in Bangkok. Qualifiziertere Arbeitskräfte, verlässlichere Gesetze und bessere Infrastruktur hätten einige China-Einsteiger zurück nach Südostasien gelockt, so Gerber.

Gesunde Finanzen und Handelsbilanzen sorgen derzeit für viel Selbstvertrauen in den Tigerstaaten. Die Region scheint stark genug, auch konjunkturelle Dämpfer aus den USA abzufedern. Thailand hat seine Schulden beim Internationalen Währungsfonds (IWF) vorzeitig abbezahlt und beansprucht, sich von einer Schuldner- zur Gebernation gewandelt zu haben. Um eine mögliche Inflationsgefahr und Liquiditätsengpässe aufzufangen, hat Thailand gigantische Infrastrukturprojekte über 45 Mrd. Dollar angekündigt. Nach einem mäßigen Jahr 2005 gilt Thailand unter Börsianern als Asiens möglicher Star dieses Jahres.

Indonesien, die größte Volkswirtschaft der Region, hat sich von den Turbulenzen des Vorjahres nach der Aufgabe seiner Energiesubventionen gefangen. Leitzinsen wurden seit der Verdoppelung der Benzinpreise schrittweise auf 12,75 Prozent angehoben, um die Inflationsspirale zu bremsen. Für 2006 prognostiziert Indonesien ein Wachstum von sechs Prozent, das kräftigste seit 1996.

Außenseiter bleiben die Philippinen, die ein wirtschaftlich und politisch schwieriges Jahr hinter sich haben. Präsidentin Arroyo bleibt von Skandalen geplagt, Rating-Agenturen stuften Manilas Kreditwürdigkeit herab und Neuinvestitionen sind praktisch versiegt. Woran Anleger auch Positives sehen: Mit den Philippinen könne es nur noch aufwärts gehen, so ein Ökonom in Manila.

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