Budgetproblem: Schulden-Explosion in den Ländern

Die Bundesländer erfüllen den Stabilitätspakt mit dem Bund nicht mehr. Großteil der Länder-Schulden wird in Landesunternehmen ausgelagert und versteckt.

Wien. Während bei den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene eine Reihe von teuren Ausgaben diskutiert wird, braut sich in den Bundesländern ein Finanzdebakel zusammen. Eines, von dem derzeit nur marginale Auswirkungen sichtbar sind: "Die Länder können ihre Verpflichtungen aus dem österreichischen Stabilitätspakt nicht mehr erfüllen", hat der Chef des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, vor wenigen Tagen Alarm geschlagen.

Soll heißen: Statt heuer, wie im Stabilitätspakt vereinbart, einen Maastricht-konformen Budgetüberschuss von 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (das wären 1,54 Milliarden Euro) von den Ländern einzukassieren, wird der Finanzminister froh sein müssen, wenn davon gerade noch ein oder zwei Zehntelprozentpunkte übrig bleiben.

Und die sind eine reine Rechengröße: Laut Staatsschuldenbericht werden die Überschüsse der Länder nämlich "primär durch buchhalterische Maßnahmen" erzielt. Insgesamt steigt der Schuldenstand der Länder wesentlich stärker als der des Bundes. Der überwiegende Teil des Anstiegs passiert im ausgegliederten Bereich, ist also im Budget nicht sichtbar.

Das funktioniert, am Beispiel Kärntens, so: Dort hat das Land, um seine Maastricht-Verpflichtungen gegenüber dem Bund zu erfüllen, seine Landeskrankenhäuser an die landeseigene Kabeg "verkauft". Diese hat dafür einen Kredit aufgenommen und überweist zwei Raten   70 Millionen Euro an das Land. Der Kredit wird vom Land bedient, ist also praktisch ein Darlehen an das Land, scheint aber nicht im Budget auf, sondern in der Bilanz der Kabeg.

Insgesamt haben sich die Bundesländer auf diese Weise in den vergangenen Jahren rund zwei Milliarden Euro beschafft. Eine weitere Milliarde wurde durch den Verkauf von Landesimmobilien an landeseigene Immobiliengesellschaften "versteckt" aufgenommen. Der Verkauf von Wohnbauförderungsdarlehen (deren Rückflüsse ursprünglich zur Wohnbauförderung dienen sollten) an Banken hat annähernd weitere 5,5 Milliarden gebracht.

Trotzdem steigen auch die offiziellen Maastricht-Schulden der Länder rasant: Im Vorjahr um rund zehn Prozent auf 6,8 Milliarden Euro (siehe Grafik). Das mit 4,4 Milliarden Euro Maastricht-Schulden belastete Wien ist da noch gar nicht enthalten, weil die Bundeshauptstadt bei den Gemeinden mitgerechnet wird. Zählt man die von der öffentlichen Hand insgesamt ausgegliederten Schulden zur Maastricht-Verschuldung dazu, kommt man auf mehr als 73 Prozent des BIP.

Über die Gesamtverschuldung der Länder (inklusive ausgegliederte Schulden) liegen keine Daten vor. Man kann nur Einzeldaten hochrechnen. In Kärnten, dem Land, wo die Schulden am explosivsten wachsen, wird der Schuldenstand im kommenden Jahr um gut 200 Millionen auf 1,6 Milliarden Euro ansteigen, davon sind 903 Millionen außerhalb des Budgets versteckt. Die gesamten Einnahmen des Landes sind in diesem Jahr auf 1,8 Milliarden veranschlagt. Ähnlich sieht es im Burgenland aus, das zwar ein ausgeglichenes Budget vorlegt - dafür in letzter Zeit mehr als 300 Millionen Euro außerbudgetär lukriert hat.

Der Staatsschuldenausschuss hat zur Behebung der Misere umfangreiche Reformen in den Ländern urgiert. Einige Bundesländer haben etwa die Beamten-Pensionsreform nicht mitgemacht.

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