AUA: Solidarität im Cockpit zerbricht

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Sparpaket. Die „Epidemie“ bei Piloten und der Ausfall etlicher Flüge am Wochenende spalten die Besatzungen: Jüngere Piloten und jene von Tyrolean fürchten, dass Aktionen wie diese alle Jobs der Gruppe gefährden.

Wien. „Das ist eine haltlose Unterstellung, mit der die Airline-Führung nur ihre Fehlplanung kaschieren will.“ So kommentiert Karl Minhard, Bordbetriebsratschef der AUA, die Spekulationen, wonach die plötzliche Häufung von Erkrankungen bei Piloten am vergangenen Wochenende ein „stiller“ Protest gegen den Sparkurs des Luftfahrtunternehmens sei. Vor allem gegen den fixierten Betriebsübergang des AUA-Flugbetriebs auf jenen der kostengünstigeren Regionaltochter Tyrolean.

Er, Minhard, habe natürlich niemanden zu einer solchen Aktion des passiven Widerstands angestiftet, sagt er zur „Presse“. Der Vorstand habe sich einfach „verschätzt“, als er noch vorige Woche erklärt hatte, auch mit 150 Piloten weniger den Flugbetrieb reibungslos aufrechterhalten zu können. Wie viele Kollegen sich derzeit nicht in der Lage fühlen, ins Cockpit zu steigen, wisse er gar nicht. Nur: „Bei jeder Grippewelle sind mehr Kollegen krank und es gibt keine Probleme“, sagt Minhard.

Plötzliche Krankheitsfälle in größerem Ausmaß sind bei der AUA übrigens nicht neu: 2003, als Kündigungen drohten, hatten 30 erkrankte Kopiloten am Pfingstwochenende 40 Flüge lahmgelegt.

Offener Konflikt

Die plötzliche „Epidemie“ hat jedenfalls die lange schwelenden Konflikte bei den Piloten offen ausbrechen lassen. Der Graben besteht dabei nicht nur zwischen Tyrolean und AUA. Seit der Übernahme der einstigen Swarovski-Fluglinie im Jahr 1998 fühlen sich die Tiroler wegen der niedrigeren Gehälter und des Verbots, Flugzeuge mit mehr als 110 Sitzen zu fliegen, als Mitarbeiter „zweiter Klasse“. Inzwischen wickelt Tyrolean bereits die Hälfte aller Flüge der AUA-Gruppe ab.
Auch innerhalb der Gruppe der AUA-Piloten ist die Solidarität zusammengebrochen, der Riss geht quer durch.
Ein Indiz dafür: Am Montag hatte die AUA trotz anhaltender Krankmeldungen kaum Probleme im Flugbetrieb. „Wir haben genügend Freiwillige gefunden, die einspringen“, sagte AUA-Sprecher Michael Braun. Woher der Ersatz kommt? „Von der AUA selbst.“ Seit AUA-Boss Jaan Albrecht als Teil des 263 Mio. Euro schweren Sparpakets vom Bordpersonal einen kostengünstigeren Kollektivvertrag (KV) einforderte, tobt in der Öffentlichkeit eine Debatte über hohe Gehälter, überdurchschnittlich hohe Abfertigungen und eine garantierte Inflationsabgeltung. Weil die Privilegien großteils nur für jene rund 300 AUA-Piloten mit Altverträgen gelten, wuchs der Unmut der (jüngeren) Piloten, die einen KV-neu mit um 20 Prozent geringeren Gehältern haben. Mitten im Arbeitskampf hatten 60 junge Piloten unter dem Titel „Zukunft Austrian“ ihrem Unmut Luft gemacht und darauf hingewiesen, dass sie keinesfalls so gut bezahlt seien und als „schwächstes Glied der Kette“ bei Kündigungen zuerst dran seien. Manche Kopiloten wittern jetzt die Chance, „auf den linken Sitz (dort sitzt der Kapitän, Anm.) rücken zu können“, heißt es im Unternehmen.

In Tirol bezeichnet man hinter vorgehaltener Hand die Krankenstände in Wien als „Skandal“. Solche möglicherweise absichtlich provozierten Flugausfälle würden nur der Konkurrenz in die Hände spielen und letztlich alle Arbeitsplätze aufs Spiel setzen.

Betrug am Unternehmen?

Die AUA-Führung will die „Unfit to fly“-Meldungen, für die kein ärztliches Attest notwendig ist, nicht überprüfen: „Sicherheit ist unser oberstes Gebot, wir wollen, dass nur hundertprozent einsatzfähige Piloten im Cockpit sitzen“, sagt Braun. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Meinung von Rechtsanwalt Matthias Baritsch (DLA Piper Weiss-Tessbach). Er ist der Auffassung, dass jemand, der sich krankmeldet, dies aber nicht ist, seinen Arbeitgeber schädigt. „Auch wenn man kein Attest vorlegen muss – das ändert nichts am Tatbestand des Betrugs und der Täuschung“, sagt Baritsch. Der Grat zwischen kollegialem Rat, nur in gesundheitlicher Topform ins Cockpit zu steigen, und strafrechtlich relevanter Anstiftung zum Betrug durch den Betriebsrat sei hier sehr schmal.

Während Albrecht versucht, in Gesprächen mit allen 540 AUA-Piloten Verständnis für den Sparkurs zu wecken, dreht der Bordbetriebsrat die Uhr zurück. Nachdem die Verhandlungen über einen neuen AUA-Bord-KV gescheitert waren und der Betriebsübergang auf Tyrolean fixiert war, hat der Bordbetriebsrat das schon ausverhandelte Paket einseitig nachjustiert. Das wollte allerdings die AUA-Führung nicht akzeptieren, denn es wäre um rund 60 Mio. Euro teurer gewesen. Ungeachtet dessen hat Minhard bis Montag darüber abstimmen lassen – und nicht überraschend die Zustimmung erhalten. Nun will Minhard noch einmal verhandeln.

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