Unterschiedliche Meinungen um Pensionsabfindungen lösen Streit zwischen Management und Betriebsrat aus. Die Differenz beträgt 120 Millionen Euro.
Der Betriebsrat der Austrian Airlines (AUA) könnte die Fluggesellschaft im Rahmen des Gehaltsstreits mit weiteren Klagen eindecken. Falls der AUA-Vorstand den Betriebsübergang auf die Regionaltochter Tyrolean durchzieht, könnte der Fall auch beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) landen, sagte der Anwalt des Bordbetriebsrats, Roland Gerlach, am Dienstag in einer Pressekonferenz in Wien.
Der AUA-Betriebsübergang bedeutet, dass die Piloten und Flugbegleiter der AUA in den Flugbetrieb von Tyrolean wechseln müssen. Solche Betriebsübergange sind im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) geregelt. Wie Gerlach erklärte, kann die Belegschaft widersprechen, wenn sich die Arbeitsbedingungen durch den Betriebsübergang "drastisch verschlechtern". Laut Gerlach ist dieses Widerspruchsrecht in Österreich allerdings "zahnlos" umgesetzt. Ein österreichisches Gericht könnte daher den EuGH anrufen, ob die EU-Richtlinie zum AVRAG korrekt implementiert wurde.
Nachwirkungen der gekündigten KV unklar
Die verschiedenen Rechtsansichten von AUA-Vorstand und Betriebsrat sind auch der Grund, warum die geschätzten Kosten für den Betriebsübergang derart auseinanderklaffen. Das Management rechnet mit 160 Millionen Euro, der Betriebsrat mit rund 280 Millionen Euro, also 120 Millionen Euro mehr. Zusätzlich zu den Abfertigungen, die nach Vorstandsrechnung etwa 85 Millionen Euro ausmachen dürften, ist der Betriebsrat der rechtlichen Meinung, dass die Fluggesellschaft alle rückgestellten Pensionsnachzahlungen (defined benefit obligations) in voller Höhe abzufinden hat. Laut Gerlach sind das 120 bis 130 Millionen Euro.
Rechtlich strittig ist auch, ob die gekündigten Kollektivverträge von AUA und Tyrolean nachwirken und ob die Vorstände statt der Kollektivverträge eine Unternehmensrichtlinie anwenden darf. Nach Gerlachs Rechtsansicht ist das nicht möglich, "sonst würde das jedes Unternehmen machen".
Bisher hat der Bordbetriebsrat fünf Klagen am Landesgericht Korneuburg eingereicht. Das sind Verfahren erster Instanz. Gerlach geht von einer Gesamt-Prozessdauer von 18 bis 24 Monaten aus.
(APA)