Fischer Sports: Die letzten österreichischen Brettlbauer

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Im Jahr 1924 gegründet, ist Fischer als einzige große Skimarke noch in Familienbesitz. Die Oberösterreicher sind Weltmarktführer bei Langlauf-Skiern. Von der Krise blieben aber auch sie nicht verschont.

Ried im Innkreis. Mitte Mai in Ried im Innkreis: Die Sonne glüht an diesem Tag für die Jahreszeit ungewöhnlich heiß, die hügelige Landschaft wird von sattgrünen Wiesen überzogen. Bei diesen Temperaturen denken wenige Menschen an Skier. Einige tun es doch: Etwa 240 Mitarbeiter arbeiten beim Skihersteller Fischer am Produktionsstandort in Oberösterreich – und stellen bereits die Brettln für die Wintersaison 2012/2013 her.

In den Hallen herrscht Hochbetrieb: Je nach Preislage und Nutzungsweise des Skis (Alpin-, Langlauf- oder Rennski) werden Materialschichten verleimt, gepresst und mit Folien überzogen, auf die das für den Käufer sichtbare Design gedruckt wird. Die Bestellungen des Handels für den kommenden Winter bezeichnet Firmenchef Franz Föttinger als „eher zurückhaltend“. Der vergangene Winter war lange Zeit zu mild, als dass der Skiabsatz auch bei den Händlern in Ostösterreich richtig in die Gänge hätte kommen können. Ein sattes Plus verzeichnet Fischer jedoch beim Verkauf des Alpinskischuhs „Vacuum Fit“, der durch Erhitzung der Schale eine Anpassung an den Fuß möglich macht. Demgegenüber steht der rückläufige Alpinskimarkt.

95 Prozent Exporte bei Langlauf

Anders als die Konkurrenten Atomic und Head, die in erster Linie Alpinskier verkaufen, setzte Fischer seit jeher stark auf den Langlaufsport. Der erste Langlaufski wurde 1970 produziert, im Jahr darauf bei der Sportartikelmesse Ispo in München vorgestellt. Mehr als 40 Jahre später ist Fischer Weltmarktführer bei der Langlaufausstattung. Rund 2,2 Mio. Paar Langlaufskier werden jährlich und weltweit verkauft. Fast jedes zweite Paar davon stammt aus der Produktion von Fischer.

Bei Alpinskiern ist Fischers Absatzmenge mit knapp 400.000 geringer. „Der Langlaufmarkt in Österreich ist sehr klein“, sagt Föttinger, der seit 2009 an der Spitze des Unternehmens steht. 95 Prozent der Langlaufware gehen in den Export: Die größten Absatzmärkte sind die skandinavischen Länder, Russland, Deutschland, die Schweiz und die USA. „In Russland gehört Langlauf in der Schule zu den Pflichtfächern. Das könnten wir in Österreich auch gebrauchen“, scherzt Föttinger.



Denn in der Gunst der Österreicher liegt der alpine Skisport an erster Stelle. Kaum ein Volk, das so mit seinen Rennfahrern zittert. Kaum ein Land, das mehr internationale Skimarken hervorgebracht hat: Atomic, Head, Kneissl, Blizzard, Kästle, Fischer. Sie entstanden jeweils aus einer Wagnerei, die ursprünglich Rodeln oder Leiterwagen herstellte. Das Know-how, Holz heiß zu biegen und zu pressen, floss in die Skiproduktion. So begann auch Josef Fischer im Jahr 1924 damit, Leiterwagen und Schlitten zu bauen. In den 1930er-Jahren schließlich startete die Serienproduktion von Skiern, in den 50er-Jahren die Expansion ins Ausland. 1976 gewann Franz Klammer die Goldmedaille bei den Olympischen Winterspielen in Innsbruck auf Fischer-C4-Skiern. In den 90er-Jahren schlitterte die Skiindustrie erstmals in eine Absatzkrise: Das Gros der heimischen Skimarken wurde an ausländische Investoren verkauft. So ging Atomic an die finnische Amer-Sports-Gruppe, Head wanderte ins Eigentum des schwedischen Investors Johan Eliasch, Blizzard in die italienische Tecnica/Nordica-Gruppe.

Sanierung in den letzten Jahren

Fischer ist damit wohl der letzte heimische Skihersteller, der sich in Familienhand befindet. Firmengründer Josef Fischer starb 1959, sein Sohn Josef junior hält über eine Holding noch heute 80,7 Prozent der Anteile. Die übrigen Anteile sind im Besitz der Nachfahren von Fischers Schwester Selma Sturmberger. Der 82-jährige Fischer junior hat im Firmengebäude in Ried noch immer sein Büro. Etwa alle zwei Wochen sieht er nach dem Rechten, erzählt Föttinger. Geführt wird das Unternehmen seit vielen Jahren von externen Managern.

Unter der Führung von Föttinger und Finanzchef Günter Kitzmüller erwirtschaftete Fischer zuletzt 184,7 Mio. Euro Umsatz. Zum Gewinn macht der Firmenchef keine Angaben. Im Geschäftsjahr 2008/2009 wurde erstmals seit der Krise ein positives operatives Ergebnis geschrieben.

Davor standen harte Jahre der Restrukturierung: Einbrüche beim Skiabsatz und der kostspielige Aufbau eines Autozulieferers trieben das Unternehmen in rekordhohe Verluste. Die Eigentümer schossen im Jahr 2008 einen zweistelligen Millionenbetrag zu. Anteile an den verlustträchtigen Beteiligungen FCT und FACC (Auto- beziehungsweise Flugzeugzulieferer) wurden verkauft. Am Standort Ried wurde die Zahl der Mitarbeiter halbiert, der Großteil der Produktion in die Ukraine verlegt, wo heute 1200 Mitarbeiter 80 Prozent der Ware fertigen. In Oberösterreich arbeiten heute in Summe 480 Personen für Fischer, 240 in der Produktion. In Ried werden hochwertige Skier hergestellt, den Produktionsstandort vor der Haustür braucht vor allem die Entwicklungsabteilung.

Lange Zeit wurde für die Skisparte ein Partner gesucht, der als Produzent von Sommersportartikeln das volatile Wintergeschäft kompensieren sollte. Heute ist das Unternehmen allein lebensfähig, die Partnersuche liegt auf Eis.

Teil 6 der Serie „Global Player“ erscheint am 1. Juni.

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