Wie verdächtig ist Grasser wirklich?

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Abwehrkampf von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist zum Teil erfolgreich. Doch schon zwei Gerichte sehen dringenden Tatverdacht.

Wien. Es ist ein Kampf zwischen zwei Polen. Zum einen verzeichnet der unter Untreue- und Geschenkannahme-Verdacht stehende Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser beachtliche Erfolge an der Justizfront. Beispiel: Einstellung zweier (weniger in der Öffentlichkeit stehender) Ermittlungsverfahren. Zum anderen bestätigen schon zwei Gerichte, das Straflandesgericht Wien und neuerdings auch das Oberlandesgericht Wien, dass Grasser im großen Strafverfahren rund um die Buwog-Privatisierung unter „dringendem Tatverdacht“ stehe.

Zunächst zu den Erfolgen, die Grasser im Zuge einer regelrechten Abwehrschlacht gegen seine Verfolgung bereits eingefahren hat: Im März wurde das Amtsmissbrauchs-Ermittlungsverfahren eingestellt, das wegen der Kärntner AvW-Pleite geführt worden war. Im April folgte die Einstellung eines Falschaussage-Verfahrens. Hintergrund war Grassers Rechtsstreit gegen Ex-Finanzministeriums-Mitarbeiter Michael Ramprecht.

Zudem wurde nun auch – eben vom Oberlandesgericht (OLG) Wien – die Abhörung von Grassers Telefonen (Zeitraum: 29. Juli 2010, zehn Uhr, bis 30. September 2010, 24 Uhr) ganz klar als „unzulässig“ eingestuft. Fazit: Das OLG ordnete an, „dass die [...] gewonnenen Ergebnisse zu vernichten sind.“ Bei der Abhörung, inklusive permanenter Standortpeilung, handelte es sich übrigens um eine Maßnahme, die im Anschluss an die mittlerweile berühmte Überwachung von Grassers Freund Walter Meischberger („Wo woar mei' Leistung?“) angeordnet worden war.

Doch die hart erkämpften Teilerfolge Grassers haben – aus Sicht des Beschuldigten – auch eklatante Schattenseiten: Frei nach dem Motto „Wo gehobelt wird, fallen Späne“ sind diverse Eingaben und Beschwerden auch Anlass für grundlegende Feststellungen der Gerichte. So wird dem Ex-Finanzminister – zuletzt in der erwähnten, Ende April schriftlich ausgefertigten OLG-Entscheidung (Senatsvorsitz: Marina Stöger-Hildbrand) – eben „dringender Tatverdacht“ beschieden. Wegen Untreue. Nämlich Untreue (und damit Befugnismissbrauch) bei Auswahl jener Bank, die die Buwog-Privatisierung begleitet hatte. Bekanntlich war das (nunmehr insolvente) Bankhaus Lehman Brothers zum Zug gekommen. Aber laut Korruptionsstaatsanwaltschaft offenbar nur, weil Grasser das Auswahlverfahren beeinflusst habe. Ursprünglich war nämlich die Konkurrenz von Lehman, die CA IB, besser im Rennen gewesen. Grasser bestreitet jede Manipulation. Dementsprechend hat sein Anwalt Manfred Ainedter jüngst („Die Presse“ berichtete) einen neuen Antrag auf Einstellung des Buwog-Verfahrens (und anderer Verfahren) angekündigt.

Weiters steht Grasser laut der OLG-Entscheidung auch im „begründeten Verdacht“ der Geschenkannahme. Ermittler beschuldigen ihn, für den Versuch einer Abänderung des Glücksspielgesetzes im Sinne des Glücksspielkonzerns Novomatic vom seinerzeitigen Novomatic-Lobbyisten Meischberger Geld angenommen zu haben.

Auch dies weist Grasser entschieden zurück (ebenso wie der unter Bestechungsverdacht stehende Meischberger). Doch bei diesem Punkt hat das OLG auch Entlastendes für die beiden Herren parat: Verdacht ja, aber: „Für solche Tathandlungen gibt es jedoch, weder hinsichtlich Mag. Karl-Heinz Grasser noch betreffend Ing. Walter Meischberger, eine qualifizierte Verdachtslage.“

„Konspirative Kontakte vermutet“

Warum ist nun die Abhörung (damals wurden übrigens auch alle SMS und MMS von insgesamt acht verschiedenen Grasser-Telefonnummern mitgeschnitten) unzulässig gewesen? Hier übt das OLG scharfe Kritik am untergeordneten Straflandesgericht Wien, welches den Staatsanwälten damals grünes Licht gegeben hatte: Die Erfolgsaussichten der Überwachung seien von vorn herein „äußerst gering“ gewesen. Zumal die damals vorangegangene Meischberger-Abhörung sogar Eingang „in Kabarettveranstaltungen“ gefunden hatte. Und damit Grasser doch vorgewarnt gewesen sei.

Die Ankläger hätten „lediglich eine gegenseitige konspirative Kontaktaufnahme vermutet, ohne dies näher zu begründen.“ In diesem Sinn wurde nun auch das Ausforschen der Standortdaten von Grasser als unzulässig eingestuft. Grasser bekam also mit seiner Beschwerde gegen die Abhörung voll und ganz Recht. Dennoch musste er hinnehmen, dass er in Sachen „Lehman“ als „dringend Verdächtiger“ eingestuft wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2012)

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