Logistik: Firmen fordern „flexiblere“ Schiene

(c) Öbb
  • Drucken

Die Wirtschaft würde doppelt so viel mit der Bahn befördern, wenn die ÖBB flexibler wären. Der Rechnungshof kritisiert die Förderung der Güterverlagerung als wirkungslos.

Wien/Auer. 400 Millionen Euro investiert die Republik Österreich jedes Jahr, um den Umstieg des Güterverkehrs von der Straße auf Schiene und Wasser zu fördern. Mit wenig Erfolg, kritisiert der Rechnungshof. Dabei ist das Interesse der Firmen groß. Einer Studie des WU-Instituts für Transportwirtschaft und Logistik zufolge wären die heimischen Industrie- und Handelsunternehmen bereit, bis zu 50Prozent ihrer Waren künftig mit der Bahn statt mit Lastkraftwagen zu transportieren.

Das wäre ein enormer Sprung. Heute werden zwei Drittel aller Güter in Österreich auf der Straße befördert. Die Eisenbahnen, die den Großteil des staatlichen Förderkuchens abbekommen, stehen mit einem Anteil von 29Prozent im Europavergleich zwar gut da. Offenbar wäre aber noch deutlich mehr möglich.

Viele Verladestationen zu klein

An der Infrastruktur mangelt es nicht, attestieren die Prüfer des Rechnungshofes. Mit über zwanzig Verladeterminals sei Österreich „adäquat“ bestückt. Das Kernproblem ist die Flexibilität der Bundesbahnen. „Einen Lastwagen kann man in ein bis zwei Stunden buchen, bei der Eisenbahn muss man sich an starre Fahrpläne halten“, erklärt WU-Professor Sebastian Kummer.

Anders als der Rechnungshof sieht er auch bei den Verlade-Terminals Handlungsbedarf. In manchen Regionen wie Wien oder Vorarlberg gebe es schlichtweg zu wenig Kapazitäten. Auch die übrigen Terminals seien „nicht ausgelegt für einen modernen Güterverkehr“. So sind etwa oftmals die Verladestationen so klein dimensioniert, dass nur der halbe Güterzug darin Platz findet, was das Beladen natürlich verzögert. Ein Problem sei auch, dass private Anbieter immer noch keinen Zugang zu den Terminals der ÖBB haben.

Die Bundesbahnen, die immer noch die Hälfte des Güterverkehrsmarktes in Österreich beherrschen, verweisen darauf, dass sie Engpässe in Vorarlberg mit dem Ausbau des Terminals Wolfurt beheben wollen. 45 Millionen werden dort investiert. Auch die Terminals Inzersdorf und Wörgl sollen modernisiert werden.

„Förderung der falschen Kanäle“

Kein gutes Haar lässt der Rechnungshof an den Zuschüssen des Verkehrsministeriums für den kombinierten Güterverkehr. „Die Förderung ist in die falschen Kanäle geflossen“, sagt Kummer. „Man hat geglaubt, es reicht, wenn man einfach Geld hergibt.“

Konkret gab das Ministerium Jahr für Jahr über 63 Millionen Euro dafür, dass manche Güter kombiniert auf Schiene und Straße transportiert werden. Vor allem die Zuschüsse für die „Rollende Landstraße“, also für das Verladen von kompletten Lkw auf die Bahn, sei jedoch letztlich eine Subventionierung des Straßenverkehrs, kritisiert der Ökonom. Zudem war die Förderung des Verkehrsministeriums für die „Rollende Landstraße“ im Vergleich dreimal teurer als jene für den Containertransport.

Auch hier fällt die „Erfolgsbilanz“ mäßig aus. Die zusätzlichen Steuer-Euros hätten „kaum Nachfrage stimuliert“ und seien „wenig treffsicher“ gewesen, kritisiert der Rechnungshof. So stiegen die Zuschüsse zwischen 2006 und 2010 zwar um 54Prozent. Der Effekt war mit 14Prozent an zusätzlichem Sendungsvolumen gering.

Welche konkrete Wirkung jeder eingesetzte Euro habe, konnte nicht erhoben werden. Prinzipiell sei die Kombination von Straße und Schiene nur dann sinnvoll, wenn die Güter mehr als 300 Kilometer mit der Bahn transportiert werden und die Strecke regelmäßig befahren werde, sodass sich auch die Verladeterminals lohnen.

Ein Zehntel weniger Emissionen

Österreichs Betriebe sehen im Umstieg von der Straße auf die Schiene aber nur einen Weg, ihren CO2-Ausstoß beim Transport zu verringern. Der Verkehr ist eines der Sorgenkinder der österreichischen Klimapolitik. Er sorgt für ein gutes Viertel der gesamten Emissionen. Durch die Umrüstung der Fahrzeugflotte auf alternative Antriebe (etwa Gas) und energieeffizientere Lager könnte zumindest der Güterverkehr ein gutes Zehntel seiner 8,3 Millionen Tonnen CO2-Emissionen einsparen, so die Studie der WU Wien. Ohne dabei Wettbewerbsvorteile zu verlieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.