"Arbeitsbedingungen auch in Österreich prekär"

Arbeitsbedingungen auch oesterreich prekaer
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Die Gewerkschaft kritisiert Scheinselbstständigkeit, Arbeitsbedingungen und "Subfirmen von Subfirmen mit einer Kaskade von Abhängigkeiten".

"Menschenschinderei mit System": So prangert der deutsche Enthüllungsjournalist Günter Wallraff nach mehrmonatigen Undercover-Recherchen die Arbeitsbedingungen beim europaweit tätigen Paketzusteller GLS in Deutschland an (mehr dazu...). Laut einer Studie zu den Arbeitsbedingungen bei Paketzustellern in Österreich, herausgegeben vom Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und der Gewerkschaft Vida werden die Arbeitsbedingungen in dieser Branche auch hierzulande immer prekärer. Bis zu 15.000 Personen seien betroffen.

Wallraff meinte nach dem Geheimeinsatz für RTL und das "Zeit-Magazin", "Fahrer werden dort zu schwer durchschaubaren Bedingungen und in oft nur mündlichen Verträgen als Subunternehmer verpflichtet, ohne dass GLS sie auf die unternehmerischen und finanziellen Risiken hinweist. Viele werden total ausgebeutet, geraten in eine Schuldenfalle - und GLS stiehlt sich geschickt und komplett aus der Verantwortung".

Ein Drittel der Beschäftigten betroffen

"Wir gehen davon aus, dass ein Drittel bis zu der Hälfte der 30.000 in der Paketbranche in Österreich tätigen Leute von prekären Arbeitsbedingungen betroffen sind", sagte Heinz Högelsberger von der Gewerkschaft Vida. "Die prekären Beschäftigungsverhältnisse bei Zustellfirmen sind auch in Österreich Realität." Es gebe Scheinselbstständige, schlechte Arbeitsbedingungen und "Subfirmen von Subfirmen mit einer Kaskade von Abhängigkeiten". Fahrzeuge seien oft überladen, die Fahrer müssten Geschwindigkeitsbeschränkungen brechen, um ihre Touren zeitgerecht abzuarbeiten. Betriebsräte gebe es bei Paketdiensten in Österreich nur bei "Ex-Monopolisten" wie der heimischen Post und der deutschen Post-Tochter DHL.

Auf APA-Anfrage zu den Zuständen bei der GLS Austria GmbH bei der als GLS-Pressestelle angegebenen Agentur Stroomer PR in Hamburg wollte man kein Kommentar zur Österreich-Tochter abgeben. Stattdessen gab es ein schriftliches Statement, in dem es heißt "Transportunternehmen werden bei der Erledigung von Transportaufträgen von GLS zur Beschäftigung von Fahrern in rechtskonformen, sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnissen verpflichtet". Die GLS Gruppe akzeptiere "keine despektierlichen Äußerungen über Subunternehmen und deren Fahrer in ihrem Unternehmen." Man lege Wert "auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, die im Rahmen der Gesetze gestaltet wird". Weites habe Wallraff "heimlich gefilmt und recherchiert".

Fahrer sind oft Sub-Subunternehmer

Laut der vom ÖGB herausgegebenen Studie "Prekäre Arbeitsbedingungen bei den Paketdiensten" schreitet die Prekarisierung der Arbeitswelt in der Paketzustellung auch in Österreich weiter fort. So erfolge bei Paketzustellern wie GLS, aber auch DPD oder UPS die gesamte Paketauslieferung in Österreich durch Subunternehmen. Bezahlt werde nach dem Kollektivvertrag für das Kleintransportgewerbe -"jedoch werden häufig die kollektivvertraglichen Regelungen nicht eingehalten", heißt es in der Untersuchung. Oft würden Beschäftigte und selber fahrende Paketzusteller kein festes Einkommen beziehen, sondern nur nach zugestellten Paketsendungen bezahlt. "Somit sind sie zu extrem langen Arbeitszeiten gezwungen, um ihre Kosten decken zu können. Die Fahrer sind Auftragnehmer der Subunternehmer, manchmal sogar der Sub-Subunternehmer."

GLS hat 232 Mitarbeiter in Österreich

Die GLS Austria GmbH mit Sitz in Ansfelden mit 232 Mitarbeitern ist eine Tochter der General Logistics Systems B.V. mit Sitz in Amsterdam. In Österreich wurde im Geschäftsjahr 2010/2011 (per 31. März 2011) ein Umsatz von 61,67 Millionen Euro erwirtschaftet. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) in Österreich betrug laut Firmenkompass im vergangenen Geschäftsjahr 2,51 Millionen Euro. In Österreich hat die Firma laut Eigenangaben 6800 Kunden. Geschäftsberechtigt ist man in Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Kärnten, Tirol, Vorarlberg und der Steiermark.

Insgesamt ist die Gruppe laut Eigenangaben über Gesellschaften und Partner in 42 europäischen Staaten tätig, beschäftigt 13.400 Mitarbeiter, zählt 16.510 Fahrzeuge und 212.000 Kunden. Im Geschäftsjahr 2010/2011 wurden 363 Millionen Pakete transportiert und ein Umsatz von 1,75 Milliarden Euro erzielt.

(APA)

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