"Europa zahlt: Bei Griechen-Austritt oder Verbleib"

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Europa zahlt GriechenAustritt oder(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Man solle den Menschen reinen Wein einschenken, sagt Erste-Bank-Chef Andreas Treichl. Sorgen macht ihm momentan vor allem Spanien.

Derzeit brütet Europa über der Frage, ob die spanische Regierung entgegen aller Beteuerungen aus Madrid doch unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen muss. Der Chef der Erste Group, Andreas Treichl, ist skeptisch, dass Spanien aus seiner Banken- und Schuldenkrise ohne europäische Milliardenhilfen herauskommt. Am Freitag äußerte er im ORF-Radiomagazin "Saldo" die Hoffnung, dass es der spanische Staat alleine schafft. Nachsatz: "Derzeit schaut es nicht so aus." Im Fall des pleitebedrohten Griechenland werde Europa auf jeden Fall zahlen müssen - ob Athen nun aus dem Euro ausscheidet oder nicht.

In Spanien ist wegen der geplatzten Immobilienblase die Bankenkrise eskaliert, was das iberische Land in den Mittelpunkt der Euroschuldenkrise gerückt hat. Es sei nicht allein das Problem der spanischen Banken gewesen, findet Treichl, "sondern dass spanische Banken Risiken eingingen, die die ganze spanische Wirtschaft nicht hätte eingehen sollen. Und auch der spanische Staat nicht".

"Menschen reinen Wein einschenken"

Der Erste-Boss wurde wieder auf seine früheren Äußerungen bezüglich eines griechischen Euro-Exit angesprochen. "Ich habe nicht gesagt, Griechenland raus aus dem Euro, ich sagte, dass ich glaube, dass es passieren wird", bekräftigte Treichl. Er sei überzeugt, dass das große Probleme für Griechenland und große Probleme für Europa mit sich bringe. Und er glaube auch, dass man diese Probleme in den Griff bekommen könne. Dabei rede man freilich über "unbeschreiblich große Beträge" und "große Schmerzen", die die Griechen erlitten und noch erleiden würden.



Wichtig sei, so Treichl, dass man den Menschen reinen Wein einschenke, die Zahlen auf den Tisch lege. Wenn Griechenland aus dem Euro austrete, werde es zu einer massiven Abwertung dort kommen, man rede von 50 Prozent. Aber die Schulden blieben bestehen, wüchsen für die Griechen sogar noch drastisch an. Jetzt sei also über einen Schuldennachlass zu reden oder darüber, wie Griechenland die Schulden abbauen kann. Darüber nicht zu reden, dass das auf jeden Fall mit Kosten verbunden sei, hält Treichl für unredlich. Egal ob Griechenland im Euro bleibe oder austrete, Europa werde "in der einen oder anderen Form zahlen müssen".

"Europa dividiert sich auseinander"

Ein Verbleib Griechenlands im Euro machte für Treichl nur dann Sinn, wenn gleichzeitig in Europa die ganz klare Entscheidung getroffen werde, dass der Euro in dieser Form bestehen bleibe. Mit der Konsequenz, dass es zu einer gemeinsamen Fiskalpolitik mit der Abgabe von Hoheiten an Brüssel komme. Im Fall von Eurobonds hielte er es für fahrlässig, die Verpflichtung über alle Schuldner des Euroraums zu übernehmen, wenn man nicht auch die Hoheit über die Finanzen der Schuldner habe.

Treichl pflichtete dem Reporter bei, dass Europa immer nur die Hälfte mache und das dann zu spät. Jetzt müssten dringend Entscheidungen getroffen werden, in welcher Weise die Probleme der Südstaaten Europas gelöst werden. Die Erste habe eine Bankengruppe aufgebaut, in der Hoffnung, dass Europa weiter zusammenwachse. Jetzt sei man aber "eine Phase, dass es sich weiter auseinander dividiert", bedauert Treichl. Er hoffe, dass das eine kurze schmerzvolle Zwischenphase sei und Europa nur einen kleinen Dämpfer erlebe.

(APA)

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