Infrastrukturbetreiber müssen privaten Bahnunternehmen diskriminierungsfrei Daten zur Verfügung stellen, sagt der EuGH. Diese Information müsste auch Verspätungen oder Ausfälle von Anschlusszügen umfassen.
Wien/Red. Im Streit zwischen der privaten Westbahn und den ÖBB um Informationen für Reisende dürfte die Westbahn siegen. In seinem Schlussantrag hat der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) am Donnerstag befunden, dass der „Infrastrukturbetreiber verpflichtet“ sei, den Eisenbahnunternehmen „in diskriminierungsfreier Weise“ solche Echtzeitdaten zur Verfügung zu stellen. Der Schlussantrag des Generalanwalts ist nicht bindend, allerdings folgen die EuGH-Richter in ihrem Urteil zu 80 Prozent dessen Meinung. Das Urteil dürfte in einigen Monaten erfolgen.
Die Westbahn hatte die ÖBB-Infrastruktur aufgefordert, sämtliche Informationen über Zugbewegungen und vor allem Verspätungen von Anschlusszügen den Reisenden in Echtzeit zur Verfügung zu stellen. Das lehnten die ÖBB ab. Sie argumentierten damit, dass es sich bei den Echtzeitdaten um interne Produktionsdaten handle, die der Infrastrukturbetreiber nicht ohne rechtliche Grundlage weitergeben könne. Vor allem habe der Mitbewerber nicht schlüssig darlegen können, für welche Zwecke er diese fremden Produktionsdaten benötige, hieß es.
Der EuGH-Generalanwalt verweist nun darauf, dass Eisenbahnunternehmen ihre Fahrgäste während der Fahrt über die wichtigsten Anschlussverbindungen informieren müssen. Diese Information müsste auch Verspätungen oder Ausfälle von Anschlusszügen umfassen. So sei die entsprechende EU-Richtlinie auszulegen. Informationen während der Fahrt lediglich über die planmäßige Abfahrt der wichtigsten Anschlussverbindungen seien für den Fahrgast nutzlos, wenn es zu Verspätungen oder Ausfällen komme.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2012)