Eine „Troika" macht noch keine Staatsreform

(c) Dapd (Gert Eggenberger)
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Die „Vergriechisierung" der Länder und ihrer Hypos schreit nach einem Umbau des Föderalismus. Zählt man den Schaden der vergangenen Jahre, beziffert er sich auf einen einstelligen Milliardenbetrag.

Der Spekulationsskandal in Salzburg ist nur die Spitze eines gigantischen Eisbergs: Zählt man den Schaden, den „Veranlagungen" von Ländern und Gemeinden sowie das segensreiche Wirken der unter dem Einfluss von Landespolitikern stehenden Landes-Hypos in den vergangenen Jahren den Steuerzahler gekostet haben, zusammen, dann ist man schnell in der Gegend eines höheren einstelligen Milliardenbetrags. Dass es nicht ein mittlerer Zweistelliger ist, verdanken wir nur der raschen Notverstaatlichung der ehemaligen Kärntner Landesbank Hypo Alpe Adria.

Da wird Herr Faymann sehr lange „Gerechtigkeitssteuern" auf Vermögen, Erbschaften und Wasweißichnochalles einheben müssen, um nur die Löcher zu stopfen, die das tolldreiste Treiben in den Ländern und Gemeinden gerissen hat.

Ganz im Ernst: Irgendwann ist Schluss mit lustig. Die Länder gehören finanziell entmündigt und die Hypos gehören dort, wo noch Politiker mitzureden haben, schnellstens deren Einfluss entzogen. Es reicht nicht, nach Eintreten des Schlamassels von Wien aus nach EU-Vorbild eine „Troika" in Marsch zu setzen. Die Vergriechisierung des österreichischen Föderalismus muss schon vorher, an der Wurzel bekämpft werden. Das wäre wohl der wichtigste Punkt für die noch immer anstehende Staatsreform.

Schauen wir uns doch einmal, was da läuft: Da werden, sagt man uns, „Landesmittel veranlagt". Eine schlichte Lüge: Es gibt keine Landesmittel zum „Veranlagen". Die meisten Länder stecken tief im Schuldensumpf. Sie spekulieren also auf Kredit. Entweder wird hier mit Geld, das die Bundesfinanzierungsagentur aufgetrieben hat, herumgezockt. Oder es es wird mit Vorgriffen auf künftige Einnahmen (etwa erwartete Rückflüsse aus Wohnbaudarlehen wie beispielsweise in Niederösterreich) „Veranlagung" betrieben. Zum Teil stammt das Zockergeld auch aus verdeckten Kreditaufnahmen via Auslagerungen. Nichts anderes ist es ja, wenn (wie mehrfach geschehen) beispielsweise ein Land seine Landeskrankenhäuser an eine landeseigene Firma „verkauft" (die dafür einen Kredit aufnimmt) - also de facto an sich selbst.

Das alles ließe sich noch irgendwie argumentieren, wenn die Finanz-Leuchten in den Regierungsstuben dem Steuerzahler damit fette Spekulationsgewinne bescherten. Es ist aber das exakte Gegenteil der Fall: Natürlich werden sie von ihren Wettgegnern in den europäischen Großbanken in aller Regel nach Strich und Faden über den Tisch gezogen. Dafür, das muss man den Landeskaisern einmal ganz deutlich sagen, wollen wir nicht eine der höchsten Steuerleistungen der industrialisierten Welt abdrücken.

Zuerst muss ein schonungsloser Kassensturz her. Es ist ja bezeichnend, dass nicht einmal die Landesfürsten selbst einen Überblick haben, welche Risken noch in ihren Finanzabteilungen schlummern. Und dass weder das Finanzministerium noch der Gemeindebund gesichert sagen kann, welche Bomben noch in den Kommunen herumliegen. Die wissen ja nicht einmal, wie viele Milliarden an Schulden die Gemeinden „ausgegliedert" und damit versteckt haben. Nicht unwesentliche Teile der Republik sind im finanziellen Blindflug unterwegs.
Da gibt es nur einen Weg: Das „Financial Engineering", wie das Herumjonglieren mit fremdem Geld in den wilden Nullerjahren genannt wurde, gehört zentralisiert und in die Hände von echten Profis gelegt. Und zwar solchen, die auch mit dem Begriff „Risikomanagement" etwas anfangen können.

Aber, wenn es geht, nicht in die der verbliebenen Landesbanken. Die sind nämlich ein Kapitel für sich: Von ursprünglich neun Landes-Hypos sind zwei (Wien, Burgenland) schon vor langer Zeit an die Wand gefahren und verkauft worden. Was die Kärntner Politik mit ihrem „Bankomaten" namens Hypo Alpe Adria aufgeführt hat, ist hinlänglich bekannt. Und wir werden dafür noch lange bezahlen. Die Hypos Salzburgs, Oberösterreichs und der Steiermark sind nicht mehr in Landesbesitz.
Wirkliche Landesbanken gibt es nur noch drei: Tirol, Niederösterreich und Vorarlberg. Davon arbeitet das Vorarlberger Institut, wie wir das dort nicht anders erwarten, bisher solide und skandalfrei.
Die Tiroler Landes-Hypo ist aber eine „typische" Landesbank: Sie ist in einer Mischung aus Großmannssucht und Selbstüberschätzung in den Graben gefahren worden, musste mit 200 Mio. Euro Landesgeld wieder flottgemacht werden und genießt bei Ratingagenturen jetzt einen Bonitätsstatus, den man normalerweise erst sehr weit südlich des Brenners vermuten würde.

Und in Niederösterreich gehen bei der Landes-Hypo die Staatsanwälte gerade ein und aus. Der (von der Bank bestrittene, es gilt also die Unschuldsvermutung) Vorwurf: Durch Auslagerung von Problempapieren in Zweckgesellschaften sei ein Gewinn ausgewiesen worden, wo keiner war (Bilanzfälschung). Und aus diesem nicht vorhandenen Gewinn sei eine Millionendividende an das Land Niederösterreich ausgeschüttet worden (Untreue).
Dafür brauchen wir eigentlich keine politisch gesteuerten Banken. Nachdem die Länder jetzt so eindrucksvoll ihre Unfähigkeit bewiesen haben, mit Finanzinstrumenten umzugehen und Banken zu führen, sollte man daraus die Konsequenzen ziehen.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

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