Hypo-Skandal: Totalschaden für die Steuerzahler

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Jetzt, da die Hypo Alpe Adria ihre Osteuropatochter praktisch verschenken muss, zeigt sich: Uns wurde der Maximalschaden eingebrockt, die Insolvenz wäre billiger gewesen.

Als der gerade neu bestellte Vorstandschef der Hypo Alpe Adria, Alexander Picker, Anfang dieses Jahres unter beifälligem Nicken von WU-Professoren und Nationalbankgrößen (Gouverneur Ewald Nowotny: „Das ist ein plausibler Wert“) die Abwicklungskosten für die Kärntner Katastrophenbank mit „null bis vier Milliarden Euro“ bezifferte, meldete „Die Presse“ leise Zweifel an: So zehn bis zwölf Milliarden Euro werden es unterm Strich schon sein, stand an dieser Stelle zu lesen.

Jetzt sehen wir: Das war wohl etwas zu tief gegriffen. Der laufende „Verkauf“ der Hypo-Osteuropatöchter an den US-Fonds Advent und die für die Republik eher ungünstig verlaufenden Auseinandersetzungen mit der BayernLB zeigen, dass es den Beteiligten offenbar erfolgreich gelungen ist, den für uns Steuerzahler maximal möglichen Schaden anzurichten.



Natürlich: Als man die fatale Entscheidung getroffen hat, die Hypo nicht in Konkurs zu schicken, sondern auf Steuerzahlerkosten „abzuwickeln“, hat man die Handlungsfähigkeit weitgehend aus der Hand gegeben. Wer Notverkäufe unter einem strikten Zeitrahmen tätigen muss, ist eben in keiner guten Verhandlungsposition. Genau genommen in gar keiner.

Und so sieht das jetzt auch aus: Der amerikanische Fonds bekommt die von den meisten Kellerleichen befreite Osteuropabank (die faulen Assets wurden schon in den vergangenen Jahren schrittweise in die interne Hypo-Abbaubank transferiert, also den Steuerzahlern umgehängt) de facto geschenkt. Dem Kaufpreis von rund 200 Mio. Euro stehen nämlich Refinanzierungslinien der Hypo über 2,2 Mrd. Euro gegenüber, die noch ein paar Jahre in der „verkauften“ Bank bleiben. Der daraus resultierende Zinsvorteil kompensiert den Kaufpreis locker.
Ein lukratives Geschäft. Aber leider nicht für die Steuerzahler. Das hat man ja schon bei dem Verkauf der durchaus lebensfähigen Österreich-Tochter der Hypo gesehen: Die gehört jetzt zwar einer indischen Gruppe, das Land Kärnten haftet aber weiterhin mit einem höheren dreistelligen Millionenbetrag für Verbindlichkeiten dieser Bank. Ganz toll, nicht?

Wenn jetzt auch noch die BayernLB und ein paar andere Hypo-gläubiger, denen der entfesselte Kurzzeit-Finanzminister Michael Spindelegger einen rechtlich offenbar nicht ganz durchdachten Haircut verordnet hatte, vor Gericht recht bekommen (und danach sieht es leider aus), dann hat man uns, wie gesagt, den maximal möglichen Schaden angerichtet.

Wirklich Genaues werden wir nie erfahren, denn ab sofort sind die Reste der Hypo in einer Bad Bank, die die Staatsschulden um gut 18 Mrd. Euro hochtreibt. Die ist eine Black Box ohne Bilanzierungsverpflichtung. Natürlich stecken in dieser Black Box auch Werte, die sich irgendwann zu Geld machen lassen. 18 Milliarden wird der Gesamtschaden also schon nicht ausmachen. Aber man sollte sich auch keine großen Illusionen machen: Wären die Assets so toll werthaltig, wären sie nicht in der Abbaubank.
Man hat das bei der Osteuropabank der Hypo gesehen: Deren Buchwert war vor zwei (!) Jahren mit 1,5 Milliarden Euro taxiert worden. Entsprechend rosige Verkaufserlösvorstellungen machten die Runde. Jetzt steht die Bank angeblich nur noch mit 89 Millionen Euro zu Buche. Wie haben es die Vorstandsbosse Kranebitter und Picker geschafft, in nicht einmal zwei Jahren 94,9 Prozent des Buchwerts ihrer Osteuropatochter zu vernichten? Nun: Sie haben sie unter anderem durch massivste Abschreibungen für den „Verkauf“ herausgeputzt. Also durch die Methode: Die guten Assets ins Advent-Töpfchen, die schlechten ins Steuerzahler-Kröpfchen.

Sie hatten ja auch keine große Wahl mehr: Wer mitten in einer gewaltigen Automarktkrise seinen rostigen Gebraucht-Lada verkaufen will und nur einen ernsthaften Abnehmer findet, kann sich die Eurotax-Preisliste eben sonst wohin stecken und muss froh sein, dass der Käufer für das zuvor teuer generalreparierte Auto überhaupt etwas bezahlt und nicht auch noch einen Entsorgungsbeitrag verlangt.

Es hilft jetzt nicht mehr, über vergossene Milch zu jammern. Die Hypo-Katastrophe wurde zwar ausgelöst durch völlig verantwortungsloses Agieren der Haider-FPK/BZÖ/FPÖ-Partie und deren rot-schwarze Steigbügelhalter in Kärnten. Da gibt es keine Zweifel. Aber sie wurde maximiert durch politische Untätigkeit/Unwilligkeit/Ungeschicklichkeit nach der Notverstaatlichung. Allein der Umstand, dass die Bad Bank erst 2014 und nicht schon 2010 geschaffen wurde, hat uns Steuerzahler fast fünf Milliarden Euro an sinnlosen Kapitaleinschüssen gekostet. Dafür sollte man die Finanzminister Pröll und Fekter (als entscheidungsunwillige Bad-Bank-Verzögerer) sowie deren Erfüllungsgehilfen in den Hypo-Gremien, der Notenbank etc. auch einmal vor den Vorhang bitten. Die Insolvenz wäre halt doch die bessere Lösung gewesen, oder?

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2014)

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