Hypo-Pleite: Wie ignorant darf ein Notenbankchef sein?

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Ein Ex-OeNB-Gouverneur, der die Hypo-Prüfberichte des eigenen Hauses nicht kennen will, eine Abbaubank, die dem Parlament wichtige Dokumente vorenthält: Der Hypo-Skandal artet immer mehr in Steuerzahlerfrotzelei aus.

Was macht eigentlich so ein Nationalbankgouverneur, wenn der Tag lang ist? Nach dem gestrigen, reichlich präpotenten Auftritt des ehemaligen OeNB-Gouverneurs Klaus Liebscher vor dem Hypo-Untersuchungsausschuss des Parlaments können wir die Frage zumindest für die Jahre 1998 bis 2008 beantworten: Nichts wirklich Essenzielles.

Wir dürfen uns das ungefähr so vorstellen: Im Süden des Landes beginnt eine damals durchaus systemrelevante Bank nach vorerst vertuschten Swap-Verlusten zu krachen. Die für Bankenprüfung zuständige OeNB erstellt einen sehr kritischen Prüfbericht, in dem von mehreren Gesetzesverstößen und von Geldwäscheverdacht die Rede ist. Aber der Chef der OeNB erfährt nichts davon. Er steht, sagt er, ja „nicht auf dem Verteiler“. Und er liest, fügen wir hinzu, wohl auch keine Zeitungen. Denn der betreffende Prüfbericht wird bereits in Rohfassung Medien zugespielt, „Die Presse“ berichtet am 18. Juni 2007 exklusiv darüber, am Tag darauf nimmt der zuständige OeNB-Prüfer im gerade tagenden Hypo-Untersuchungsausschuss des Kärntner Landtags zur Sache Stellung. Der OeNB-Chef lässt sich den Bericht aber noch immer nicht kommen. Er steht ja, wie gesagt, nicht auf dem Verteiler und muss sich nicht für alles interessieren.

Dass er, gleichzeitig Aufsichtsrat der FMA, als offenbar einziger Österreicher nicht mitbekommt, dass Finanzminister Grasser ein Absetzungsverfahren gegen die beiden FMA-Vorstände prüft und dass es ihn „nicht vom Sessel wirft“, als ihn der Hypo-Wirtschaftsprüfer über mögliche Kick-back-Zahlungen informiert, passt nur zu gut ins Bild.

Der Mann, der da gestern in so entwaffnender Offenheit seine hoch bezahlte Verantwortungslosigkeit darlegte, ist übrigens nicht wegen grober Fahrlässigkeit gefeuert worden, sondern seit 2008 Vorstandschef der staatlichen „Banken-ÖIAG“ Fimbag. Falls er dort auf dem Verteiler steht . . .

Wir sehen jetzt wieder ein bisschen klarer, wieso es unter den Augen der heimischen Bankenaufseher zu einem derartigen Schaden für die Steuerzahler kommen konnte. Aber eigentlich wollen wir zusätzlich zum Schaden nicht auch noch verhöhnt werden. Deshalb ist auch die gestern vom Neos-Fraktionsvorsitzenden Hable vorgebrachte Forderung nach Abberufung des Heta-Vorstands voll zu unterschreiben, falls die Hypo-Abbaubank nicht bald wichtige Hypo-Dokumente herausrückt.

Denn die Nachfolgeorganisation jener Bank, die nach einem verlorenen Prozess gegen einen Buchautor ungestraft „Hausbank der Balkanmafia“ genannt werden darf, beruft sich auf „Kundenschutz“. Fazit: Von insgesamt 1,93 Millionen Dokumenten, die dem Untersuchungsausschuss übermittelt wurden, stammen heiße 54 von der Heta. Und eines (!) von der Kärntner Landesholding. Das ist nicht nur eine Frotzelei des Untersuchungsausschusses, sondern auch aller Österreicher, die ja pro Kopf unterm Strich zwei bis drei Tausender für die Hypo-Katastrophe werden abdrücken müssen.

Bei der Gelegenheit wollen wir gleich einmal festhalten, dass die Aussage, in die Hypo-Aufarbeitung werde „kein Cent Steuergeld“ mehr fließen, seit Kurzem Makulatur ist. Denn natürlich werden die drei, vier oder fünf Milliarden, die das Land Kärnten über eine eigens dafür einzurichtende Zweckgesellschaft zum Rückkauf der Hypo-Anleihen bekommt, letztendlich eins zu eins beim Steuerzahler hängen bleiben.

Es mag sein, dass diese Konstruktion samt des De-facto-Gläubigerschutzes für die Kärntner Landesholding juristisch die sinnvollste ist. Aber darüber, wer das alles zahlt, sollten wir uns keine Illusionen machen. Soll nachher keiner sagen können, er hätte das nicht gewusst.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2015)

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