Bau: Die Österreicher, die Spanier und die Krise

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Turbulente Zeiten für den Baukonzern Alpine: Etliche Manager suchen das Weite, weil sie mit dem spanischen Eigentümer nicht können. Jetzt hat auch noch Benita Ferrero-Waldner den Aufsichtsratsvorsitz abgelehnt.

Es ist ein echter Jammer. Oder gar ein Fluch? Nennen wir es einfach eine Pechsträhne, die Österreichs zweitgrößter Baukonzern Alpine gerade durchmacht. Jedenfalls hat er ein veritables Problem mit seinem Aufsichtsrat.

Dabei hatte alles so ganz und gar kommod begonnen. Im Sommer 2009 war das, und die Alpine hatte einen wirklich großen Coup gelandet: Niemand Geringerer als Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer zog in den Aufsichtsrat. Die Sache war von langer Hand geplant gewesen: Die Alpine gehörte schon damals mehrheitlich dem spanischen Baukonzern FCC. Nach mehreren Treffen des Altkanzlers mit FCC-Mehrheitseigentümerin Esther Koplowitz befand diese: Gusenbauer war der Richtige. Er spricht fließend Spanisch, zudem sind seine Kontakte vor allem in Osteuropa nicht gering zu schätzen. Gusenbauer sollte also nicht nur kontrollierend, sondern vor allem als Türöffner tätig sein.

Alles wäre auch geradezu perfekt gewesen, hätte Gusenbauer nicht im April 2010 der Alpine den Rücken gekehrt. Schlimm genug, dass es ihn dort nicht einmal ein Jahr gehalten hat. Er wechselte auch noch zum Konkurrenten Strabag. In dessen Aufsichtsrat, versteht sich. In der Alpine herrschte Zorn, Fassungslosigkeit, Entsetzen.

Doch das Leben geht weiter. Und so vermeldete die Alpine im Jänner 2011 probaten Gusenbauer-Ersatz: Die frühere ÖVP-Außenministerin und österreichische EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner wurde Alpine-Aufsichtsrätin. Das unerfreuliche Gusenbauer-Intermezzo konnte zu den Akten gelegt werden. „Frau Ferrero-Waldner wird ihre hohe Kompetenz, die sie sich im Laufe ihrer internationalen Karriere erarbeitet hat, für Alpine einbringen und so die weitere Expansion des Konzerns unterstützen“, strahlte Alpine-Aufsichtsratspräsident und Miteigentümer Dietmar Aluta-Oltyan.

Es war tatsächlich der unwahrscheinliche Glücksfall eingetreten: Wieder hatte die Alpine ein ehemaliges Regierungsmitglied mit besten internationalen Kontakten gefunden, wieder jemand, der fließend Spanisch spricht.

So eine perfekte Beziehung gehört natürlich gepflegt. Und so meldete die Alpine im vergangenen März stolz: Ferrero-Waldner werde Präsidentin des Aufsichtsrats. Sie werde Dietmar Aluta-Oltyan nachfolgen, der mittlerweile seine restlichen Anteile an FCC verkauft hat. Die Rochade werde bei der nächsten Aufsichtsratssitzung Anfang Juli über die Bühne gehen.

Die Sitzung fand jetzt statt. Doch Benita Ferrero-Waldner hat das ehrenvolle Amt nicht übernommen.

Offiziell heißt es: Ferrero-Waldner habe sich „aus zeitlichen Gründen“ dagegen entschieden. Inoffiziell ist davon freilich keine Rede: Ferrero-Waldner habe abgelehnt, heißt es, weil sie sich mit der Bürde der Verantwortung nicht wohlfühle.

Man kann es ihr wirklich nicht verdenken.

Tatsächlich macht die Alpine derzeit eher turbulente Zeiten durch. Ursprünglich war der Alpine vom spanischen Eigentümer absolute Selbstständigkeit zugesichert worden. Davon ist mittlerweile keine Rede mehr – und bei der „Zusammenarbeit“ mit der FCC eckt es ganz gewaltig. Die Folge: ein ordentlicher Aderlass bei langjährigen, erfahrenen Managern.

Schon Gusenbauer soll der Alpine den Rücken gekehrt haben, weil ihn die Bürokratie und die Entscheidungsschwäche der Spanier genervt haben sollen. Gut, das liebe Geld der Strabag wird wohl auch keine unwesentliche Rolle gespielt haben. Doch vor einem halben Jahr begann dann das große Abschiednehmen seitens des Alpine-Managements – und das kann wohl kein Zufall sein.

Zuerst ging Karl Weidlinger,zuständig für den internationalen Hochbau. Dann folgte Peter Preindl, der an sich als neuer Alpine-Chef auserkoren war. Vor Kurzem ging Roman Esterbauer, Chef der Alpine Bau GmbH. Gefolgt von Christian Trattner, der für den PPP-Bereich (Public Private Partnership) zuständig war. Auch Karl Gruber, der für den Hochbau in Österreich und auf dem Balkan verantwortlich zeichnete, ist gegangen.

Für das Unternehmen besonders schmerzhaft: Werner Watznauer, seit fünf Jahren einer von drei Geschäftsführern der Holding, hat sich ebenfalls verabschiedet. Inoffizielle Begründung: Er fühle sich von Johannes Dotter, seit einem halben Jahr Chef der Alpine und enger Vertrauter der Spanier, nicht mehr ausreichend informiert und könne somit keine Verantwortung für das Unternehmen tragen.

Dotter war es auch, der vor Kurzem im Rahmen seiner ersten Pressekonferenz die Parole ausgab, das Unternehmen gesundschrumpfen zu wollen. Die Alpine werde sich auf die Kernmärkte Österreich, Deutschland, Slowakei und Tschechien konzentrieren.

Das schmerzt natürlich langgediente Alpine-Manager. Allen voran Dietmar Aluta-Oltyan, der das Unternehmen zu dem machte, was es heute ist. Eigentlich hat er alle Funktionen zurückgelegt, und auch seine restlichen Anteile wurden an die FCC übertragen. Aber die Alpine bleibt sein Baby – und daher sucht er nach einem Ausweg aus der Misere mit den Spaniern: Er hat sich nach potenziellen Käufern umgesehen. Dass FCC die Alpine wieder verkauft, ist nämlich nicht ganz abwegig: Der Konzern leidet massiv unter der spanischen Immobilienkrise.

Zwei ernst zu nehmende Interessenten hat Aluta-Oltyan jedenfalls schon an der Hand: den Investmentfonds von Katar und die milliardenschwere russische Unternehmerin Jelena Baturina.

Aufreibende Zeiten für die Alpine also. Dass Ferrero-Waldner keine Zeit für den Aufsichtsratsvorsitz hat, trifft sich für sie so gesehen recht gut. Für ihr Nervenkostüm allemal.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2012)

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