Topmanager: „Es gibt nur mehr verbrannte Erde“

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Sie waren Topmanager im staatsnahen Bereich – jetzt sind etliche von ihnen auf Jobsuche. Eine Folge der wirtschaftlichen Lage, einerseits. Andererseits wird offensichtlich: Politische Netzwerke halten nicht ewig.

Er hat Wien schon längst verlassen. Stefan Wehinger kennt die Spielregeln offenbar bestens. Die da lauten: Als ehemaliger Topmanager ist es in der Bundeshauptstadt so gut wie unmöglich, einen gleichwertigen Job zu finden. „Für mich gibt es hier nur mehr verbrannte Erde“, sagt Wehinger. Also muss er gehen.

Warum? Das ist relativ einfach zu beantworten: Weil er in gewisser Weise stigmatisiert ist. Wehinger hat seinen wirklich großen Karrieresprung in einem Staatsunternehmen gemacht. Von 2004 bis 2008 war er Vorstand des Personenverkehrs in den ÖBB. Dann musste er aus politischen Gründen gehen – und bekam dennoch eine zweite Chance in der Branche: Gemeinsam mit dem Industriellen Hans-Peter Haselsteiner gründete er die private Westbahn und machte der ÖBB Konkurrenz. Doch auch das ist mittlerweile Geschichte: Anfang Juni hat sich Wehinger mit Haselsteiner überworfen. Und orientiert sich seitdem beruflich neu, wie es so schön heißt.

Es gibt einfachere Übungen. Denn eine dritte Chance in der Branche ist undenkbar. Und anderswo? „Das ist schwierig: Wenn man einmal einen Topjob in einem Staatsunternehmen hatte, ist es nicht so einfach, in der Privatwirtschaft unterzukommen“, meint Wehinger. Eh klar: Manager von Staatsunternehmen genießen in den Medien nicht gerade den besten Ruf. Welches Privatunternehmen tut sich so etwas schon an? Einmal des Jobs verlustig gegangen, bieten sich für betroffene Manager in der Regel also zwei Optionen: Sie gehen ins Ausland. Oder sie werden Konsulenten.

Wehinger macht quasi beides. „Ich werde für den Schweizer Zügehersteller Stadler tätig sein“, erzählt er. Das ist jenes Unternehmen, das auch die Garnituren für die Westbahn herstellte. Dort wird Wehinger als Berater arbeiten. „Nach ein bis zwei Jahren werde ich entscheiden, ob ich im Eisenbahnbereich bleibe oder nicht“, sagt er. Seine berufliche Zukunft (im Ausland) sieht er allerdings recht entspannt: „Ich habe den Vorteil, dass ich Techniker und daher spezialisiert bin.“

Das Atout haben nicht alle. Und so sind derzeit etliche frühere Topmanager im staatsnahen Bereich auf Jobsuche. Eine Konsequenz der wirtschaftlich einigermaßen harten Zeiten? Durchaus, findet Herbert Unterköfler, Chef des Personalberaters Korn/Ferry: „Die Verweildauer von CEOs hat weltweit abgenommen“, sagt er, „und das reflektiert natürlich bewegte Zeiten.“ Früher habe ein Spitzenmanager sein Mandat acht bis zehn Jahre lang gehabt. Jetzt seien es rund fünf Jahre.

Auffallend ist aber auch, dass es mittlerweile alles andere als einfach ist, einen neuen Spitzenjob zu finden. „Weil viele Konzerne der Meinung sind, dass ehemalige Unternehmenschefs Einzelgänger geworden sind und sich schwertun, in einem neuen Team zu arbeiten“, meint Wehinger. Unterköfler sieht das etwas differenzierter – nämlich vor allem als ein Problem von ehemaligen Managern in österreichischen Staatsunternehmen: „Manche dieser Unternehmen haben so derart österreichische Eigenheiten – die sind in einem europäischen Umfeld gar nicht marktfähig.“ Will heißen: Exzellente politische Kontakte können hierzulande zwar ein Karriereturbo sein. In Weltkonzernen zählt dies aber kaum als Kriterium.

Hier bauen halt viele weiterhin auf ihr politisches Netzwerk. Doch das wird oft – leider, leider – brüchig. Am Beispiel Herbert Götz.Der 49-Jährige war einst Kabinettschef von ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek und brachte es auch zu einem gut dotierten Vorstandsjob bei der Post AG. Doch Ende 2011 ist sein Vertrag ausgelaufen. Ein neuer Job ist nicht in Sicht, Götz hat also die Goetz und Partner Consulting GmbH gegründet – und verdingt sich derweil als Berater.

Oder Kurt Sumper. Der wurde 2006 vom damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser als Ko-Geschäftsführer in die Bundesfinanzierungsagentur entsandt. Und wurde dort nie das Image des Protégés los – weil er Cousin einer Frau ist, die schon damals Grassers Exfreundin war. Sollten ihm diese Verwandtschaftsverhältnisse damals tatsächlich zum Vorteil gereicht haben – jetzt tun sie es jedenfalls nicht mehr: Vor rund einem Jahr ist sein Vertrag ausgelaufen. Sumper ist seitdem, erraten: Consulter.

Die Grundregel lautet offenbar: Einmal im staatlichen Bereich – und dann wird's schwierig. Sei es, weil einem der Ruf vorauseilt, den Job dank politischer Protektion bekommen zu haben. Sei es, weil das berufliche Wirken in der Öffentlichkeit mit einer guten Portion Misstrauen beobachtet wird.

Die Liste ehemaliger ÖBB-Manager, deren weiterer beruflicher Weg im Nirwana endete, ist jedenfalls ellenlang. Jüngstes Beispiel: Gabriele Lutter – bis vor einem Jahr Chefin des Personenverkehrs. Immerhin wird sie weiterhin von den ÖBB beschäftigt. Allerdings als einfache Mitarbeiterin.

Auch Heinz Stiastny ist seit Kurzem seinen Job als Postbus-Chef los. Dass er sich bei der Suche nach einer neuen Tätigkeit schwertun könnte, glaubt der begeisterte Netzwerker aber nicht: „Das muss man gelassen sehen“, sagt er, „nach der Urlaubszeit werde ich mich einmal umsehen.“

Der frühere AUA-Vorstand Peter Malanik will auch nicht klein beigeben – und versucht es mit einem weiteren politischen Job: Er will ÖIAG-Chef werden. Ob ihm das gelingt, wird sich weisen. Immerhin hat er das Image, zu wenig Distanz zum seinerzeit gescheiterten AUA-Chef Alfred Ötsch gehabt zu haben – und gegenüber der Belegschaftsvertretung recht konsensual gewesen zu sein.

Sein ehemaliger Kollege bei der AUA, Andreas Bierwirth, hatte es da offenbar leichter: Er wird Chef von T-Mobile Österreich. So ein Sprung in die Privatwirtschaft hat Seltenheitswert. Aktenkundig war so ein Fall zuletzt im Frühjahr 2011, als der damalige Chef der staatlichen Bundesimmobiliengesellschaft, Christoph Stadlhuber,zu Immobilien-Tycoon René Benko wechselte.

Beispiele wie diese lassen offenbar so manchen hoffen. So soll etwa Franz Pinkl, der zuerst die Volksbanken AG und dann die Kärntner Hypo eher suboptimal geführt hat, wieder auf Jobsuche sein. Dank der ihm seinerzeit ausbezahlten Millionenabfindung kann er sich dabei aber durchaus Zeit lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2012)

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