Dorotheum-Privatisierung: Die Liebe der 'Krone' zu KHG

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Bei der Privatisierung des Auktionshauses Dorotheum gibt es einigen Erklärungsbedarf. Zum Beispiel: Warum wird Ex-Finanzminister Grasser von der „Kronen Zeitung“ geschützt?

Viele Fragen wirft die Privatisierung des Wiener Auktionshauses Dorotheum im Jahre 2001 auf. Mit den Antworten ist das aber so eine Sache: Der Unternehmer Erwin Soravia, dessen Konsortium seinerzeit den Zuschlag bekam, ist auf Urlaub und unerreichbar, sagt seine Sprecherin. Sein Partner im Konsortium, „Kronen Zeitung“-Chef Christoph Dichand, ist zu keiner Stellungnahme bereit. Und der damals zuständige Finanzminister Karl-Heinz Grasser? Der zieht sich (elegant?) aus der Affäre: „Die Privatisierung war klare Sache der ÖIAG“, sagt sein Anwalt Manfred Ainedter.

Also ein Fall für den Korruptionsuntersuchungsausschuss? Die Grüne Gabriela Moser, die den Ausschuss leitet, würde sich das sehr wünschen. Große Hoffnungen macht sie sich aber nicht, dazu kennt sie die politische Interessenlage im Lande nur zu gut. Und tatsächlich: Weder in der SPÖ noch in der ÖVP gibt es gesteigertes Interesse an einem zusätzlichen Ausschuss-Thema. Man will zu einem Ende kommen, heißt es. Außerdem: Politisch verspreche die Sache „keinen Erfahrungsgewinn“, wie hinter vorgehaltener Hand formuliert wird.

Wird schon so sein. Dafür baut die Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft auf Erfahrungsgewinn. Seit rund eineinhalb Jahren ermittelt sie in der Angelegenheit – nachdem Gabriela Moser Anzeige erstattet hatte. Doch die Sache wird dauern. Wie lange, vermag der Sprecher der Behörde, Erich Mayer, natürlich nicht zu beurteilen: „Das hängt alles mit dem Buwog-Komplex zusammen“, sagt er.

Ein wahres Wort. Denn die Parallelen zur sattsam bekannten Causa Buwog sind tatsächlich frappierend. Nicht nur, weil beide Verkäufe in der Ära von Finanzminister Grasser stattfanden. Sondern auch, weil Grasser-Spezi Walter Meischberger bei beiden Transaktionen seine Dienste als „Berater“ anbot. Und nicht zuletzt: Sowohl bei Buwog als auch beim Dorotheum hat der siegreiche Bieter minimal mehr geboten als der unterlegene.

Zur Erinnerung: In der Endrunde der Bieterschlacht um das Dorotheum waren seinerzeit nur mehr zwei Konsortien. Auf der einen Seite die Bietergruppe „Valora“ – zu ihr gehörten unter anderen die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, der ehemalige ÖIAG-Manager Peter Newole, Lobbyist Peter Hochegger sowie Immobilienmakler Ernst Karl Plech. Auf der anderen Seite: das Konsortium „Onetwosold“ von Erwin Soravia und Christoph Dichand.

Newole gab im Jänner 2011 bei einer Zeugeneinvernahme Folgendes zu Protokoll: Im Zuge des Bieterprozesses habe Meischberger plötzlich dem „Valora“-Konsortium seine Dienste angeboten. Er, Newole, habe dies empört abgelehnt, „weil ich mit ihm prinzipiell nichts zu tun haben möchte“ – und sogar seinen Rückzug aus dem Konsortium angedroht. Worauf Meischberger sich verabschiedet habe.

Er wandte sich postwendend an das gegnerische Konsortium. Angeblich tat dies Hochegger auch. „Onetwosold“ will allerdings die Dienste der beiden ebenfalls abgelehnt haben. Tatsache ist: „Onetwosold“ (Soravia, Dichand & Co.) bekam letztlich den Zuschlag. Um 955 Millionen Schilling. „Valora“ hatte 950 Millionen geboten.

Das denkbar knappe Ergebnis kann natürlich ein Riesenzufall sein. Oder auch nicht.

Ebenso kann es reine Koinzidenz sein, dass just Dichands „Kronen Zeitung“ Ex-Finanzminister Grasser im Zusammenhang mit der Buwog-Affäre äußerst pfleglich behandelt. Oder auch nicht. „Das ist ein Phänomen, das einer Erklärung bedarf“, meint die Grüne Moser. Und liefert gleich eine mögliche Erklärung: „Geht es da vielleicht um ein persönliches Naheverhältnis? Eventuell gefördert durch eine wirtschaftliche Gunstsituation?“

Eine interessante Frage, die freilich niemals befriedigend beantwortet werden wird: Der Untersuchungsausschuss pfeift auf den Erfahrungsgewinn, und die Staatsanwaltschaft will sich dieses Themas erst gar nicht annehmen, wie der „Presse“ gestern mitgeteilt wurde. Schade eigentlich. Es wäre nämlich gar so spannend.

Seitdem Grasser die Justiz am Hals hat, ergreift Dichands „Krone“ recht offen Partei für den Ex-Finanzminister. Die Unschuldsvermutung, die selbstverständlich für Grasser gilt, wird in dem Boulevardblatt jedenfalls überaus großzügig ausgelegt. Mit Kritikern des mutmaßlichen „Systems Grasser“ wird hingegen weniger zimperlich umgegangen. Sie werden regelmäßig als „Grasser-Jagdgesellschaft“, als „Neidhammel“ bezeichnet. Nicht nur in Kommentaren, wohlgemerkt, sondern auch in Artikeln.

Etwa in jenem vom 22. Dezember 2010 (siehe Faksimile): Unter dem Titel „Wieder Triumphgeheul des linken ,Falter‘ und der Grünen“ wird „berichtet“, dass die „Grasser-Jäger“ dem Ehepaar Grasser offenbar das Weihnachts- „Fest vermasseln wollen“. Einen Tag später heißt es in einem Kommentar: „Unterdessen sind die selbst ernannten Grasser-Jäger (die veranstalten ja ein internes Rennen um Platz eins) an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten.“

Wenige Monate zuvor ging die „Krone“ für KHG überhaupt zum Gegenangriff über: „So wie Grasser derzeit ganz gerne auf Schlagzeilen, die seine Person betreffen, verzichten würde, genauso geht es den Grünen, die ja tagtäglich – und das zu Recht – lesen müssen, zu welch politischem Sauhaufen sie verkommen sind.“

Die Hausdurchsuchung bei Grassers im vergangenen Jahr, bei der auch deren Weinkeller in Augenschein genommen wurde, kommentierte die „Krone“ damit, dass dies „zwar ohne jede Bedeutung für die ihm unterstellten oder zur Last gelegten Vergehen/Gaunereien/Verbrechen ist, sich aber linkslinks herrlich ausschlachten lässt. Stichwort: Neid.“

Ein Stichwort, das den mittlerweile verstorbenen „Krone“-Dichter Wolf Martin im vergangenen März zu einem Gedicht über Grasser inspirierte. Es endete so: „Wer jetzt noch Neid fühlt, hat 'nen Klopfer. Nur Mitleid gilt dem armen Opfer.“

Vergangene Woche wurde die Causa Dorotheum um einen Dreh spannender: Der Rechnungshof veröffentlichte einen Bericht, wonach das Dorotheum zu billig verkauft worden sei. Die „Krone“ widmete dem RH eine Kurzmeldung – allerdings zu dessen Bericht über den Pensionshärtefonds. Über das Dorotheum wurde kein Wort verloren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2012)

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