Verbund: Elektrisierende Deals im Dunkeln

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Der Stromkonzern Verbund will einen Vorstand loswerden. Prompt ergibt sich eine unglaublich günstige Gelegenheit: In der Netzgesellschaft APG wird ein Posten geschaffen. Zu gleichen Konditionen.

Dinge ändern sich mit der Zeit. Vorsätze zum Beispiel. Oft geht das auch recht schnell. Bei der APG zum Beispiel. Dem größten Stromnetzbetreiber des Landes.

Dort ist Folgendes „passiert“. Der langjährige Vorstand des Unternehmens, Heinz Kaupa, ist Ende 2012 in Pension gegangen. Das ist nichts Ungewöhnliches, Kaupa ist 65 Jahre alt. Blöderweise stand aber sein Vertrag im September 2011 zur Verlängerung an. Es kam also zu einer Interimslösung: Kaupas Vertrag wurde um ein Jahr verlängert. Weil das keine allzu lange Zeit ist, wurde auch gleich ein drittes Vorstandsmitglied bestellt. Mit dem Wissen, dass sich der Vorstand rund ein Jahr später, mit Kaupas Pensionierung, wieder auf zwei Personen reduzieren würde. Wie all die Jahre zuvor. Folgerichtig teilte das Unternehmen auch hochoffiziell mit: Es handle sich um eine „zeitlich begrenzte Erweiterung des Vorstandsteams“.

Schnee von gestern. Vergangenes Wochenende hat die APG den Posten von Heinz Kaupa ausgeschrieben. Die Tätigkeit umfasse „die Führung des Gesamtunternehmens gemeinsam mit den beiden anderen Vorstandsmitgliedern“.

Seltsam? Das sieht APG-Aufsichtsratschef Erhard Schaschl absolut nicht so: Der dreiköpfige Vorstand habe sich im vergangenen Jahr „wirklich bewährt“. „Ich bin eigentlich ein Fan von kleinen Vorstandsteams“, sagt Schaschl, „aber das Aufgabengebiet der APG ist schon sehr gewachsen.“ Es gebe intensivere Kontakte mit der EU, eine höhere Verantwortung, und außerdem seien mit der Zeit „Stromleitungen immer wichtiger“ geworden.

Das leuchtet natürlich ein.

Man könnte es freilich auch so sehen: Die APG gehört zu 100 Prozent dem Stromkonzern Verbund, an dem wiederum die Republik Österreich 51 Prozent hält. Und in so einem Staatskonzern herrschen natürlich ganz eigene Gesetzmäßigkeiten.

Wie's der Zufall so will, stehen auch im Verbundkonzern die Verträge aller vier Vorstände zur Verlängerung an. Und dort ist es ein offenes Geheimnis: Die drei Vorstände Wolfgang Anzengruber, Günther Rabensteiner und Hannes Sereinig bleiben dem Konzern erhalten. Doch der Sessel von Ulrike Baumgartner-Gabitzer wackelt gewaltig.

Warum? Baumgartner-Gabitzer sei im Verbund-Vorstand immer schon eine Art „Fremdkörper“ gewesen, heißt es dort. Weniger, weil sie einst Kabinettschefin von Wolfgang Schüssel war – nein, solch Karrieren sind in der Strombranche beileibe nicht ungewöhnlich. Vielmehr war es so, dass Baumgartner-Gabitzer es offenbar schwer hatte, sich auch als Verbund-Vorstand von der Politik zu lösen: Sie war bis zum Mai 2009 Obmann-Stellvertreterin der ÖVP Wien. Den politischen Job hat sie also zweieinhalb Jahre lang parallel zu ihrem Verbund-Job ausgeübt.

Jetzt kommt es jedenfalls zum Unvermeidlichen: Im Verbundkonzern wird dringend ein Finanzvorstand gesucht, und Baumgartner-Gabitzer ist diejenige, die ihm wird Platz machen müssen. Sie aber einfach fallen zu lassen, geht natürlich auch nicht. Erraten: Sie soll, wie in ÖVP-Kreisen munter erzählt wird, neue APG-Chefin werden.

Baumgartner-Gabitzer selbst will die Rochade freilich nicht so definitiv sehen. Eh schon wissen: Der Job ist ja erst ausgeschrieben worden, und andere sollen sich ja auch bewerben können. „Die APG ist ein interessantes Unternehmen“, sagt sie also, „ich habe mich aber noch nicht entschieden, ob ich mich bewerben werde.“

In Wahrheit ist die Sache natürlich schon längst fix abgemacht: So fix, dass Baumgartner-Gabitzer bereits am 18. Jänner ihr Aufsichtsratsmandat bei der APG zurückgelegt hat – um keine schiefe Optik aufkommen zu lassen. Drei Tage davor hat sie allerdings in ebendiesem Aufsichtsrat mitgestimmt, dass der Posten neu ausgeschrieben wird.

Und am 28. Februar wird der Posten auch offiziell vergeben. Dienstantritt ist allerdings erst der 1. Jänner 2014.

Angesichts der immensen Notwendigkeit eines dreiköpfigen Vorstandes für die APG ist das schon eine ziemlich lange Durststrecke. Aber auch die hat ihren Sinn.

Der Plan ist nämlich der, dass Ulrike Baumgartner-Gabitzer per Jahresmitte ihren Vorstandsjob beim Verbund quittieren wird. Und dann gibt es noch eine per Gesetz vorgeschriebene Periode von einem halben Jahr, in der sie den neuen Job nicht antreten darf. Der Netzbetreiber APG ist nämlich strikt vom Produzenten Verbund zu trennen. Ein Verbund-Vorstand darf also nicht nahtlos in die APG wechseln.

Doch auch für diese kleine Unannehmlichkeit wurde bereits Vorsorge getroffen: Ulrike Baumgartner-Gabitzer wird für die Dauer des halben Jahres einen Konsulentenvertrag erhalten. Bestens bezahlt, selbstverständlich.

Das gilt auch für ihre weitere Zukunft: Bei der APG wird sie die gleiche Gage wie beim Verbund erhalten – rund 400.000 Euro im Jahr. Deutlich mehr als das übliche Gehalt eines APG-Vorstandes.

APG-Aufsichtsratspräsident Schaschl kann das selbstverständlich alles „nicht bestätigen“. Er legt Wert darauf, dass Verbund und APG voneinander „völlig unabhängige Unternehmen“ seien, „da gibt es eine glasklare Trennung“. Für den neuen Job werde ausschließlich die Qualifikation entscheiden. Und: „Ich bin der Garant dafür, dass für die Firma die beste Lösung gefunden wird.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2013)

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