Kärnten: Geschäfte bei Freunden

(c) APA HERBERT PFARRHOFER HERBERT PFARRHOFER
  • Drucken

Die Kärntner Hypo vergab oft Kredite auf Zuruf Jörg Haiders, soviel ist bekannt. Kaum beleuchtet wurde allerdings die Rolle, die Magna-Manager wie Siegfried Wolf dabei spielten. Dabei war die gar nicht so klein.

Also doch. Am Freitag vergangener Woche hagelte es Schuldsprüche für den ehemaligen Chef der Hypo Alpe Adria, Wolfgang Kulterer, und den früheren Hypo-Manager Gert Xander.Vor zwei Jahren hatte es in der Angelegenheit noch Freisprüche gegeben, doch der Oberste Gerichtshof hob diese wegen Begründungsmängeln auf. Jetzt gab es also Haftstrafen – die allerdings noch nicht rechtskräftig sind: Kulterer und Xander haben gegen die Urteile Berufung eingebracht.

Die Sache ist also noch lange nicht gegessen. Es geht um einen Kredit in Höhe von zwei Millionen Euro, den die Kärntner Hypo Alpe Adria der steirischen Fluglinie Styrian Spirit im Jahre 2005 gewährte. Ein Jahr später schlitterte ebendiese Fluglinie in die Insolvenz, die Bank verfügte über keinerlei Sicherheiten. Eine vertrackte Geschichte, fürwahr. Und da bietet die zweite Instanz eine hervorragende Möglichkeit, Fakten zu beleuchten, die bisher elegant unter den Tisch gekehrt wurden. Fakten, die freilich höchst interessant sind und bei der seinerzeitigen Kreditvergabe eine entscheidende Rolle spielten. Zum Beispiel das äußerst enge Verhältnis, das der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider zum Management des Autozulieferers Magna pflegte.

Rückblick in das Jahr 2001: Damals wurde die Grazer HGI Beteiligungs AG gegründet. Da waren allerlei Wirtschaftstreibende dabei. An vorderster Front der ortsansässige Rechtsanwalt Reinhard Hohenberg, der sich immer schon gut auf Investments im Immobilienbereich verstand. Und Siegfried (Sigi) Wolf – damals noch als Magna-Chef Vertrauensperson von Frank Stronach. Mit Magna hatte die HGI freilich nichts zu tun, es handelte sich um ein privates Business Wolfs. Der Magna-Job sollte freilich nicht von Nachteil sein: Wolfs Atout seien, so wurde stets intern betont, die hervorragenden Kontakte zur Politik.

Das war nicht gelogen. Heute noch ist Wolf, längst nicht mehr bei Magna, sondern für den russischen Oligarchen Oleg Deripaska tätig, in Österreich ein durchaus mächtiger Mann: Er sitzt in den Aufsichtsräten von Siemens, Strabag, der Staatsholding ÖIAG sowie des Stromkonzerns Verbund. Und ist politisch bestens vernetzt.

Zurück zur HGI: Ihr Kernprojekt war die Gründung der Styrian Spirit. Ein ehrgeiziges Unterfangen: Gleich drei Flugzeuge zählte das neue Unternehmen, das im März 2003 startete. Von Businesskunden im Bereich der Automotiv-Industrie erhoffte man sich rege Nachfrage nach Flügen nach Deutschland. Doch die Firma kam nie recht vom Fleck. Noch im ersten Jahr mussten die Gesellschafter mehrere Millionen Euro Kapital nachschießen, im folgenden Jahr nochmals. Mit den Grazer Stadtwerken glaubte man schließlich, einen potenten Investor gefunden zu haben – doch denen war das Abenteuer schließlich zu riskant.

Und dann sprangen erstaunlicherweise die Kärntner ein. Für die Styrian Spirit war es nachgerade ein Glücksfall, dass Jörg Haider just in der Zeit von einem Gedanken beseelt war: Er wollte in Kärnten Arbeitsplätze mittels Betriebsansiedlungen schaffen. In regelmäßigen Abständen fanden Treffen statt, zu denen allerlei Wirtschaftstreibende eingeladen wurden. Und mit Magna gab es natürlich auch intensive Gespräche. Magna-Chef Wolf stellte Haider auch prompt die Errichtung eines Assembling-Werks im schönen Kärnten in Aussicht. Mit mehreren hundert Arbeitsplätzen.

Eine Hand wäscht klarerweise die andere. Und so dauerte es nicht lang, bis Herbert Hödl, seines Zeichens Magna-Manager und Styrian-Spirit-Aufsichtsrat, bei Haider vorstellig wurde. Hödl hatte, wie Wolf, einen guten Draht zum Kärntner Landeshauptmann. Dritter im Bunde war FPÖler Mathias Reichhold, der zu der Zeit bereits bei Magna auf der Payroll stand.

Mit einem Mal hatte Jörg Haider jedenfalls einen geradezu unglaublichen Drang, sich an der trudelnden Styrian Spirit zu beteiligen. Anfang 2005 sprach er Hypo-Chef Kulterer wegen Finanzierungsmöglichkeiten an. Der reagierte reichlich reserviert und ließ ein Gutachten vom Wirtschaftsprüfer Confida anfertigen. Doch Haider dauerte das alles offenbar zu lang – es wurde ordentlich Druck gemacht: Im April 2005 berichteten mehrere steirische Medien unisono, die Hypo werde sich an Styrian Spirit beteiligen. Kulterer dementierte empört. Worauf Haider dem Banker verärgert mitteilte, dass sich die Kärntner Tourismusholding an der Fluglinie beteiligen werde. Punkt. Kulterer bestand auf einer Landeshaftung.

Wenige Tage später erhielt die Tourismusholding die Weisung, sich zu 42,55 Prozent an Styrian Sprit zu beteiligen, die Hypo werde einen Kredit von zwei Millionen gewähren. Ohne Haftung.

Ein Jahr später schlitterte die Fluglinie in die Insolvenz. Schön blöd – vor allem für Kulterer.

Interessanterweise sollte sich das Muster kurze Zeit später wiederholen. Anderes Unternehmen, gleiches „Modell“: Auch der Therme Bad Gleichenberg gewährte die Hypo einen Kredit, diesfalls in Höhe von immerhin 35 Millionen Euro. Die Therme war im Jahre 2002 privatisiert worden, Käufer war – erraten – die HGI um Siegfried Wolf.

Die Therme hatte das Problem, dass sie zwar anstandslos an allerlei Fördertöpfe gekommen war – vom Bund kamen sechs Millionen Euro, vom Land Steiermark 8,7 Millionen. Aber beim notwendigen Kredit zierte sich die Steiermärkische Sparkasse. Es drohte ein Baustopp, was ein echtes Problem war, weil wegen der Förderzusagen bestimmte Fristen eingehalten werden mussten. Siehe da: „In überraschend kurzer Zeit gab es einen Kredit der Hypo“, erzählt ein beteiligter Investor. Dank Siegfried Wolf? Anzunehmen. Von ihm selbst gibt es dazu keine Auskünfte – für die „Presse“ war er zwecks Stellungnahme nicht erreichbar.

Für die Hypo sollte jedenfalls auch dieses „Geschäft“ nicht von Vorteil sein: Wenige Jahre später wurde ihr Kredit auf 18 Millionen hinunterverhandelt, der Rest musste wertberichtigt werden. Die aushaftenden Millionen wurden von den mittlerweile ins Boot gestiegenen Investoren Christian Köck und Hans Peter Haselsteiner übernommen. Im vergangenen Jahr schlitterte die Firma Kappa, auf die die Thermen-Immobilie übertragen worden war, in den Konkurs. Siegfried Wolf ist jedenfalls nicht betroffen: Er hat sich längst aus der HGI verabschiedet.

Zurück bleibt ein Scherbenhaufen – auch im Bundesland Kärnten: Das seinerzeit zugesicherte Magna-Werk erwies sich als „Luftschloss“, wie regionale Medien schon vor Jahren berichteten. Vor wenigen Monaten wurden dort wieder Mitarbeiter abgebaut – zuletzt waren dort bloß 65 Personen beschäftigt.

Aber auch andere von Magna gemachten Versprechungen wurden nicht eingehalten. Stichwort: Schloss Reifnitz. Ebenfalls im Jahr 2005 hatte die Gemeinde Maria Wörth – nachdem Jörg Haider Druck gemacht hatte – das Schloss um äußerst wohlfeile 6,4 Millionen Euro an Magna verkauft. Ein Schnäppchen – aber Magna hatte zugesichert, dort ein Luxushotel zu errichten. Mitnichten: Das Schloss wird heute privat von Siegfried Wolf und Stronach genutzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt mittlerweile.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.