Heimwerker wider Willen: Neuer Krieg um Praktiker

Baumarktkette Praktiker
Baumarktkette PraktikerAPA
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Zwischen der Industriellenfamilie Stepski und der Semper Constantia Privatbank tobt ein Rechtsstreit: Es geht um die Übernahmeschlacht bei der Baumarktkette Praktiker – für die Gelder der Familie verwendet wurden.

Es war zweifellos ein Höhepunkt in der Karriere der Isabella de Krassny: Im März des vergangenen Jahres wurde die damals 53-jährige österreichische Fondsmanagerin mit einem ausführlichen Porträt im deutschen „Handelsblatt“ gleichsam geadelt. „In der Alpenrepublik ist sie in Finanzkreisen ziemlich bekannt“, schrieb die Zeitung. Und: „Jetzt schickt sich Isabella de Krassny an, auch in Deutschland zu einer bekannten Größe in der Finanzbranche aufzusteigen.“

Wie das? Die zierliche Fondsmanagerin der Semper Constantia Privatbank hat der von Männern dominierten Finanzbranche gezeigt, wo der Bartl den Most holt: Sie hat Nervenstärke, Ausdauer und strategische Raffinesse bewiesen – und bei der strauchelnden deutschen Baumarktkette Praktiker die Kontrolle übernommen. Dies gelang mit der eigens gegründeten zypriotischen Investmentgesellschaft Maseltov, die sich rund zehn Prozent der Anteile sicherte. Damit hatte de Krassny bei Praktiker, der bis dahin zu 100 Prozent im Streubesitz stand, das Sagen. „Ohne mich wäre das Unternehmen gestorben“, ließ sie sich später stolz zitieren.

Fürwahr: Der damalige Praktiker-Chef Thomas Fox hatte längst einen Insolvenzantrag geplant, de Krassny verhinderte das. Auch mit tatkräftiger Unterstützung der Semper Constantia Privatbank: Das Institut hatte Investoren aufgetrieben, die bereit waren, Geld in das marode deutsche Unternehmen zu pumpen.

Worst case abgewendet, der Hype um Isabella de Krassny fand kein Ende.

Auch wenige Monate später liefen die Dinge ganz im Sinne der erfolgsverwöhnten Fondsmanagerin. Die Macht in einem Unternehmen zu übernehmen bedeutet ja vor allem, Personen des Vertrauens an die Schalthebel zu bringen. Kein Problem: Prompt wurde der Unternehmer Erhard Grossnigg Aufsichtsratspräsident bei Praktiker. Und der ebenfalls in den Aufsichtsrat berufene Armin Burger schaffte es sogar in den Chefsessel des Konzerns. So sieht ein Happy End in einer Jahre dauernden Übernahmeschlacht aus.

Wenn es denn das Ende wäre. Die Geschichte geht aber weiter. Und sie ist mittlerweile nicht mehr so schön, die Euphorie ist deutlich abgeebbt. Das erste Quartal dieses Jahres verlief jedenfalls „grauslich“, wie Praktiker-Chef Burger zu formulieren beliebte. Angeblich hat der lange Winter der Baumarktkette einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht: Der Verlust war in der Zeit größer als im Vergleichsquartal 2012. 118 Millionen machte er aus – ein Jahr davor waren es immerhin 72 Millionen. Die Aktie hat innerhalb eines Jahres 23 Prozent an Wert eingebüßt.

Und dann gibt es auch noch so eine unschöne juristische Sache. Nämlich eine Klage. Seit vergangenem Dienstag wird prozessiert. Und damit wird die ganze Angelegenheit noch ungemütlicher, als sie ohnehin schon ist.

Das liegt einerseits daran, dass der Kläger Schadenersatz von (vorerst) 533.383,19 Euro von der Semper Constantia Invest GmbH begehrt. Und es liegt auch daran, dass der Kläger nicht irgendjemand ist: Es handelt sich immerhin um die Stepski Privatstiftung.

Die Familie Stepski ist eine in Österreich bekannte alte Industriellenfamilie. Im Jahr 1851 hat sie die Papierfabrik Nettingsdorf gegründet. 1994 wurde verkauft, das nunmehrige Familienoberhaupt Ulrich Stepski brachte das Vermögen in eine Privatstiftung ein. Zwecks Sicherung des Fortbestandes des Familienvermögens. Ein Teil des Geldes – nämlich rund fünf Millionen Euro – sollte natürlich geschickt veranlagt werden. Und da kommt Fondsmanagerin Isabella de Krassny ins Spiel. Der frühere Mayr-Melnhof-Chef Michael Gröller hatte die Verbindung hergestellt. Und dann wurde munter veranlagt.

So weit jener Teil der Geschichte, über den beidseitiger Konsens herrscht. Doch dann unterscheiden sich die Versionen – und zwar massiv.

In der von Stepski-Anwalt Rudolf Fiebinger eingebrachten Klage wiegen die Vorwürfe gegen Semper Constantia schwer. Sukkus: Das Institut habe ohne Wissen, geschweige denn Segen der Stepski Privatstiftung größere Mengen Geld für die Übernahmeschlacht bei dem insolvenzgefährdeten Praktiker verwendet. Damit sei also keineswegs bloß eine „spekulative Investition in Aktien“ erfolgt, „sondern eine Art Private-Equity-Investment“. Und das sei von der Stepski Privatstiftung niemals erwünscht gewesen.

Noch schlimmer: Es seien, so die Klage, massiv Eigeninteressen verfolgt worden – für die die Stepski-Gelder herhalten mussten.

Tatsächlich ist so ein Eigeninteresse an der Machtübernahme bei Praktiker nicht von der Hand zu weisen: Semper Constantia hat quasi als Kreditvermittler fungiert, und Isabella de Krassny hat mit der zypriotischen Maseltov eine Zweckgesellschaft gegründet, die die Kontrolle bei Praktiker erlangte. Die Investoren, die hinter der ominösen Maseltov stehen, sind streng geheim. De Krassny selbst sagt nur, dass ihr Mann Alain de Krassny einer davon ist. Die mutmaßlich anderen werden in der Klage geoutet: Es sollen Erhard Grossnigg und Hans Peter Haselsteiner sein. Zufälligerweise auch jene Herren, die seinerzeit die Semper Constantia erwarben – das Nachfolgeinstitut der Constantia Privatbank.

Mehr noch: Alain de Krassny hat Ende 2012 über seine Donau Invest weitere zehn Prozent der Praktiker-Anteile übernommen.

In der Klage wird also behauptet, dass das Ehepaar de Krassny und die Semper Constantia massives Interesse an der Machtübernahme bei Praktiker hatten. Und dafür illegitimerweise ihnen anvertraute Gelder verwendeten. Wofür es auch ein weiteres Indiz gebe: Nicht nur wurden Stepski-Gelder in den Erwerb von (mittlerweile abgestürzten) Praktiker-Aktien investiert. Es wurden auch 491.620 Euro in Maseltov-Anteile gebuttert. Für Anteile, wohlgemerkt, die an keiner Börse gehandelt werden – deren Veräußerung also kaum möglich ist. Semper-Constantia-Vorstand Martin Schiller ist sich allerdings „keiner Fehlleistung bewusst“. Die Bank habe stets „im Interesse des Investors gehandelt“, der sei überdies „über jeden Schritt informiert“ gewesen.

Isabella de Krassny betont, dass sie von der Stepski Stiftung ein sogenanntes „diskretionäres Mandat“ erhalten habe. Heißt: Dem Fondsmanager wird bei der Veranlagungsentscheidung freie Hand gewährt. Die Stiftungsvorstände hätten aber „jederzeit ins Portefeuille Einblick nehmen können“. Im Übrigen sei nicht sie an die Stiftung herangetreten, im Gegenteil: Man habe sie um ihre Expertise gebeten.

Und außerdem: Praktiker habe „eine gute Überlebenschance“, man brauche nur ein bis zwei Jahre Geduld, „wir sind hier noch nicht am Ende“. Dass ein Investment „auch einmal schiefgehen kann, ist klar“. Aber so weit werde es bei Praktiker schon nicht kommen. „Wir haben ja auch unser eigenes Geld dort investiert.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2013)

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