Bauernbund-Chef Auer: „Vorwürfe sind herbeigezaubert“

Bauernbund Chef Auer
Bauernbund Chef Auer(c) Michaela Bruckberger
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Jakob Auer ist Bauernbund-Präsident. Und ein mächtiger Mann. Trotzdem fühlen sich die Bauern von ihm nicht so gut vertreten. Was Jakob Auer wiederum nicht so gut findet.

Die neue ÖVP-Bundesliste für die Nationalratswahl am 29. September. Zwei Wochen ist es her, dass Parteichef Michael Spindelegger sie stolz der Öffentlichkeit präsentierte. Zwei Wochen, in denen das Murren in der Volkspartei über die „unerklärliche Platzierung mancher Personen“ unüberhörbar war.

Jakob Auer hebt sich da wohltuend ab. Kein Wehklagen, keine Kritik. Dabei hätte der Bauernbund-Präsident wirklich jeden Grund dazu: Mit mehr als 300.000 Mitgliedern ist der Bauernbund nämlich – wie stolz auf seiner Homepage festgehalten wird – „die stärkste Teilorganisation der Österreichischen Volkspartei“. Nur: Die ÖVP-Bundesliste spiegelt das eher nicht wider. Jakob Auer hat Platz zehn ergattert. Dann, auf Platz 16, kommt Bundesbäuerin Andrea Schwarzmann. Platz 19 geht an Georg Keuschnigg, einst Direktor des Tiroler Bauernbundes.

Drängt sich natürlich die Frage auf, was denn aus den guten, alten Zeiten geworden ist? Jenen Zeiten nämlich, in denen bei den ersten Listenplätzen stets auf Ausgewogenheit der ÖVP-Bünde gepocht wurde?

Ist aber natürlich eh absolut nicht zeitgemäß. Und so findet Auer, dass der Bauernbund listentechnisch „gar nicht so schlecht“ dasteht.

Jetzt muss er nur noch seine Schäfchen davon überzeugen.

Die sehen die Sache nämlich gar nicht so locker. „Der Bauernbund driftet in die Bedeutungslosigkeit ab“, warnen viele. Und so manch einer hat auch eine Erklärung für das an sich unerklärlich schlechte Abschneiden der bäuerlichen Vertretung auf der Bundesliste: Jakob Auer habe mit der ÖVP-Spitze einen Deal ausgehandelt, wird neuerdings gern hinter vorgehaltener Hand gemutmaßt. Er wolle nämlich Nationalratspräsident werden. „Alles Unfug“, wettert Auer, dem das Gerücht auch schon zu Ohren gekommen ist. „Ich will weder Nationalratspräsident noch Minister werden.“

Und das klingt auch durchaus glaubhaft. Dass solche Gerüchte innerhalb des Bauernbundes erst entstehen, sollte ihm dennoch zu denken geben.

Es brodelt hinter den Kulissen“, sagt etwa Bernhard Weber, Chefredakteur von „Blick ins Land“ – der einzigen unabhängigen Agrarzeitung des Landes. Deshalb hat Weber kein Problem damit, zitiert zu werden. Und deshalb nennt er die Dinge beim Namen: „Die einst hochgehaltene große Einigkeit im Bauernbund gibt es nicht mehr, es gibt massive Grabenkämpfe“, sagt Weber.

Tatsächlich laufen innerhalb der bäuerlichen Vertretung die Dinge ein wenig unrund. Beispielsweise bei der leidigen Geschichte rund um die falsche Vermessung von Almflächen – weshalb zahlreichen Bauern Rückzahlungen von EU-Förderungen drohen. Da fühlen sich die Bauern im Westen des Landes, bei denen dieses Problem wirklich haarig ist, von „denen im Osten“ im Stich gelassen. Sprich: schlecht bis gar nicht vertreten.

Öl ins ohnehin lodernde Feuer goss Bauernbund-Präsident Auer dann noch Ende Mai. Damals gab er dem „Kurier“ ein Interview. Und sagte unter anderem: „Im biologischen Weinbau wird so viel Kupfer ausgespritzt, dass der Boden, würde man ihn entsorgen, Sondermüll wäre. Da wird heile Welt vorgegaukelt.“ Eine Aussage, die (wenig überraschend) bei den Biobauern – die ebenfalls ihre Heimat im Bauernbund haben – nicht so gut ankam. Es folgte ein offener Brief von Bio-Austria-Obmann Rudi Vierbauch, in dem sich dieser beklagte, dass „Bauern gegeneinander ausgespielt“ würden.

Jakob Auer will das alles nicht so eng sehen: „Mir sind alle wichtig: Biobauern und konventionelle Landwirte.“ Aber eines ist unverkennbar: Der Bauernbund-Präsident versteht durchaus zu polarisieren. Was ja an sich nichts Schlechtes ist. Nur würden sich viele Bauernbund-Mitglieder wünschen, dass er weniger intern, sondern eher mit der Vertretung bäuerlicher Anliegen aneckt. Im Parlament etwa. Oder in der Volkspartei.

Jakob Auer ist seit November 2011 Bauernbund-Präsident. Er ist zweifellos ein Machtmensch, der zuletzt mit rekordverdächtigen Nebeneinkünften in Höhe von monatlich über 10.000 Euro brutto Schlagzeilen machte – zusätzlich zu seinen Abgeordnetenbezügen. Er ist Mitglied in neun Ausschüssen des Nationalrats, er ist Ersatzmitglied in vier weiteren Ausschüssen. Daneben ist er Vorstandsmitglied des Raiffeisenverbands Oberösterreich und sitzt in vier Aufsichtsräten – zum Beispiel bei der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, wo er das Gremium sogar präsidiert.

Da kann einem die Zeit schon knapp werden.

Auer fiel zuletzt vor allem mit parlamentarischen Anfragen zum Streit zwischen der Stadt Linz und der Bawag wegen des missglückten Swaps auf. Oder zu den ÖBB. Agrarische Themen waren da nicht dabei. „Das brauch ich auch nicht“, sagt Auer, „weil ich bin ja eh an vorderster Front dabei.“

Was uns zum nächsten Kritikpunkt bringt: „Dabei sein“ würde wohl auch bedingen, dass der Bauernbund-Präsident regelmäßig an den wöchentlichen Ministerratsvorbesprechungen der ÖVP teilnimmt. Einfach so, um politische Akzente zu setzen. „Ich war anfangs nicht dabei, weil ich mich erst einarbeiten musste“, sagt Auer, „aber jetzt bin ich sicher öfter als einmal im Monat dort.“ Nachsatz: „Es gibt Leute, die seltener bei den Vorbesprechungen sind.“

Und dass der Bauernbund anlässlich der Hochwasserkatastrophe so zurückhaltend war, dafür gibt es natürlich auch eine Erklärung: „Soll ich etwa den regionalen Politikern die Meldungen abstechen?“, fragt Auer. „Ich bin eben ein Teamworker.“ Zum besseren Verständnis: Während der Tage des Hochwassers gab es rund 540 öffentlich ausgesandte Pressemeldungen. Eine davon stammte vom Bauernbund, der Hilfe für betroffene landwirtschaftliche Betriebe forderte. Das war's.

Jakob Auer bleibt dabei: Im Bauernbund gebe es keine Probleme, geschweige denn Grabenkämpfe. „Die Vorwürfe sind herbeigezaubert.“ Mit welchem Motiv? „Offensichtlich will jemand Bauernbund-Präsident werden.“

Daraus wird aber eh nichts. Vor wenigen Tagen wurde im Bauernbund festgelegt, dass Auer im Herbst – noch vor den Nationalratswahlen – als Präsident für die nächsten vier Jahre bestätigt werden soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2013)

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