Jobvergabe auf Österreichisch

(c) Michaela Bruckberger
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Ulrike Baumgartner-Gabitzer musste ihren Posten als Verbund-Vorstand verlassen und ist jetzt Chefin des Netzbetreibers APG. Die Chronologie einer Jobrochade im staatlichen Bereich. Mit allem, was dazugehört.

Sie hat ihren neuen Job diese Woche angetreten. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ist jetzt Chefin der Firma APG, einer Tochtergesellschaft des Stromkonzerns Verbund. Die Übernahme des Chefsessels erfolgte ohne großes Aufheben. Sang- und klanglos.

Das ist insofern überraschend, als vor genau einem Jahr noch helle Aufregung über die Rochade herrschte. Aber in Österreich hat das ja nachgerade Tradition: Über politische Mauscheleien regt man sich im Vorfeld gut und gerne auf. Wenn sie dann passieren, werden sie achselzuckend hingenommen.

Dabei hat es sich die „Causa Baumgartner-Gabitzer“ keineswegs verdient, zu den Akten gelegt zu werden. Dazu sind die Vorkommnisse viel zu spannend. Nämlich jene, die sich vor einem Jahr ereignet haben. Aber auch jene der vergangenen Wochen.

Wir rekapitulieren: Vor einem Jahr sah sich der Verbund-Konzern mit einem höchst unangenehmen Problem konfrontiert. Für die vier Vorstände des überwiegend staatlichen Konzerns standen Vertragsverlängerungen an. Und eines war klar: Das Unternehmen benötigt dringend ein Vorstandsmitglied, das auf den Bereich Finanzen spezialisiert ist. Keiner der vier Vorstände kam dafür infrage. Also musste einer gehen.

Die Entscheidung war rasch getroffen. Das sprichwörtliche Bummerl hatte die einzige Frau im Vorstand – Ulrike Baumgartner-Gabitzer.

Dies könnte auch schon das Ende der Geschichte sein – würde es sich nicht um einen Staatskonzern handeln. Und da gelten erfahrungsgemäß andere Regeln.

Flugs wurde also bei der Tochter APG, dem größten Stromnetzbetreiber des Landes, ein dritter Vorstandsposten geschaffen. Baumgartner-Gabitzer bewarb sich – zumal sie in den vergangenen Jahren im Verbund für die APG zuständig gewesen war – und bekam den Job.

Auch an dieser Stelle könnte die Geschichte (mit einem zugedrückten Auge) noch ein halbwegs gütliches Ende finden. Ist aber nicht.

Das wiederum liegt an den Plänen, die im Verbund diskret gewälzt wurden. Baumgartner-Gabitzer hatte sich ja nichts zuschulden kommen lassen, weder fachlich noch persönlich. Dass sie einst Kabinettschefin von Wolfgang Schüssel war, konnte natürlich auch nicht völlig außer Acht gelassen werden.

Also einigte man sich auf folgenden Modus vivendi: Baumgartner-Gabitzer muss finanziell keine Abstriche machen. Sie darf weiterhin mit ihrer Verbund-Gage rechnen. Ein höchst großzügiges Entgegenkommen: Laut jüngstem Einkommensbericht des Rechnungshofes liegt das durchschnittliche Gehalt eines APG-Vorstands bei 295.700 Euro im Jahr. Beim Verbund sind es 819.200 Euro. Das macht schon was her.

Weiters wurde Baumgartner-Gabitzer ein halbjähriger Konsulentenvertrag angeboten. Aus folgenden Gründen: Der Netzbetreiber APG ist von Gesetzes wegen strikt vom Stromproduzenten Verbund zu trennen. Ein Verbund-Vorstand darf also nicht nahtlos in die APG wechseln, eine sogenannte Cooling-off-Periode von einem halben Jahr ist erforderlich. Baumgartner-Gabitzer musste also ihren Verbund-Vertrag Mitte 2013 auflösen. Zur finanziellen Überbrückung sollte sie dem Konzern in der zweiten Jahreshälfte als Konsulentin erhalten bleiben. Zu vollen Bezügen, versteht sich.

Alles geregelt also.

Wie sich jetzt aber herausstellt, war das ausgeklügelte Unterfangen ein wenig problematisch in der Umsetzung. Zuerst hatte der APG-Aufsichtsrat, der das Ganze absegnen musste, den einigermaßen aufgebrachten Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner am Hals. Formal ist er zwar Eigentümervertreter des Verbund-Konzerns, bei der APG hat er allerdings kein Durchgriffsrecht. Es blieb ihm also nur, den Aufsichtsrat eindringlich auf die höchst problematische und heikle Angelegenheit hinzuweisen. Was Mitterlehner auch tat – via E-Mail.

Es nutzte nichts. Ende Februar 2013 bestellte der APG-Aufsichtsrat Baumgartner-Gabitzer zur neuen Vorstandsvorsitzenden. Wiewohl beim ursprünglichen Plan einige Abstriche gemacht werden mussten.

Aus der halbjährigen Konsulententätigkeit wurde beispielsweise nichts. Da hatte der unabhängige Energieregulator sein Veto eingelegt. Aus verständlichen Gründen: Die seltsame Konstruktion widerspricht eindeutig dem gesetzlich vorgeschriebenen Cooling-off.

Bei der Höhe ihres APG-Gehalts scheint es auch gewisse Abstriche gegeben zu haben. Dennoch ist es immer noch deutlich höher als das der anderen beiden APG-Vorstände. Genaueres weiß man freilich nicht. Baumgartner-Gabitzers Jahresgehalt wird von der APG derzeit zumindest nicht bekannt gegeben. „Die Vorstandsbezüge werden wie gehabt im nächsten Geschäftsbericht veröffentlicht“, sagt ein APG-Sprecher. Man wird sich also ein gutes Jahr gedulden müssen. Und selbst dann wird lediglich die Summe aller Vorstandsgagen bekannt gegeben.

Damit es bis dahin zu keinen Indiskretionen kommt, wurde ebenfalls vorgebaut. Auf Betreiben des Verbund-Konzerns wurde die Personalverrechnung der APG an den Wirtschaftsprüfer Deloitte ausgelagert. Allerdings ausschließlich die Verrechnung für den Vorstand. Klar: Im Verbund wird das ebenso gehandhabt. Freilich bereits seit den Neunzigerjahren. Dass dies jetzt auch bei der APG so gemacht wird, kann natürlich Zufall sein. Das Timing ist aber zumindest höchst seltsam.

Ebenso merkwürdig das Faktum, dass APG-Aufsichtsratsvorsitzender Erhard Schaschl vor wenigen Wochen zurückgetreten ist. Still und heimlich – öffentlich wurde darüber jedenfalls nichts kommuniziert. Der Rücktritt erfolgte aus gesundheitlichen Gründen, lautet jetzt die offizielle Begründung. Weil er die Direktiven aus dem Verbund-Konzern nicht mehr verantworten wollte, so die inoffizielle. Aber auch hier gilt: Genaueres weiß man nicht. Es wird rundum eisern geschwiegen.

Norbert Hofer, Dritter Nationalratspräsident und Energiesprecher der FPÖ, hat sich in der Angelegenheit jedenfalls an den Rechnungshof und an den Regulator E-Control gewandt. Vielleicht kommt dann etwas mehr Licht ins Dunkel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2014)

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