Michael Spindelegger, allein zu Haus

HYPO GIPFEL: SPINDELEGGER
HYPO GIPFEL: SPINDELEGGERAPA/ROLAND SCHLAGER
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Im Finanzministerium hatte Michael Spindelegger einen denkbar schlechten Start: Maria Fekter hat ihm ein leer gefegtes Büro hinterlassen. Dafür hat sie Vertraute in wichtige Positionen befördert.

Die Mitarbeiter des Finanzministeriums erhielten vor wenigen Tagen eine recht ungewöhnliche Einladung. Von ihrem Chef, per Videobotschaft. Finanzminister Michael Spindelegger will ihnen am kommenden Donnerstag um zehn Uhr seine „Ideen und Visionen für die kommenden fünf Jahre“ darlegen. Wer nicht die Möglichkeit hat, zu besagtem Termin ins Dachfoyer des Ministeriums zu kommen, braucht sich nicht zu grämen: Mitarbeiter in den Finanzämtern beispielsweise können das denkwürdige Ereignis via Livestream verfolgen. Fragen an den Minister sind gestattet – sofern sie vorher eingereicht werden.

Die Botschaft ist jedenfalls klar. Sie lautet: Es weht ein neuer Wind in der Himmelpfortgasse. Spindelegger versucht sich bodenständig zu geben – als „Chef zum Angreifen“. Hin und wieder wird er ja auch in der hauseigenen Kantine beim Mittagessen gesehen.

Keine Frage: Spindelegger versucht, im Haus Sympathien zu gewinnen. Man kann es ihm nicht verdenken: So ein Wechsel an die Spitze des mächtigen Finanzministeriums ist grundsätzlich kein Spaziergang, das werden wohl alle, die vor Spindelegger das Vergnügen hatten, anstandslos bestätigen. Karl-Heinz Grasser hat das noch mühelos hingekriegt – die Beamten waren von seinem saloppen Managerstil richtiggehend angetan. Wilhelm Molterer, Josef Pröll und Maria Fekter hatten es da schon schwerer. Aber nach und nach hat sich die Sache für sie dann doch eingerenkt.

Und Spindelegger? Das ist nach so kurzer Zeit natürlich kaum zu beurteilen. Sein Start ist jedenfalls denkbar schlecht. Das wiederum liegt – wie könnte es in der ÖVP auch anders sein – an seiner Parteikollegin und Vorgängerin Maria Fekter.

Als diese am 16. Dezember Michael Spindelegger vor versammelter Beamtenschaft das Finanzministerium übergab, konnte sie es nicht verbergen: Der Abschied fiel ihr ausgesprochen schwer. Wenig hilfreich war dabei auch, dass Spindelegger ihre Ablöse alles andere als elegant und respektvoll orchestriert hatte. Trotzdem: Fekter hielt sich tapfer an die Konventionen. Sie überreichte ihm als Abschiedsgeschenk die aktuelle „Eröffnungsbilanz“ des Bundes. Und den Schlüssel zum Ministerium, den sie seinerzeit von ihrem Vorgänger Josef Pröll erhalten hatte.

Ein Geschenk der besonderen Art gab es allerdings später, unter Ausschluss der Öffentlichkeit: Spindelegger fand ein besenreines Büro vor. Im wahrsten Sinne des Wortes: keine Ordner, keine Unterlagen, keine Computerdateien. „Das war so wie seinerzeit die Übergabe des Finanzministeriums von den Roten an die schwarz-blaue Regierung“, erzählt einer. Nur, dass diesmal die Übergabe von einer Wirtschaftsbündlerin an einen ÖAABler erfolgte. Offenbar gleichermaßen brutal.

Das ist atmosphärisch natürlich einigermaßen belastend. Da hätte Spindelegger wohl liebend gerne nur die „Probleme“ seines Staatssekretärs Jochen Danninger gehabt. Der war auf der Suche nach einem probaten Büro rasch fündig geworden – er hatte das Zimmer des ehemaligen SPÖ-Staatssekretärs Andreas Schieder für sich auserkoren. Nur: Dort hatte sich seine SP-Kollegin Sonja Steßl bereits einquartiert. Nach kurzem Hickhack setzte sich Danninger durch, Steßl musste übersiedeln.

Spindelegger hingegen muss sich weiter ärgern. Allerdings nicht bloß über die fehlende Büro-Infrastruktur, das wäre ja noch irgendwie zu verkraften. In Wahrheit hat Maria Fekter recht perfide Vorsorge für die Zeit danach getroffen. Und Spindelegger jede Menge interne Zores hinterlassen. Zores, die seine Hausmacht massiv beeinträchtigen.

Fekter hat nämlich vor ihrer Ablöse – husch, husch – diverse Personalrochaden veranlasst: Ihr Kabinettschef Gerhard Zotter, den sie aus dem Innenministerium mitgebracht hatte, wurde flugs Chef der Präsidialsektion. Ihm als Gruppenleiter zur Seite gestellt wurden Ulrike Danzmayr und Wolfgang Eder. Ebenfalls aus dem Kabinett Fekter und also deren Vertraute.

Im Kabinett Spindelegger wird diese Sektion mittlerweile als „das große Widerstandsnest“ bezeichnet. Aber es ist nicht das einzige.

Im Finanzministerium gibt es nämlich auch zwei Lager betreffend der weiteren Vorgangsweise bei der Kärntner Hypo Alpe Adria. Auf der einen Seite: Die Fekter-Getreuen, die einer Insolvenz der Skandalbank viel abgewinnen könnten. Auf der anderen: die Spindelegger-Adepten. Das sind vornehmlich seine Kabinettsmitarbeiter vom Außenministerium, die er allesamt ins Finanzministerium mitgenommen hat. Und sie vertreten naturgemäß den Standpunkt ihres Chefs. Der da lautet: Eine Insolvenz kommt absolut nicht infrage.

Stimmungstechnisch sind das also nicht gerade die besten Voraussetzungen, um ein so wichtiges Ressort zu führen. Spindelegger-Leute, Fekter-Leute – alle unter einem Dach: Kann das gut gehen? Es sieht nicht danach aus. Zu der ohnehin schwierigen, intrigengeschwängerten Situation, zum internen Machtkampf kommt nämlich noch ein weiteres Problem: Spindelegger und sein mitgebrachtes Team sind bei der alteingesessenen Beamtenschaft des Ministeriums generell nicht sonderlich gut angeschrieben. Und das hat fachliche Gründe.

Unter den Beamten wird hämisch hinter vorgehaltener Hand von den „Finanz-Lehrlingen“ gesprochen – gemeint sind vor allem der Minister sowie seine beiden Staatssekretäre. Eine vor Kurzem stattgefundene Sitzung im Haus spricht jedenfalls Bände. Dort machte der mächtige Leiter der Budgetsektion, Gerhard Steger, auf ein Problem aufmerksam: Durch die neue GmbH light kommt es zu beträchtlichen Einbußen bei den Steuereinnahmen. Spindelegger war ratlos. Seine Vertrauten detto. Was tun? Steger machte einen Vorschlag: Die ermöglichte Reduktion des GmbH-Stammkapitals sollte einfach rückgängig gemacht werden. Spindelegger nahm den Vorschlag dankbar an. Der Rest ist Geschichte: Seitdem hat der ÖVP-Chef seinen aufgebrachten Wirtschaftsbund am Hals.

Womit wir bei einem weiteren Problem wären: Spindeleggers Dreifachbelastung. Er ist natürlich nicht nur Finanzminister, sondern auch ÖVP-Chef und Vizekanzler. Keine einfachen Jobs, alle drei. Für den Spagat muss man schon ordentlich gelenkig sein.

Mitarbeiter des Finanzministeriums rechnen übrigens damit, dass sich Spindeleggers Probleme schon bald in Luft auflösen werden. Die meisten gehen davon aus, dass er nach den EU-Wahlen im Mai nach Brüssel weggelobt wird – als EU-Kommissar.

Womit seine am Donnerstag vorgetragenen Visionen für die nächsten fünf Jahre irgendwie obsolet wären. Auch schon egal.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2014)

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