Politische Planspiele in der ÖIAG

SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer und ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner
SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer und ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold MitterlehnerAPA/HANS KLAUS TECHT
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Proporz. Der Aufsichtsrat der Staatsholding wird neu besetzt, beim Vorstand könnte es ebenfalls zu Neuerungen kommen. Große Überraschung: Der Proporz führt Regie.

Nicht, dass die Latte sonderlich hoch gelegen wäre. Trotzdem: Das Kapitel „Privatisierungen" im Koalitionsabkommen, das Mitte Dezember 2013 vorgelegt wurde, ist einigermaßen enttäuschend. Wir erinnern uns: Zu dem Thema gibt es wenige schlanke Sätze, die nicht einmal ein A4-Blatt füllen. Lauter vage Andeutungen, nichts Konkretes.

Doch Obacht, es tut sich etwas! Nein, nicht bei den Privatisierungsplänen, Gott bewahre. Vielmehr wird schon heftig am Umbau der seinerzeitigen „Privatisierungsholding" ÖIAG gearbeitet. Die Regierung zeigt damit eindrucksvoll, wo ihre Prioritäten liegen. Bei der Besetzung von Posten nämlich.

Neubesetzung

Schritt eins dazu soll bereits im Juni erfolgen: Der ÖIAG-Aufsichtsrat wird nicht nur personell vergrößert, er wird auch völlig neu besetzt. Dies soll schon in den kommenden Wochen im Rahmen eines Budgetbegleitungsgesetzes in die Wege geleitet werden.
Hintergrund des Großreinemachens ist der: Unter dem früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser sollte der ÖIAG-Aufsichtsrat frei von jedem politischen Einfluss werden. Also wurde die sogenannte Selbsterneuerung eingeführt. Heißt: Läuft das Mandat eines Aufsichtsratsmitgliedes ab, dann bestimmen die restlichen Mitglieder den Nachfolger.

Klingt gut, brachte aber jede Menge Ernüchterung. Denn mittlerweile ist aus dem Gremium eine Art Freunderlpartie geworden. Einer empfahl - wie das Leben so spielt - den anderen, und somit besteht der Aufsichtsrat zu einem Gutteil aus Jagdfreunden, die entweder der Papier- oder der Autobranche angehören. Nett und gemütlich, einerseits. Andererseits: kein wirklich ernst zu nehmendes hartes Kontrollgremium.

Dass sich das mit einem neuen ÖIAG-Aufsichtsrat ändern wird, darf allerdings bezweifelt werden. Egal: Die Regierung schreitet zur Tat. Ursprünglich ist vereinbart worden, dass die ÖVP in dem Gremium die Mehrheit bekommen soll. Doch das ist schon wieder Makulatur. Halbe-halbe, lautet jetzt die Devise: Die SPÖ hat offenbar höchst geschickt das Machtvakuum in der Volkspartei ausgenützt. In SPÖ-Kreisen wird jedenfalls erzählt, dass jede Regierungspartei die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder nominieren wird.

Ungelöste Probleme

Lustig sind die Details, die die SPÖ dazu preisgibt, und die mittlerweile auch von ÖVPlern bestätigt werden. Demnach ist die Vereinbarung über die brüderlich-schwesterliche Aufteilung des ÖIAG-Aufsichtsrates zwischen SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer und ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zustande gekommen. Was höchst verwirrend ist: Immerhin ist es in der ÖVP Finanzminister Michael Spindelegger, der für die ÖIAG zuständig ist. Läuft da wieder einmal eine parteiinterne Intrige? Oder wird da bloß Zwietracht gesät?
Jedenfalls wird erzählt, dass Mitterlehner versuche, die Ressortzuständigkeit für die ÖIAG zu ändern: Nicht mehr das Finanz-, sondern sein Wirtschaftsministerium soll für die ÖIAG verantwortlich sein. Dazu sei er bereit, mit der SPÖ zu paktieren. Was im Büro Mitterlehners dementiert wird: Er führe keine Verhandlungen. „Verschiedene Personen wünschen das", heißt es lakonisch, „da ist aber noch alles offen."

Genauso offen wie einige noch ungelöste Probleme. Zum Beispiel: Wer soll Präsident des ÖIAG-Aufsichtsrates werden? Ein fürwahr haariges Problem. Zwei Präsidenten wären proporztechnisch ideal. Geht aber blöderweise nicht.
Der Posten war jedenfalls in den vergangenen Jahren stets tiefschwarze Domäne. Derzeit ist der Industrielle Peter Mitterbauer Präsident, vor ihm war es der Industrielle Alfred Heinzel. Und jetzt? Die SPÖ hat bereits Interesse an dem Posten angemeldet, ist aber zu Verzicht bereit - sofern der jetzige ÖIAG-Chef Rudolf Kemler aus dem Vorstand entfernt wird.

Das dürfte sich machen lassen. Der frühere Hewlett-Packard-Manager Kemler ist zwar erst seit November 2012 in Amt und Würden, dies allerdings nicht zur uneingeschränkten Begeisterung aller. Schon seine seinerzeitige Bestellung hat in der ÖVP für Zwist und Hader gesorgt. Dies deshalb, weil die damalige Finanzministerin Maria Fekter sich richtiggehend auf ihn kapriziert - und die Präferenzen von Parteichef Spindelegger schlichtweg ignoriert hat.

Dazu kommt, dass die Performance Kemlers als ÖIAG-Chef auch nicht gerade Begeisterungsstürme hervorruft. Vor allem in seiner Funktion als Aufsichtsratschef der skandalgebeutelten Telekom Austria wird Kemler viel kritisiert. Hier brauchte es einen harten Durchgreifer, heißt es. Und das sei Kemler - der Techniker und nicht Finanzer ist - eher nicht. Aufregung gab es zuletzt, als ein Swap-Desaster der Telekom, das den Konzern gut 65 Millionen Euro kostet - in einer Aufsichtsratssitzung ganz zum Schluss, unter dem Tagesordnungspunkt „Allfälliges" präsentiert wurde.

Außerdem sei Kemler viel zu wenig präsent und viel zu oft im Ausland unterwegs, so die Kritiker. Intern trägt er bereits den Spitznamen „Meilen-Rudi".

Der derzeitige Plan sieht also so aus: Kemler soll mit einer anderen, weniger wichtigen Funktion in der ÖIAG betraut werden - etwa der finanziellen Unterstützung von Start-up-Unternehmen. Zu vollen Bezügen, versteht sich.
Und damit täten sich neue Möglichkeiten auf. Jawoll: Es würde ein Posten frei. Nicht nur das: Weil die Regierung mit der Staatsholding ÖIAG noch Großes vorhat, kann da auch ruhigen Gewissens noch ein zweiter Vorstand für die ÖIAG installiert werden. Dass jede Regierungspartei einen Kandidaten nominieren darf, versteht sich natürlich von selbst.

Argumentieren lässt sich ein zweiköpfiger Vorstand damit, dass in die ÖIAG bis zum Jahresende zu den jetzigen Beteiligungen (Telekom, Post und OMV) zwei weitere kommen sollen: nämlich die Staatsanteile am Stromkonzern Verbund sowie die Anteile der Münze Österreich an den Casinos Austria.

Doch wer soll ÖIAG-Vorstand werden? Das ist noch relativ unklar. Die SPÖ wünscht sich den früheren OMV-Chef und Beamtenstaatssekretär Wolfgang Ruttenstorfer - doch der ziert sich noch. Und seitens der ÖVP wäre wohl der frühere steirische Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl der logische Kandidat.

Er hatte ja 2012 dank parteiinterner Querelen den Kürzeren gezogen. Strahlender Sieger war damals Rudolf Kemler.

(Die Presse. Printausgabe vom 15.2.2014)

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