Hypo: Ein Fest für die Berater

Fekter und Spindelegger
Fekter und Spindelegger(c) APA/ROBERT JÄGER
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Schon im Sommer 2011 urgierte der damalige Vorstand der Hypo Alpe Adria die Schaffung einer Bad Bank. Was passierte? Nichts – abgesehen davon, dass immer wieder neue Aufträge an Berater ergingen.

Vor einer Woche war Finanzminister Michael Spindelegger ziemlich sauer. In einer Stunden dauernden Sitzung hätte ihm der Vorstand der Hypo-Alpe-Adria-Bank konkrete Zahlen präsentieren sollen. Zahlen über den genauen Finanzbedarf bis zur Gründung der Abbaugesellschaft nämlich. Doch sie kamen nicht.

Gestern, Freitag, zunächst das gleiche Spiel. Stundenlanges Rätselraten. Doch kurz nach 14 Uhr wurde es offiziell: Bis zu 1,43 Milliarden Euro sind notwendig. Freilich wird Spindelegger darob auch alles andere als erfreut sein.

Es hätte weitaus billiger kommen können. Hätte man bloß früher gehandelt. Zeit ist nämlich im Falle der Hypo tatsächlich Geld. Doch die Entscheidung, eine Hypo-Abbaugesellschaft zu gründen, erfolgte erst vor einer Woche – mehr als vier Jahre nach der Notverstaatlichung der Bank.

Gar nicht gut. Denn eine Bad Bank hat ja einen nicht unwesentlichen Sinn: Hat eine Bank, wie die Hypo, eine Vielzahl an notleidenden Krediten, verliert sie das Vertrauen von Geschäftspartnern und Kunden, weil die Bonität der Bank bedroht ist. Es gilt also, die faulen Kredite der Bank auszulagern. „Das ist wie ein Obstkorb mit einem faulen Apfel“, beschreibt das ein Banker. „Wenn der nicht rasch entfernt wird, wird das restliche Obst auch sehr schnell faul.“

Die Dinge gehören also getrennt. Und zwar schleunigst. Beispiel Slowenien: Hier wurde Ende 2013 eine Bad Bank gegründet, ein Jahr zuvor war das Problem notleidender Kredite mehrerer Geldinstitute virulent geworden. Auch die deutsche Hypo Real Estate (HRE) ist ein vorbildliches Beispiel: Im Herbst 2008 war sie in Schieflage geraten und verstaatlicht worden. Mitte 2010 wurde die Abwicklungsgesellschaft gegründet.

Die HRE ist deswegen ein besonders interessantes Beispiel, weil es seinerzeit natürlich auch dem Hypo-Vorstand rund um Gottwald Kranebitter zu Ohren gekommen war. Im August 2011 präsentierte also der Hypo-Vorstand der damaligen ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter die HRE-Story. Doch Fekter war davon ganz und gar nicht angetan, weil sie sich vor einer Erhöhung der Staatsschulden via Bad Bank fürchtete. Und so kam es zu keiner Entscheidung.

Naja, Entscheidungen gab es natürlich schon: Es wurden Berater beauftragt. Jede Menge.

Wenn irgendjemand Freude am Hypo-Desaster hat, dann sind das die Berater. Derer wurden nämlich wirklich viele engagiert, alle mit der gleichen Aufgabe: Sie sollten darstellen, wie die Hypo möglichst steuergeldschonend aus dem Dreck gezogen werden kann.

Bis es so weit war, vergingen freilich zwei Jahre. Doch dann hagelte es geradezu Aufträge. Ab Mitte 2013 beauftragte die Hypo das deutsche Bankhaus Lampe. Dann kam die Sachsen Asset Management GmbH zum Zug. Beide entwickelten Konzepte für die Installierung einer Bad Bank, die rechtliche Beratung übernahm die Wiener Anwaltskanzlei CHSH. Alles leere Kilometer, sieht man von den Honoraren ab. Fekter war nicht bereit, darüber zu reden.

Derweil ist das Problem Hypo immer größer geworden. Internen Hypo-Berechnungen zufolge hätte man sich – so man 2013 aktiv geworden wäre – 1,2 Milliarden Euro an Beteiligungsabschreibungen erspart. Und eine Milliarde an Kapitalanforderungen.

Macht nichts, es wurden weitere Expertisen in Auftrag gegeben. Noch in der Ära von Maria Fekter wurde der Managementberater Oliver Wyman engagiert – Gerüchten zufolge hatte allerdings nicht Fekters Büro, sondern der Chef der Finanzprokuratur und Leiter der CSI Hypo, Wolfgang Peschorn, den Auftrag dazu gegeben. Auch egal: Das Papier, das im vergangenen Dezember vorgelegt wurde, landete in der Schublade. Das gleiche Schicksal hatte eine Expertise der von Finanzminister Spindelegger beauftragten Beraterfirma ZEB. Sukkus beider Papiere: Eine Hypo-Insolvenz wäre für die Steuerzahler die günstigste Option.

Doch politisch ist eine Insolvenz nicht opportun. Also wurden weitere Berater engagiert. Motto: irgendwann wird schon „das Richtige“ herauskommen – koste es, was es wolle.

Also gab es noch den Auftrag an WU-Professor Michael Potacs für ein Gutachten über die rechtlichen Konsequenzen einer Insolvenz. Und, nicht zu vergessen: Vor wenigen Wochen wurde der Deutsche Dirk Notheis als Berater engagiert. Seine Bestellung war, nebstbei bemerkt, einer der Gründe für den Rücktritt von Taskforce-Chef Klaus Liebscher.

Doch das ist noch das geringste Problem rund um Notheis' Bestellung. Gravierender ist da schon, dass Notheis in seiner Heimat Deutschland politische und rechtliche Zores am Hals hat: Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach der seinerzeitigen Verstaatlichung des Stromkonzerns EnBW wegen des Verdachts der Untreue – Notheis hatte damals als Chef von Morgan Stanley die Fäden gezogen. Und obendrein stolperte der damalige CDU-Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, über die Affäre.

Kein Wunder, dass deutsche Konservative auf Notheis nicht gut zu sprechen sind. Vor allem Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, der sich auch noch über Notheis' Seitenwechsel echauffiert: Notheis hat seinerzeit die BayernLB bei der Hypo-Notverstaatlichung beraten. Blöd, dass die Österreicher den Sanktus der Bayern zur Hypo-Abbaugesellschaft benötigen – die Gesprächsbasis ist dank dem neuen Spindelegger-Berater nicht die beste.

Mittlerweile ist auch nicht ganz klar, in welchen Fragen Notheis Spindelegger überhaupt berät. Denn kurz nach seiner Bestellung wurde die Hypo-Abbaugesellschaft ohnehin beschlossen.

Jetzt heißt es im Finanzministerium, dass Notheis' Arbeit im Großen und Ganzen erledigt sei. Notheis gilt freilich inoffiziell als Leiter des Projekts Abbaugesellschaft, das bis zum 1. September unter Dach und Fach sein soll. Für die rechtliche Beratung wurde die international tätige Kanzlei Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom engagiert.

Schweigsam gibt sich das Finanzressort auch zu den Kosten für die zahlreichen Berater: „Das wird nicht kommuniziert“, heißt es lapidar. Als Richtschnur können jedenfalls die Kosten der seinerzeit von der Hypo beauftragten Berater dienen: Für Expertisen, die sich mit der Bad Bank beschäftigten, wurden rund 2,5 Millionen Euro verrechnet.

Verglichen mit den Milliarden, die die Hypo verschlingt, sind das natürlich Peanuts. Andererseits: Dafür, dass sie in der Rundablage landeten, doch ganz schön teuer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2014)

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