Ein Präsident als Kriegserklärung

Porträt. Er ist das enfant terrible der SPÖ: Gilbert Frizberg, neuer Verbund-Präsident, gilt als treuer Diener der ÖVP. Von der Partei hat er sich jetzt zwar offiziell verabschiedet. Die Aversion gegen die „Roten“ ist aber geblieben.

Von dem Job hat er sich Ende der Woche verabschiedet. Nach vielen Jahren hat Gilbert Frizberg seine Funktion als Finanzreferent der ÖVP Steiermark zurückgelegt. „Es ist richtig, das nicht mehr zu machen“, sagt er lapidar. Und: „Ich lege Wert darauf, die Dinge auseinander zu halten.“

Die „Dinge“ sind nämlich so: Vor zwei Wochen wurde Frizberg zum Präsidenten des Aufsichtsrates der Verbundgesellschaft gewählt. Und im mehrheitlich staatlichen Stromkonzern hat Politik nichts verloren. Das kann in Zeiten wie diesen nicht oft genug betont werden. Sonst könnte ja ein völlig falscher Eindruck entstehen.

Trotzdem lässt es sich nicht kaschieren: Im Verbund-Konzern ist es schon lange nicht so politisch zugegangen wie jetzt. So hat es wegen der Neubesetzung des Konzern-Vorstands einen ungeniert offen ausgetragenen Kampf zwischen ÖVP und SPÖ gegeben. Mit echt bemerkenswertem Ergebnis: Im künftigen Vierer-Vorstand sitzen gleich drei ehemalige Polit-Sekretäre. Der langjährige Vorstand Hannes Sereinig war einst im Kabinett von SP-Bundeskanzler Franz Vranitzky; Ulrike Baumgartner-Gabitzer (seit Herbst im Vorstand) war Kabinettschefin von VP-Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel; und der künftige Verbund-Vorstand Christian Kern war Sekretär von SP-Klubobmann Peter Kostelka.

Und jetzt ist erstmals auch ein Ex-Politiker an der Spitze des Verbund-Aufsichtsrates: Frizberg war von 1984 bis 1991 ÖVP-Abgeordneter zum Nationalrat, dann war er mehr als zwei Jahre lang ÖVP-Landtagsabgeordneter in der Steiermark. Ein Novum: Frizbergs unmittelbare Vorgänger wurden zwar auch dem bürgerlichen Lager zugeordnet, Politiker waren sie aber nie – Erhard Schaschl war zuvor Chef des Wienerberger-Konzerns, Herbert Krejci Generalsekretär der Industriellenvereinigung.

Unschwer zu erraten, was die SPÖ von dem 51-Jährigen hält. In der Partei erfährt man über Frizberg jedenfalls wenig Schmeichelhaftes: Vom „ÖVP-Handlanger“ ist da die Rede, vom „SPÖ-Hasser“, vom „Partei-Apparatschik“.

Die SPÖ macht aus ihrer Aversion gegen Frizberg, der schon seit Jahren im Verbund-Aufsichtsrat sitzt, neuerdings kein Hehl – und offenbar war genau das ihr entscheidender strategische Fehler. Denn Frizberg ist mit dem ebenfalls steirischen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein eng befreundet. So eng, dass manche sogar von „Seelenverwandtschaft“ sprechen – für gemeinsame Urlaube reicht es aber allemal. Und Bartenstein ist erstens Eigentümervertreter des Verbund-Konzerns und zweitens kein Mann, der sich seine Personalpolitik von den „Roten“ diktieren lässt. Wär ja noch schöner. Also avancierte Frizberg hurtig zum Chef des Verbund-Aufsichtsrates. Angeblich haben beide nach diesem Coup auch noch privat gefeiert – doch das könnte auch bloß SP-Polemik sein.

Frizberg ist die personifizierte Kriegserklärung der ÖVP an den Koalitionspartner SPÖ. Und irgendwie scheint er sich in der Rolle zu gefallen. „Die Intrige beherrscht er schon gut und gerne“, erzählt einer seiner Parteifreunde. Wenn die Intrige auch noch mit beruflichem Fortkommen verbunden sei, umso besser.

Gilbert Frizberg ist ein zielstrebiger Mann. Sein Studium der Rechtswissenschaften hat er im zarten Alter von 21 Jahren absolviert. Er sei halt „ungeduldig“, beschreibt er sich selbst – und das Studium sei „eine Herausforderung gewesen, die mir Spaß gemacht hat“. Mit Politik hatte er bis dahin nicht sonderlich viel am Hut – „ich hatte während des Studiums auch keine Zeit dafür“, erzählt er. Doch das hat er dann schleunigst nachgeholt: Gleich nach seiner Promotion wurde er Vorsitzender der Jungen Industrie Steiermark, mit 23 Jahren war er im Vorstand der Industriellenvereinigung. Und mit 28 Jahren Nationalratsabgeordneter.

„Das hat mir viel Spaß gemacht“, erzählt er heute. Trotzdem wurde aus der großen politischen Karriere nichts. „Ich habe seinerzeit eine Grundsatzentscheidung treffen müssen“, sagt er, „entweder ich werde vollberuflich Politiker, oder ich gehe in die Wirtschaft. Ich habe mich für die Wirtschaft entschieden, und ich glaube, es war die richtige Entscheidung.“ Soweit seine Version. Frizberg-Weggefährten erzählen hingegen, sein Ehrgeiz hätte ihm keine andere Wahl gelassen: Er wäre nur zu gern Minister oder wenigstens Landesrat geworden. Und das war halt nicht drin.

Sei's drum. Frizberg ist nunmehr seit Jahrzehnten Chef der steirischen Hereschwerke. Das Unternehmen wurde von seinem Urgroßvater gegründet, Frizberg hat es über die Jahre völlig umgekrempelt: Aus dem einstigen Stromerzeuger wurde ein international tätiges Elektrotechnik-Automationsunternehmen mit 300 Mitarbeitern und 40 Mio. Euro Jahresumsatz. „Er ist ein wirklich engagierter Unternehmer“, befindet der frühere steirische VP-Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl.

Engagierter Netzwerker ist er aber geblieben: Zur ÖVP hat er natürlich beste Kontakte – aber auch zu etlichen Wirtschaftsgrößen. Frizbergs Mitgliedschaft in der „Young Presidents Organisation“, einem elitären, internationalen Netzwerk von Top-Managern, spricht jedenfalls Bände.

Frizberg betont gerne, dass er sich dank seines Brotberufs für den neuen Verbund-Job „nicht einarbeiten muss. Ich bin mittendrin.“ Wenn es also um die strategische Beratung des Verbund-Vorstandes geht, „kann ich auf etwas aufsetzen“. Man kann es auch so formulieren: Der künftige Verbund-Chef Michael Pistauer werde sich warm anziehen müssen, heißt es in der Branche. Frizberg werde ein sehr aktiver Präsident sein.

Einen ersten Vorgeschmack hat es ja bereits gegeben: Als im Herbst ÖVPlerin Baumgartner-Gabitzer in den Verbund-Vorstand gehievt werden sollte, war auf die tatkräftige Unterstützung Frizbergs Verlass. Angeblich wollte er um jeden Preis verhindern, dass der Vorstand in den folgenden Jahren rote Schlagseite bekommt. Um dafür die Mehrheit im Aufsichtsrat zu bekommen, musste halt Verbund-Chef Hans Haider (den Frizberg schätzt, wie er betont) über die Klinge springen.

Was tut man nicht alles, um seine Aversion gegen rot auszuleben. „Frizberg hat viel Freude an der Konfrontation mit dem politischen Gegner“, heißt es. Er selbst sieht das nüchterner. Und sagt: „Mich hat es irritiert, dass nach den Nationalratswahlen plötzlich Personalwünsche geäußert wurden. Das konnte ich nicht zur Kenntnis nehmen.“

Inline Flex[Faktbox] ZUR PERSON("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2007)


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