Geheimprojekt Kommunalkredit

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Banken. Der einstige ÖVP-Politiker und Manager Herbert Paierl hat ehrgeizige Pläne. Er versucht gerade, ein Konsortium zusammenzustellen. Ziel: die Übernahme der Kommunalkredit.

Die Geschichte des Herbert Paierl im Zeitraffer: Der heute 62-Jährige galt lange Zeit als Zukunftshoffnung der ÖVP. Er war Kabinettschef des steirischen Landeshauptmanns Josef Krainer, er war Vorstand des steirischen Energieversorgers Steweag, er war steirischer Wirtschafts- und Finanzlandesrat unter Waltraud Klasnic. Der steirische Autocluster geht auf seine Initiative zurück, später war Paierl Chef des börsenotierten Mittelstandfinanzierers UIAG und danach im Magna-Konzern von Frank Stronach tätig.

Zukunftshoffnung hin oder her: Mit der ÖVP hat Paierl auch immer wieder seine liebe Not gehabt. Das begann wohl, als er 2004 aufgrund von innerparteilichen Zwistigkeiten mit Landesrat Gerhard Hirschmann aus der Landesregierung entlassen wurde. Und es gipfelte in der Demütigung, die ihm im Jahre 2008 zuteil wurde: Unter ÖVP-Chef Josef Pröll sollte Herbert Paierl Wirtschaftsminister werden. Paierl sagte zu - doch im Auto, auf dem Weg von Graz nach Wien, wurde ihm beschieden: Kommando zurück, es wird doch kein Steirer, sondern ein Oberösterreicher. Reinhold Mitterlehner nämlich.

Einst als ÖIAG-Chef gehandelt

Oder die Ereignisse vom Spätsommer 2012: Paierl war von ÖVP-Chef Michael Spindelegger der Posten des ÖIAG-Chefs zugesagt worden. Doch Finanzministerin Maria Fekter - längst auf Konfrontationskurs mit Spindelegger - entschied anders. Paierl stellte sich dennoch dem Hearing - derweil war die Sache längst entschieden. Den Job bekam Rudolf Kemler.

Die Geschichte der Kommunalkredit im Zeitraffer: Die österreichische Spezialbank wurde 1958 gegründet - mit dem Ziel, Gemeinden zinsgünstige, langfristige Darlehen zur Verfügung zu stellen. Im Laufe der Jahre wurden die Finanzierungen auf Gemeinden und Länder in ganz Europa sowie auf Unternehmen im staatlichen Einfluss ausgeweitet.

Dann die Finanzkrise. Wir schreiben das Jahr 2007, Refinanzierungen auf dem internationalen Finanzmarkt sind kaum mehr möglich, hinzu kommen massive Spekulationsverluste ausländischer Töchter. Die Kommunalkredit muss - um die Zahlungsunfähigkeit zu verhindern - Staatshilfe in Anspruch nehmen.
Ende 2008 droht der Bankrott. Die Kommunalkredit wird um einen symbolischen Kaufpreis von zwei Euro notverstaatlicht - und aufgespalten: in die Kommunalkredit Austria AG als Gemeindefinanzierer. Und in die „Bad Bank" KA Finanz AG, in der die Risikopapiere der Bank geparkt und langsam abgebaut werden.

Auslaufmodell Komunalkredit

Die verbliebene Kommunalkredit soll hingegen privatisiert werden. Doch es findet sich bis Anfang 2013 kein Käufer. Die EU macht Druck, und die damalige ÖVP-Finanzministerin Fekter macht kurzen Prozess: Auch die Kommunalkredit soll schön langsam ihrer endgültigen Bestimmung zugeführt werden. Sie darf in Zukunft kein Neugeschäft mehr machen, es werden nur mehr laufende Kredite betreut. Ungefähr im Jahr 2040 soll das Institut Vergangenheit sein.

Was die Geschichte der Kommunalkredit mit der Geschichte Herbert Paierls zu tun hat? Eigentlich nichts, bisher jedenfalls. Aber das ändert sich gerade.
Herbert Paierl hat nämlich vor wenigen Wochen sein Mandat als Aufsichtsrat der Kommunalkredit zurückgelegt. Viereinhalb Jahre war er in dem Kontrollgremium, doch jetzt ist für ihn die Zeit gekommen zu gehen. Um Interessenskonflikte zu vermeiden.

Herbert Paierl hat nämlich wieder ehrgeizige Pläne: Er ist gerade dabei, ein Konsortium zusammenzustellen. Ein Konsortium, das die Kommunalkredit übernehmen soll. Paierl bestätigt das auch gegenüber der „Presse", hüllt sich aber ansonsten in Schweigen, „weil die Sache noch nicht spruchreif ist", wie er sagt.

Tatsächlich gestaltet sich das Ganze ziemlich langwierig und mühsam. Und es ist derzeit noch völlig offen, ob Paierl der Coup auch wirklich gelingt.

Was dafür spricht: Im Lande wird allgemein darüber lamentiert, dass es die Kommunalkredit in der ursprünglichen Form nicht mehr gibt. Ein Gemeinde- und Kommunalfinanzierer sei aus standortpolitischen und aus infrastrukturpolitischen Gründen wichtig. Außerdem, heißt es, wäre es doch schade, würde das Know-how der Kommunalkredit-Berater verloren gehen.

Und: Als das Neugeschäft der Kommunalkredit im vergangenen Jahr eingestellt wurde, wurde explizit darauf hingewiesen, dass Teilverkäufe von Geschäftsaktivitäten möglich seien.

Aber der Verkauf ist auch gar nicht das Problem, auch nicht der Kaufpreis. Es geht vielmehr darum, dass die neuen Eigentümer beste Bonität aufweisen müssen, um für das Geschäft notwendige Refinanzierungen auf die Beine zu stellen. Finanzielles Backing ist unabdingbar, und auf dem internationalen Finanzmarkt gibt es das nur, wenn die Bonität exzellent ist.

Es wird also sehr darauf ankommen, wer beim Paierl-Projekt mitmacht. Wie „Die Presse" in Erfahrung bringen konnte, führt der Steirer schon Gespräche mit potenziellen Mitgliedern eines Konsortiums. Er hat zwar schon einige Absagen hinnehmen müssen, aber es gibt auch schon Interessenten.

Es sei kein Privatisierungscoup, erzählen Insider. Es gehe vor allem darum, etwas zu retten.
Ob Herbert Paierl diesmal den Rückhalt seiner Partei hat? Man wird sehen.

("Die Presse", Printausgabe vom 24.5.2014)

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