Der fidele „Herr Graf“ hat(te) viele Freunde

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Festnahme von Waffenlobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly sorgt für Unbehagen in seinem Umfeld. Vor allem in der ÖVP. Er sitzt seit einer Woche in U-Haft

Interviews hat Alfons Mensdorff-Pouilly eigentlich nie gegeben. Doch im Jänner 1995 machte er eine Ausnahme, für die „Kronen Zeitung“. Als Dankeschön bekam er dann auch nur ganz nette Fragen gestellt. Zu seiner Frau Maria Rauch-Kallat etwa, damals ÖVP-Umweltministerin. Da meinte der Interviewte: „Der Gedanke, der Maria Schwierigkeiten zu bereiten, macht mich zutiefst unglücklich.“

Ja, das junge Glück der beiden Frischvermählten wurde damals auf eine harte Probe gestellt: In den Medien geisterten ständig Spekulationen über einen Rücktritt der ÖVP-Ministerin, und die hatte sie ausgerechnet ihrem Herrn Gemahl zu verdanken. Immer wieder wurde die Politikerin von Journalisten zur Causa prima befragt, immer wieder beteuerte sie die Unschuld ihres Mannes. Eine wirklich blöde Geschichte, die Rauch-Kallat wohl auch „zutiefst unglücklich“ gemacht hat.

Monatelang hielt die sogenannte Abhöraffäre das Land in Atem: Ein Tonbandmitschnitt eines äußerst delikaten Gesprächs war indiskreterweise an die Öffentlichkeit geraten. Eines Gesprächs zwischen ÖVP-Wehrsprecher Herbert Kraft und dessen SPÖ-Kollegen Peter Marizzi. Darin erzählte Kraft von seinem Bekannten Mensdorff-Pouilly, der Vertreter von British Aerospace sei und den geplanten Ankauf von Hubschraubern und eines Regierungsflugzeugs einfädeln könnte. Für beide Parteien würden 70 Millionen Schilling an Provisionen herausspringen.

Später wurde Mensdorff-Pouilly wegen „verbotener Intervention“ angeklagt, in allen Punkten allerdings freigesprochen.

Jetzt, viele Jahre später, ist wieder was passiert. Doch Mensdorff-Pouilly gibt dieses Mal keine Interviews. Kann er auch gar nicht: Er sitzt seit einer Woche in U-Haft, wegen Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr. Ihm wird vorgeworfen, von British Aerospace insgesamt 13 Mio. Euro als „untitulierte Zahlungen“ erhalten zu haben. Außerdem besteht der Verdacht der Bestechung im Zusammenhang mit dem Kauf von schwedischen Saab-Gripen-Abfangjägern durch Tschechien.

Für ihn gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Klar ist hingegen, dass er „der Maria“ erneut „Schwierigkeiten“ bereitet hat. So sehr, dass Rauch-Kallat – mittlerweile selbst Lobbyistin und politisch nur mehr als Leiterin der ÖVP-Frauen tätig – auf Tauchstation gegangen ist. Zu ihrem Mann beantworte sie keine Fragen, lässt sie ausrichten.

Die Sache ist ja auch denkbar heikel. Zumal die „Schwierigkeiten“, die Mensdorff-Pouilly verursacht hat, weite Kreise ziehen. Auch in der ÖVP macht sich seit der Inhaftierung des „Grafen“ jedenfalls Unbehagen breit: Kaum einer in der Partei, der Mensdorff-Pouilly nicht kannte. Kaum einer, der nicht mit ihm zu tun hatte. Kaum einer, der ihm bei den zahllosen gesellschaftlichen Events, die „Ali“ gerne besuchte, nicht auf die Schulter klopfte.

Der „Graf“ ist zweifellos ein ÖVP-Intimus. Daran hat Mensdorff-Pouilly in den vergangenen Jahren ja auch recht akribisch gearbeitet. Und in der Partei hat man es geschehen lassen.

Mensdorff-Pouilly hatte immer schon recht gute Kontakte zu den „Schwarzen“. Doch erst die Verehelichung mit Rauch-Kallat im Mai 1994 brachte den Stein so wirklich ins Rollen. „Die Maria hat ihn zu allen Veranstaltungen mitgebracht“, erzählt ein ÖVPler. Und Mensdorff-Pouilly, von Berufs wegen sehr auf Networking erpicht, genoss wohl das Faktum, dass ihm da alle möglichen wichtigen Menschen quasi auf dem Silbertablett präsentiert wurden. „Er hat nie eine Grenze zwischen privat und Geschäft gezogen“, erzählt denn auch der Parteimann, „damit haben sich nicht alle wohlgefühlt.“ Wirklich gewehrt hat sich aber keiner dagegen. „Was hätten wir denn tun sollen?“, fragt ein anderer ÖVPler entnervt. „Er war ständig präsent, wir konnten ihn ja nicht ausgrenzen.“

Wieso denn auch? Mensdorff-Pouilly war stets witzig und unterhaltsam, heißt es. Und ein dankbares Thema für ins Stocken geratene Unterhaltungen war er allemal: „Mensdorff-Bredouilly“ wurde er parteiintern nach der Abhöraffäre kichernd genannt.

Sage also keiner, dass nicht beide Seiten Vorteile aus der Omnipräsenz des „Grafen“ gezogen hätten. Allein „Alis“ großzügige Einladungen zu Jagden waren vielen eine Reise wert.

„Er hat eine systematische Einladungspolitik betrieben“, erzählt ein Partei-Intimus. Soll heißen: Eingeladen wurde, wer dereinst geschäftlich von Nutzen sein könnte. Politiker, Beamte, Industrielle waren bevorzugte Gäste am gräflichen Anwesen im burgenländischen Luising – oder sogar auf Schloss Dalnaglar in Schottland. Wobei die Einladungen natürlich mit höchster Diskretion behandelt wurden. Journalisten, die Details dazu recherchierten, durften da schon Bekanntschaft mit Rechtsanwalt Werner Suppan machen. Er ist übrigens auch ÖVP-Anwalt.

Nur einmal gelangte ein Mail von Christoph Ulmer, Kabinettschef des seinerzeitigen ÖVP-Innenministers Ernst Strasser, peinlicherweise an die Öffentlichkeit: „Graf Mensdorff hat uns wieder zu einem Jagdwochenende eingeladen“, schrieb er da an allerlei Kabinettsmitglieder. Im Anhang: das feine Wochenendprogramm.

Ein gefundenes Fressen für die anderen Parteien, eh klar. Nur zu gerne wird seitdem auf Zusammenhänge zwischen Mensdorff-Pouilly und ÖVP hingewiesen. SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer etwa machte im Sommer süffisant auf einen seltsamen Zufall aufmerksam: Jene Tierschützer, die damals mehr als hundert Tage in U-Haft gesessen sind, sollen zuvor eine Fasanjagd in Luising gefilmt haben – sie hatten sich daran gestoßen, dass dort Fasane eigens für die Jagd gezüchtet und in Käfigen gehalten werden.

Krainer damals: „Was mir in diesem Zusammenhang noch eingefallen ist, sind die berühmten Jagdeinladungen eines gewissen Mensdorff-Pouilly.“ Der SPÖ-Abgeordnete gab auch eine Empfehlung ab: „Angesichts des Umstands, dass sich (...) der Verdacht von allfälligen Zusammenhängen ergeben könnte, sollten Kabinettsmitglieder genau überlegen, ob sie Jagdeinladungen annehmen.“

„Ein kleiner burgenländischer Bauer“ (Mensdorff über sich selbst) als dankbares Thema politischer Auseinandersetzungen – das hat Seltenheitswert. Ein Lobbyist meint: „Mensdorff hat halt gegen die goldene Regel der Branche verstoßen.“ Und die laute: „Wenn man schon Geschäfte macht, die in der Öffentlichkeit schwer darstellbar sind, sollte man nicht so flamboyant auftreten.“

Auf einen Blick: Graf, Bauer, U-Häftling

Alfons Mensdorff-Pouillybezeichnet sich gerne kokett als „kleiner burgenländischer Bauer“. Ansichtssache: Sein Gut im Südburgenland umfasst 200 Hektar Ackerland und Forst. Der passionierte Jäger betreibt auch 2500 Hektar Jagd in Pacht.

Nebenbei betreibt der „Graf“, der mit ÖVP-Politikerin Maria Rauch-Kallat verheiratet ist, die Wiener Handelsfirma MPA. Sie berät Unternehmen, darunter auch den Rüstungskonzern British Aerospace. Seit einer Woche sitzt Mensdorff-Pouilly in Untersuchungshaft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2009)

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