OMV-Nachfolge: Das Bohren dicker Bretter

File photo of Chief Executive of OMV, Roiss arriving for a news conference in Vienna
File photo of Chief Executive of OMV, Roiss arriving for a news conference in Vienna(c) REUTERS
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Wer wird Gerhard Roiss als OMV-Chef beerben? Sieben Kandidaten gibt es angeblich. Andererseits: Still und heimlich wird auch ein neuer Finanzvorstand gesucht. Damit der amtierende, David Davies, OMV-Boss werden kann?

In der österreichischen Wirtschaft war es zweifellos die Sensation des Jahres: Der Rausschmiss von OMV-Chef Gerhard Roiss per Mitte 2015 hat heuer hohe Wellen geschlagen. Auch jenseits der Landesgrenzen.
Und wie geht es weiter? Derzeit wird unter Hochdruck am Projekt Roiss-Nachfolge gearbeitet. Und weil Explorations-Vorstand Jaap Huijskes wegen der anhaltenden Streitigkeiten in der OMV-Chefetage das Handtuch geworfen hat, wird auch gleich nach einem Ersatz für ihn gesucht. Für beides ist Headhunter Korn Ferry zuständig.
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Faktum, das in der allgemeinen Aufregung geheim gehalten werden konnte. Neben Korn Ferry ist noch ein zweiter Headhunter mit der Vorstandssuche betraut worden: Spencer Stuart. Er soll einen neuen OMV-Finanzvorstand finden.
Wie bitte? Der amtierende Finanzvorstand, David Davies, hat einen Vertrag, der noch bis Anfang 2017 läuft. Ganze zwei Jahre davor wird schon sein Ersatz gesucht? Das ist, mit Verlaub, ziemlich früh. Es soll alles in einem Aufwaschen erledigt werden, damit in der OMV wieder Ruhe einkehren kann – so die offizielle Diktion. Inoffiziell ist es aber schon auch so: Mit der parallel stattfindenden Suche nach einem OMV-Finanzvorstand wird die Flexibilität erhöht.
Heißt: Sollte kein geeigneter Roiss-Nachfolger gefunden werden, dann könnte der Brite Davies den Job des OMV-Chefs übernehmen. Und ein neuer Finanzvorstand an seiner statt wäre dann auch schon zur Hand.
Trotzdem: Jetzt wird einmal dessen ungeachtet ein Roiss-Nachfolger gesucht. Und auf den ersten Blick schaut die Sache auch gar nicht so schlecht aus: Auf der ursprünglichen Long List standen mehr als 20 Kandidaten. Korn Ferry hat dann ordentlich gefiltert und sieben auf die sogenannte Short List gesetzt. Auf ihr stehen also sieben Kandidaten, die nicht nur höchstes Interesse an dem Job haben – sie stünden auch ab Mitte nächsten Jahres tatsächlich zur Verfügung.
Wer in die engere Wahl gekommen ist, wird streng geheim gehalten. Eines ist aber mittlerweile klar: ÖBB-Chef Christian Kern ist nicht dabei.
In den vergangenen Monaten hat sich hartnäckig das Gerücht gehalten, dass er neuer OMV-Chef werden soll. Nicht zuletzt, weil SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann damit einen allfälligen innerparteilichen Konkurrenten vom Hals hätte. Allerdings wollen in der SPÖ nicht alle Faymann den Gefallen tun: Im Gespräch mit der „Presse“ stellte ÖBB-Aufsichtsratspräsidentin Brigitte Ederer klar, dass sie Kern keineswegs aus seinem laufenden Vertrag entlassen will – „jedenfalls nicht für den OMV-Job“, wie sie betonte.

Trotzdem wurde Christian Kern offiziell gefragt, er hat allerdings postwendend abgewinkt. Weil der Job mit zu vielen Fragezeichen behaftet sei.
Sein Argument ist nicht von der Hand zu weisen. Tatsächlich begibt sich ein Manager, der über einen attraktiven Job verfügt, mit dem OMV-Posten auf unsicheres Terrain.
Da ist zunächst einmal der OMV-Mehrheitseigentümer ÖIAG. Der Aufsichtsrat der Staatsholding wird im Lauf des kommenden Jahres ausgewechselt – die Regierung wird Mitglieder in das Kontrollgremium entsenden. Mehr noch: Auch der Chef der ÖIAG, Rudolf Kemler, wird gehen (müssen). Und der ÖIAG-Chef sitzt immerhin im OMV-Aufsichtsrat, als dessen Vorsitzender. Der OMV-Chef in spe weiß also gar nicht, wer sein Präsident sein wird.
Dann ist noch die Frage, wie die OMV-Aktionärsstruktur mittelfristig aussehen wird. Der Staatsfonds von Abu Dhabi, Ipic, der derzeit 24,9 Prozent am börsenotierten Ölkonzern hält, hat zwar den Österreichern vor wenigen Tagen die Treue geschworen. Doch wie lang noch?
Und nicht zuletzt muss sich ein Neuer auf das Wagnis einlassen, nicht alle künftigen Vorstandskollegen zu kennen. Da werden ja einige nachbesetzt.
Kern hat also abgesagt. Ebenso Michael Süß. Der bayerische Manager ist hinter vorgehaltener Hand als plausibler Roiss-Nachfolger gehandelt worden: Süß war bis vor wenigen Monaten Siemens-Vorstand, zuständig für den Bereich Energie. Und er genießt bestes Einvernehmen mit ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Doch auch Süß will das OMV-Abenteuer nicht eingehen.
Wer bleibt? Auf der Liste von Korn Ferry stehen ausschließlich Ausländer – und bloß ein Österreicher, der allerdings im Ausland arbeitet. Böse Zungen meinen, dass dies eh klar sei: Nur solche Kandidaten würden Interesse aufbringen, an der Spitze eines staatsnahen österreichischen Unternehmens arbeiten zu wollen.

Spannend ist natürlich die Frage, welcher Auslandsösterreicher auf der Short List steht. Der „Kurier“ berichtete unlängst, dies könnte BP-Manager Helmut Schuster sein. Ob da was dran ist?
Dafür spricht, dass Helmut Schuster groß Karriere in der Mineralölbranche gemacht hat. Er ist seit 1989 bei BP, war in diversen Ländern stationiert und hat so ziemlich in allen BP-Bereichen (Raffinerie, Marketing, Gas) gearbeitet. Seit 2011 ist er Personalvorstand des Mineralölkonzerns. Andererseits: Ob er bereit wäre, diesen höchst attraktiven Job für den OMV-Chefsessel aufzugeben? Vor allem aber: Könnte er dies bereits ab Mitte 2015? Wenn beide Fragen bejaht werden können – dann hat Schuster tatsächlich die besten Chancen. Bei BP in London will man das Gerücht jedenfalls nicht kommentieren.
Jetzt ist also Geduld gefragt. In Wien haben Gespräche mit den Kandidaten bereits in aller Diskretion begonnen. Und sie werden über die Feiertage fortgesetzt. Geführt werden sie vom OMV-Aufsichtsratspräsidium, dem ÖIAG und Ipic angehören.
Ziel ist es, einen neuen OMV-Chef im zweiten Quartal 2015 zu präsentieren. Insider gehen aber davon aus, dass dies bereits im März passieren könnte.

Auf einen Blick

Die OMV gehört zu 31,50 Prozent der Staatsholding ÖIAG – also der Republik Österreich. 24,90 Prozent hält Ipic, der Staatsfonds Abu Dhabis. Die restlichen Anteile des börsenotierten Ölkonzerns befinden sich im Streubesitz.
Gerhard Roiss ist seit 2011 Vorstandsvorsitzender des Konzerns. Da dieser aber wirtschaftlich schwierige Zeiten duchlebt und der Vorstand überdies arg zerstritten ist, wurde Roiss' Vertrag per Mitte 2015 aufgelöst.

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