Hans Jörg Schellings Traum und Wirklichkeit

PK FINANZMINISTERIUM 'AKTUELLES ZUR HYPO': SCHELLING
PK FINANZMINISTERIUM 'AKTUELLES ZUR HYPO': SCHELLING(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Kein Minister hat so viele Vorschusslorbeeren erhalten wie Finanzminister Hans Jörg Schelling. Seine erste große Bewährungsprobe, die ÖIAG-Reform, ist aber eher nicht so gut gelaufen. Schelling ist in der Innenpolitik angekommen.

Der Job gefalle ihm immer noch gut, sagt Hans Jörg Schelling: „Er ist eine riesige Herausforderung, und er macht Spaß.“ Das scheint auch keinesfalls gelogen zu sein: Seit fünf Monaten ist er ÖVP-Finanzminister – seinen Humor hat er aber nicht verloren. Öffentliche Auftritte, Interviews, Verhandlungen: Hans Jörg Schelling hat stets ein Scherzchen auf den Lippen. Immer noch.

Dabei ist er nunmehr recht unsanft auf den Boden der innenpolitischen Realität heruntergeholt worden. Schelling, der zu Amtsantritt mit Vorschusslorbeeren en masse bedacht wurde, hat seine erste große Bewährungsprobe eher nicht so gut hingekriegt: Die große Reform der Staatsholding ÖIAG ist zu einem Reförmchen verkommen – und selbst das ist ein recht großzügiger Begriff. Die nicht gerade epochale Veränderung besteht darin, dass die ÖIAG in ÖBIB umgetauft, diese in eine Ges.m.b.H. umgewandelt und der politische Einfluss wieder möglich wird.

Das klingt so gar nicht nach einem Modell, das auf dem Reißbrett eines Hans Jörg Schelling entstanden ist.
Ist es natürlich auch nicht. Schelling, der als Minister für die ÖIAG zuständig ist, hatte wirklich ehrgeizige Pläne: Die Holding – die derzeit Beteiligungen an OMV, Telekom Austria und Post hält – sollte zu einer großen Infrastrukturholding ausgebaut werden, in der auch die Bundesbeteiligungen am Stromkonzern Verbund, an den ÖBB und am Straßenbaukonzern Asfinag hinzukommen.

Schmecks. Der energiegeladene, erfrischend unkonventionelle Hans Jörg Schelling ist im großkoalitionären Alltag angekommen. Und da gelten eigene Spielregeln: Große Pläne, eine gute Portion Idealismus, unorthodoxe Vorschläge sind jedem unbenommen. Aber die landen halt in der Rundablage. Trotzdem, ganz wichtig: Jeder muss gute Miene zum bösen Spiel machen.
Der neue Finanzminister hat das offenbar beherzigt. Also verteidigt er die neue Lösung für die Staatsbeteiligungen. „Wir haben uns im Gesetz die Möglichkeit offengehalten, dass weitere Unternehmensanteile in die ÖBIB kommen“, sagt Schelling der „Presse“. Es sei also nicht aller Tage Abend. „Die große Lösung ist nicht ausgeschlossen.“
Unschwer zu erkennen: Schelling ist schon sehr diszipliniert. Was insofern bemerkenswert ist, als er in der Angelegenheit auch eine gewisse öffentliche Demütigung einstecken musste.Das war am 13. Jänner. An dem Tag war die neue ÖIAG Thema im Ministerrat. Anwesende Journalisten interessierten sich dabei sehr für die künftige Personalpolitik der ÖBIB.

In der Frage war in der Koalition ja heftigst gestritten worden. Es ging darum, ob ehemalige Politiker und Sozialpartner-Funktionäre eine zweijährige „Abkühlungsphase“ hinter sich bringen müssen, bevor sie für die ÖBIB tätig werden dürfen. An jenem 13. Jänner legte sich Schelling jedenfalls fest: „Für alle beträgt die Abkühlungsphase zwei Jahre“, sagte er resolut. Und damit es keine Missverständnisse gibt: „Ich bestehe darauf, dass das so ist.“ Bundeskanzler Werner Faymann und – Obacht! – ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner war das einerlei. Wenige Minuten nach Schellings Ansage teilten sie den Journalisten mit, dass sie die Sache keineswegs so eng sähen. Eine Woche später war's dann offiziell: Die Abkühlungsphase kommt. Aber nicht für alle. Ehemalige Sozialpartner-Funktionäre werden sie nicht absolvieren müssen.

Die Angelegenheit könnte man als völlig harmlos abtun und mit dem großkoalitionären Alltag begründen: Die ÖVP muss sich halt auch in Fragen der Bundesbeteiligungen mit dem Regierungspartner SPÖ einigen. Ist halt so, soll nichts Schlimmeres passieren. Oder man hält sich an Gerüchte, die derzeit innerhalb der Volkspartei kursieren. Und die lauten: Zwischen Schelling und ÖVP-Chef Mitterlehner läuft es beziehungstechnisch nicht immer hundertprozentig rund. Mitterlehners Pragmatismus gegenüber der SPÖ nerve den Ärmelaufkrempler Schelling gewaltig.

Ist da was dran? Schelling dementiert vehement: „Zwischen Mitterlehner und mir passt kein Blatt Papier“, sagt er, „zwischen uns ist alles abgestimmt.“ Und selbst Mitterlehner meldet sich aus dem fernen Davos bei der „Presse“, um „diesen unsinnigen Gerüchten Einhalt zu gebieten. Zwischen uns gibt es absolut keine Differenzen.“ Eh klar: Neuerliche Meldungen über innerparteiliche Zwistigkeiten sind das Letzte, was die Volkspartei braucht. Bleiben wir also bei den Fakten: Die beiden kennen einander seit Jahrzehnten. In seiner letzten Funktion als Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger hat Schelling mit Mitterlehner durchaus Sträuße ausgefochten. Da ging es um die Zusammenlegung der Krankenkassen: Mitterlehner war dafür, Schelling dagegen.

Doch in Bezug auf die vergangenen Monate gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen: In der ÖVP wird hinter vorgehaltener Hand erzählt, dass Mitterlehners erste Wahl für den Finanzminister keinesfalls Schelling gewesen sei – vielmehr habe der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer ein Machtwort gesprochen. Mitterlehner dementiert – formuliert das aber so: „Ich habe mich klar für Schelling entschieden.“ Auch egal. Was zählt, ist das Hier und Jetzt. Am Beispiel der ÖIAG: Da orteten ÖVPler Dissonanzen bei der Frage, zu welchem Ministerium die Holding ressortieren soll. Wie bisher zum Finanzministerium Schellings? Oder doch dem Wirtschaftsministerium Mitterlehners? Oder die Frage, ob der Verbund-Konzern in die ÖIAG soll. Da habe sich Mitterlehner, der als Wirtschaftsminister Eigentümervertreter des Stromkonzerns ist, quergelegt.

Stimmt alles nicht, sagt Schelling: Es sei immer klar gewesen, dass die ÖIAG im Finanzministerium verbleibt, lediglich die Arbeiterkammer habe dies infrage gestellt. Und die Zukunft des Verbund-Konzerns habe sich ohnehin erübrigt, weil die SPÖ weder Asfinag noch ÖBB in der ÖIAG haben wollte. Mag sein. Andererseits: Schelling dementiert auch, dass die ÖIAG-Reform seine erste große Bewährungsprobe als Finanzminister gewesen sei. „Meine erste Bewährungsprobe war der Finanzausgleich“, sagt er.
Im vergangenen Dezember wurde der Finanzausgleich mit den Ländern – ohne nur einen Beistrich zu verändern – bis 2016 verlängert.

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