Rosa Haider-Merlicek: Der Sturz der Quoten-Queen

Rosa Haider-Merlicek postete dieses Foto unmittelbar nach ihrer Entlassung auf Facebook.
Rosa Haider-Merlicek postete dieses Foto unmittelbar nach ihrer Entlassung auf Facebook.Haider-Merlicek
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In Österreichs Topwerbeagentur Demner, Merlicek & Bergmann geht's rund: Starwerberin Rosa Haider-Merlicek wurde gefeuert. Ihr Ehemann, Agenturgründer Franz Merlicek, wird demnächst wohl auch gehen.

Er bemüht sich redlich, die Sache herunterzuspielen: „Wir haben uns Mitte November getrennt“, sagt Mariusz Jan Demner. Und: „Bei uns in der Werbeagentur herrscht business as usual.“
Na ja. Business as usual ist angesichts der jüngsten Ereignisse mit Verlaub nur schwer vorstellbar. Bei Demner, Merlicek & Bergmann, Österreichs Topwerbeagentur, hat es Mitte November nämlich ein regelrechtes Erdbeben gegeben: Die „Trennung“, von der Geschäftsführer Demner so elegant spricht, war in Wahrheit eine fristlose Entlassung. Und die traf niemand Geringeren als Rosa Haider-Merlicek, seit 17 Jahren in der Agentur und von Demner höchstselbst in guten Zeiten als „Quoten-Queen“ apostrophiert. Jedenfalls gilt Haider-Merlicek als „eine der ganz herausragenden Kreativen“, wie das Branchenmagazin „Horizont“ unlängst formuliert hat. Ein herber Verlust für die Agentur also. Und was die Sache besonders pikant macht: Sie ist die Ehefrau von Agenturmitgründer Franz Merlicek.

Demner sagt über die Gründe für Haider-Merliceks überraschende Verabschiedung wenig Konkretes. Generell sei seine Branche im Umbruch, und da sei „ein präzise getaktetes Teamwork erforderlich“. Es sei natürlich nach wie vor so, dass „virtuose Kreative von herausragender Bedeutung“ seien. Aber das bisher „gängige Starsystem hat vorerst gründlich ausgedient. Wer den Weg nicht mitgehen will, muss leider gehen.“
So viel dazu. Dass Haider-Merlicek eine Fristlose bekommen hat, bestreitet er allerdings.
Dafür plaudert die Entlassene. Haider-Merlicek ist von den Ereignissen des vergangenen Jahres immer noch schwer traumatisiert, wie sie sagt. Am Vormittag des 17. November habe es mit Demner noch eine Einigung darüber gegeben, dass sie nur mehr als freie Mitarbeiterin mit Agentur-Ko-Chef Harry Bergmann tätig sein werde. Am Abend habe ihr Demner dann plötzlich einen Brief überreicht. Inhalt: „Hiermit entlassen wir Sie mit sofortiger Wirkung aus Ihrem Dienstverhältnis. Mit freundlichen Grüßen, Mariusz Jan Demner.“ Postwendend seien ihr Schlüssel und Laptop abgenommen worden. Aber warum diese Eskalation? Das ist immer noch nicht eindeutig nachvollziehbar. Tatsache ist, dass die zwei schon lang eine höchst problematische Beziehung hatten. Davon zeugt schon der Umstand, dass beide – entgegen allgemeiner Gepflogenheiten in der Branche – immer noch per Sie sind. Da sind jedenfalls zwei starke Persönlichkeiten aneinandergeraten. Auf der einen Seite: Rosa Haider-Merlicek, ein Star der Branche. Eine Frau, die sich ungern in ihre Arbeit dreinreden lässt. Auf der anderen Seite: Mariusz Jan Demner, ebenfalls ein Star. Auch er nicht völlig allürenfrei.

Christian Mucha, Chef des Branchenmagazins „Extradienst“ und intimer Kenner der Szene, sieht das so: „Demner hat einen rigiden, zynischen und teilweise aggressiven Stil im Umgang mit seinen Mitarbeitern.“ Haider-Merlicek begnügt sich hingegen mit folgender, vornehmeren Aussage: „Meine Art der Unternehmenskultur ist sich mit Demners nicht ausgegangen.“
Heißt: Sie habe Etats gewonnen und wollte die Kunden bis zum Schluss und bis ins letzte Detail betreuen. Demner hingegen habe den Drang gehabt, gewonnene Etats flugs anderen Mitarbeitern zu überantworten. Ihm sei ihre „Agentur in der Agentur“ halt immer schon suspekt gewesen.

Im vergangenen Sommer kam es dann zum großen Showdown: Unter dem Titel Umstrukturierungen wurde Haider-Merliceks Mannschaft von rund zehn Mitarbeitern halbiert. „Demner ist mit der Spaltaxt durch mein Team gefahren“, sagt sie.
Es kam zum neuerlichen Streit, der Rest ist Geschichte.

Bleibt halt die Frage: Geht die Entlassung arbeitsrechtlich durch? Das muss schwer bezweifelt werden. Haider-Merliceks Anwalt, Thomas Angermair, fackelt jedenfalls nicht lang: „Demner soll gefälligst und sehr rasch sämtliche Ansprüche ordentlich auszahlen: die Abfertigung, die Kündigungsentschädigung, die Urlaubsersatzleistung.“ Nachsatz: „Und da kommt er eh noch mit einem blauen Auge davon.“
Das ist aber nur ein Teil des Ungemachs, das auf Mariusz Demner zukommt. Denn so wie es aussieht, wird auch Firmengründer Franz Merlicek die Agentur verlassen. Er selbst sagt dazu gegenüber der „Presse“ nichts, weil er vor Jahren seine Anteile an der Agentur abgegeben und dort nunmehr ein Angestelltenverhältnis hat.
Anzunehmen allerdings, dass er sich mit seiner Frau selbstständig macht. Diese bestätigt auch: „Die Überlegungen gehen in diese Richtung.“ Und: „Ich kann mir das sehr gut vorstellen. Ich will auf jeden Fall mit ihm zusammenarbeiten. Er ist ein hervorragender Kreativer.“
Das ist er tatsächlich. Er und seine Frau haben über die Jahre etliche bekannte Werbekampagnen konzipiert – manchmal gemeinsam, manchmal jeder für sich. „Die Agentur hat von uns als Dream-Team sehr profitiert“, sagt sie.

Das Ehepaar zeichnete beispielsweise für die Kampagne der Billa-Biomarke Ja! Natürlich verantwortlich – Rosa Haider-Merlicek hat dem Schweinderl übrigens die Stimme gegeben. Auch die Vöslauer-Werbung, für die zuletzt Schauspielerin Keira Knightley als Testimonial im Einsatz war, stammt von dem Dream-Team. Darüber hinaus erfand Rosa Haider-Merlicek die Familie Putz für das Möbelhaus XXXLutz und zog große Etats von Bipa, Merkur, Wiener Städtische und OMV an Land. Ihr Mann betreut schon lang Manner und Darbo.

Unschwer zu erkennen: Die Trennung von Rosa Haider-Merlicek trifft die Agentur hart. „Wo auch immer sie beruflich landen wird“, sagt „Extradienst“-Chef Mucha, „es ist zu erwarten, dass ihr wichtige Kunden folgen werden.“
Und der voraussichtliche Abschied von Franz Merlicek? Da scheiden sich unter den Experten die Geister. Der Chefredakteur der Branchenzeitung „Horizont“, Sebastian Loudon, meint etwa: „Franz Merlicek ist zweifellos eine ganz wichtige Identifikationsfigur für die Agentur.“ Da er aber schon seit vielen Jahren als Gesellschafter und Geschäftsführer ausgeschieden ist, „sollte man die Auswirkungen seines möglichen Abgangs nicht zu hoch einschätzen“. Die Agentur befinde sich „derzeit sicher in einer sehr schwierigen Phase, von einer existenziellen Krise kann aber meiner Meinung nach überhaupt nicht die Rede sein“.

„Extradienst“-Chef Mucha sieht das anders. „Wenn Franz Merlicek geht“, sagt er, „dann ist das für die Agentur eine Katastrophe.“

Auf einen Blick

Die Werbeagentur Demner, Merlicek & Bergmann wurde vor 45 Jahren gegründet und zählt schon lange zu den Top-Agenturen des Landes. Geschäftsführer sind Mariusz Demner (Foto) und Harry Bergmann. Mitgründer Franz Merlicek hat Anfang der Neunzigerjahre seine Anteile verkauft. [ APA ]

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