Strom: Die Neuverteilung der Macht

(c) Clemens Fabry
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Der Verbund-Aufsichtsrat wird zu einem Gutteil erneuert. Große Überraschung: Langzeitpräsident Gilbert Frizberg bleibt. Und die SPÖ hat im Stromkonzern so gut wie nichts mitzureden.

Alles schaut gebannt auf die neue Staatsholding ÖBIB. Sie wird ja schon bald ihre Arbeit aufnehmen – und die besteht zunächst einmal darin, neue Machtverhältnisse zu schaffen: In den teilstaatlichen Unternehmen OMV, Telekom Austria und Post werden neue Aufsichtsratspräsidenten installiert werden. Ein Job, der machtpolitisch nicht unterschätzt werden sollte: Wer an der Spitze eines Aufsichtsrates sitzt, kann in dem jeweiligen Unternehmen schon ordentlich mitreden und mitgestalten.

Wer das Rennen machen wird, ist noch völlig offen. Hie und da fallen Namen, bringen sich Kandidaten in Stellung, wird gerätselt. Die nächsten Wochen werden also durchaus spannend. Und daher wäre es fast untergegangen: Abseits der ÖBIB gibt es ja auch noch andere teilstaatliche Konzerne. Den Stromkonzern Verbund beispielsweise. Dort kommt es ebenfalls zu gravierenden Veränderungen im Aufsichtsrat. Die Weichen dazu werden bereits kommenden Dienstag gestellt.

Am 10. März tagt der Aufsichtsrat des Verbund-Konzerns. Und er wird sich unter anderem mit Post vom zuständigen ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zu befassen haben: einer Liste mit Kandidaten für den Aufsichtsrat. Und die ist ziemlich lang.

Es ist nämlich so, dass mehrere Mitglieder das Gremium verlassen und nachbesetzt werden müssen. Manager Siegfried Wolf hat sein Mandat bereits im Sommer 2014 zurückgelegt. Peter Püspök und Alfred Heinzel gehen ebenfalls. Beide gehören dem Aufsichtsrat schon seit 15 Jahren an und verabschieden sich gemäß den Regeln des österreichischen Corporate-Governance-Kodex. Auch der frühere Flughafen-Vorstand, Herbert Kaufmann, wird den Aufsichtsrat verlassen. Detto der einstige Umdasch-Chef Reinhold Süßenbacher – angeblich aus Altersgründen.

Das sind nicht wenige: Von zehn Kapitalvertretern im Verbund-Aufsichtsrat geht immerhin die Hälfte. Das Kontrollgremium wird sich also deutlich verändern.
Mit gewissen Einschränkungen: An zwei wesentlichen Faktoren wird sich nämlich rein gar nichts ändern.

Punkt eins: Aufsichtsratspräsident Gilbert Frizberg darf aufatmen – er bleibt. Was einigermaßen überraschend ist: Immerhin hat auch er seit 15 Jahren diese Funktion, und gerüchteweise wollte ihn Mitterlehner auch ablösen. Alles Schall und Rauch: Frizberg darf offenbar bleiben, weil Püspök und Süßenbacher gehen. Zu dritt stellen sie nämlich das Aufsichtsratspräsidium. Und Mitterlehner will dort mit Frizberg wohl eine gewisse Kontinuität wahren.

Punkt zwei: Auch bei der politischen Aufteilung der Aufsichtsratsmandate bleibt alles beim Alten. Die SPÖ beißt also auf Granit: Sie darf nur ein Mandat besetzen. Auch das ist einigermaßen überraschend. Denn in den vergangenen Jahren hat es darob zwischen ÖVP und SPÖ einen regelrechten Funkenflug gegeben.

Dies deshalb, weil der frühere ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein nach der Installierung der Wenderegierung im Jahr 2000 kurzen Prozess gemacht hatte: Nicht nur wurde sein Freund Gilbert Frizberg an die Spitze des Aufsichtsrates gesetzt, auch andere Mandate im Kontrollgremium wurden gemäß der neuen politischen Farbenlehre vergeben. Die Sozialdemokraten hatten das Nachsehen.

Als die SPÖ Anfang 2007 Regierungspartei wurde, sollte sich das alsbald ändern. Dachte jedenfalls die SPÖ. War aber nicht.

Seitdem sind die Sozialdemokraten lediglich mit einem Mandat im Verbund-Aufsichtsrat vertreten. Und dabei wird es auch trotz aller nun geplanten Veränderungen im Gremium auch bleiben. Vor allem aber: Vom Präsidium des Aufsichtsrats wird die SPÖ weiterhin ausgeschlossen bleiben. Ein herber machtpolitischer Schlag.

Immerhin obliegt die wahre Entscheidungsgewalt des Aufsichtsrates dem Präsidium: Es bildet den Arbeitsausschuss, dem zustimmungspflichtige Angelegenheiten übertragen werden; es bildet den Prüfungsausschuss, der Bilanzen absegnet und den Abschlussprüfer vorschlägt; es bildet den Vergütungsausschuss, der sich mit Vorstandsverträgen befasst; es bildet den Nominierungsausschuss, der Vorstände vorschlagen darf.

Die SPÖ wird da in Hinkunft nichts mitzureden haben.
Bleibt die Frage, wer denn neu in den Aufsichtsrat kommen wird. Auf SPÖ-Seite werden die frühere Infineon-Chefin Monika Kircher, deren Nachfolgerin Sabine Herlitschka sowie der frühere Verbund-Manager Heinz Kaupa genannt. Vermutlich wird Kircher das Rennen machen – auch um die Frauenquote in dem Gremium auf die gesetzlich vorgeschriebenen 25 Prozent zu heben.

Und auf ÖVP-Seite? Da werden Peter Neumann von der Engel Holding genannt. Oder der ehemalige Vorstand des deutschen Siemens-Konzerns, Michael Süß. Er hat einen besonders guten Draht zu Mitterlehner.

Wobei: Da fehlen natürlich noch einige Kandidaten. Doch Mitterlehner und Frizberg, die die Liste gemeinsam erstellt haben, schweigen beharrlich. Aus dem Wirtschaftsministerium verlautet bloß, dass „sehr fachkundige Personen aus der Branche oder aus verwandten Branchen“ in den Verbund-Aufsichtsrat einziehen werden. Und dass der Frauenanteil aufgestockt wird. Frizberg will überhaupt erst nach dem 10. März Stellung nehmen. An diesem Tag wird der Aufsichtsrat die Mitterlehner-Liste abnicken, am 22. April müssen die Kandidaten von der Hauptversammlung gewählt werden.

Eine weitere Information sickerte indes durch: Im Verbund-Aufsichtsrat bleibt es bei zehn Kapitalvertretern und fünf Arbeitnehmervertretern. Das Gremium wird entgegen bisherigen Plänen doch nicht verkleinert.
Aber das ist eh keine besonders große Überraschung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

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