Flugsicherung: Der Turmbau zu Wien

Kondensstreifen am Himmel
Kondensstreifen am Himmel(c) BilderBox
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Die Austro Control hat hochtrabende Pläne: Sie will für ihre Firmenzentrale ein Hochhaus bauen. Über die Kosten wird geschwiegen.

Die Austro Control – ein stolzes österreichisches Unternehmen zur Luftraumüberwachung. Eines, das viel zu selten vor den Vorhang gebeten, geschweige denn lobend erwähnt wird. Doch seine Homepage schafft Abhilfe: „Rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, sorgt Austria Control für einen sicheren, pünktlichen und umweltschonenden Flugverkehr“, heißt es dort. Und bevor irgendwelche Zweifel aufkommen, wird auch gleich angemerkt: „Keine einfache Aufgabe bei über einer Million Flugbewegungen pro Jahr und täglich bis zu 4000 kontrollierten Luftfahrzeugen in Österreich.“
Das glauben wir gern. Aber glauben das auch alle? Austro-Control-Chef Heinz Sommerbauer hat da offenbar so seine Zweifel. Könnte man jedenfalls meinen. Denn Sommerbauer hat mit „seinem“ Unternehmen Großes vor. Im wahrsten Sinn des Wortes. Er will für die Austro Control ein Hochhaus bauen lassen. Keinen Kontrollturm, wohlgemerkt, sondern eine neue Firmenzentrale.
Das Fachmedium aviation.net hat erst kürzlich darüber berichtet: Der Entwurf für den „eleganten, knapp 120 Meter hohen Büroturm“ sei bereits vorgestellt worden. Und der soll ein echtes Prunkstück werden: „Die Form des Gebäudes selbst wurde in Anlehnung an ein Tragflächenprofil entworfen“, womit die Beschattung der Nebengebäude reduziert werden soll. Außerdem soll die Form dazu beitragen, dass das „aerodynamische Verhalten des Bauwerks optimiert wird“.
Es wurde also wirklich an alles gedacht. Na ja, an fast alles. Eine Kleinigkeit, die zwangsläufig mit solch elitären Projekten verbunden ist, blieb unberücksichtigt: der politische Aufruhr nämlich. Denn, futuristisches Projekt hin oder her: Die Austro Control steht zu hundert Prozent im Eigentum der Republik Österreich. Vulgo: dem steuerzahlenden Volk.
Am vergangenen Montag wurde prompt eine parlamentarische Anfrage zum „Heinz-Sommerbauer-Tower“ eingebracht. Darin stellt Nationalratsabgeordnete Waltraud Dietrich vom Team Stronach nicht ganz unwesentliche Fragen an den zuständigen SPÖ-Verkehrsminister, Alois Stöger. Fragen, die bis dato offengeblieben sind. Beispielsweise jene der anfallenden Kosten für den Abbruch der jetzigen Firmenzentrale, für die Errichtung des „eleganten“ Hochhauses, für das Ersatzquartier.
Blöd halt, dass diese brennenden Fragen wohl noch länger unbeantwortet bleiben werden. Auf Anfrage der „Presse“ sagt nämlich der Sprecher der Austro Control, Markus Pohanka: „Die Kosten lassen sich noch nicht beziffern.“ Motto: alles zu seiner Zeit. Jetzt werde einmal an den Unterlagen gearbeitet, die für eine Umwidmung notwendig sind. Dass eine Veränderung der Büroräumlichkeiten dringend notwendig ist, begründet er jedenfalls glaubhaft: Die Firmenzentrale befindet sich auf einem Grundstück der Austro Control im dritten Wiener Gemeindebezirk, in der Schnirchgasse 11. Das ist jenes Areal, das seinerzeit durch die Überplattung der U-Bahn-Abstellanlage in Erdberg entstand.
Die Bürostadt TownTown zählt seitdem etliche Gebäude – weitere sind geplant. Etwa der sogenannte Orbi-Tower, der maßgeblich von den Wiener Stadtwerken projektiert ist. Oder drei weitere Hochhäuser mit dem klingenden Namen Triiiple.
Zwischendrin steht das reichlich abgewirtschaftete Gebäude, in dem die Austro Control logiert. Mit einer Bausubstanz aus den Siebzigerjahren hat es „die wirtschaftliche Lebensdauer bereits überschritten“, sagt Pohanka. Und: Eine Sanierung käme „unverhältnismäßig teuer“.
Also wurde im vergangenen Jahr ein Architekturwettbewerb gestartet – mit 59 Einreichungen nahmen zwölf Architektenteams teil. Gewonnen hat ein Gebäude, das Architekten von AZPML und Share Architects präsentierten. Ein Gebäude mit beachtlichen 31 Stockwerken. Für rund 400 Mitarbeiter. Macht 13 Mitarbeiter pro Stockwerk.

Bemerkenswert. Und irgendwie kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Austro-Control-Chef Sommerbauer damit alle Betroffenen vor vollendete Tatsachen stellen wollte. Mit dem Projekt waren nämlich bislang offiziell die wenigsten befasst: Im Aufsichtsrat des Unternehmens, so wird versichert, sei nur von den Problemen der derzeitigen Unterkunft gesprochen worden. Und auch im Verkehrsministerium von Alois Stöger wird betont, dass man bloß über die bauliche Situation der jetzigen Firmenzentrale informiert wurde. Ein Hochhaus? Es würden derzeit lediglich Varianten für die Zukunft geprüft, lautet die Antwort. Hinter vorgehaltener Hand wird freilich erzählt, dass das Ministerium alles andere als angetan ist von den hochtrabenden Plänen der Austro Control.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Wiener Stadtwerke der Austro Control bereits Büroräumlichkeiten im geplanten Orbi-Tower angeboten haben. Was allerdings abgelehnt wurde. Heinz Sommerbauer wolle sein Hochhaus auf Biegen und Brechen, heißt es. Womit wir Zeugen eines herrlichen SPÖ-internen Disputs wären. Auf der einen Seite: der rote Heinz Sommerbauer, einst Kabinettschef von SPÖ-Verkehrsminister Rudolf Streicher. Auf der anderen Seite: die erzroten Wiener Stadtwerke. Und der ebenfalls rote Verkehrsminister Stöger.
Doch Austro Control bleibt dabei: Sich im Orbi-Tower einzumieten sei keine Option, weil der erst in einigen Jahren fertig werde. Und: „Das städtebauliche Leitbild der Stadt Wien sieht für den Standort der bestehenden Zentrale von Austro Control ein Hochhaus vor.“ Dieses werde immerhin den Wert der Liegenschaft erhöhen – was „zum Wohl des Unternehmens“ sei.

Das Projekt soll also offenbar durchgezogen werden. Bleibt noch die nicht unspannende Frage, wer das alles bezahlen soll. Um Größenordnungen herzustellen: Die Kosten für den benachbarten, knapp ebenso hohen Orbi-Tower sind mit 70 bis 75 Millionen Euro veranschlagt. Aber da sind Abbruchkosten und der Aufwand für das erforderliche Ausweichquartier natürlich nicht dabei.
Bei der Austro Control wird dazu lediglich angemerkt, dass es verschiedene Möglichkeiten der Finanzierung gebe. Und immerhin sei auch die sogenannte Baurechtsvergabe eine durchaus realistische Variante. Dabei würde das Projekt einem Entwickler übergeben werden. Austro Control hätte damit weder Finanzierungskosten noch Risken. Der politische Unmut bleibt aber natürlich.

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