Glücksspiel: Verstaatlichung mit Tücken

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Hans Jörg Schellings Plan, die Casinos Austria zu verstaatlichen, gestaltet sich mühsam: Juristisch wird die Sache als höchst unsauber bezeichnet – und die Transaktion könnte teurer als gedacht werden.

Er hat es getan. Peter Goldscheider, Chef der Investmentfirma Epic, hat ein Angebot gelegt. Für die Casinos Austria nämlich. Und dabei zeigt er sich durchaus generös: Goldscheider und seine beiden tschechischen Ko-Investoren bewerten das Unternehmen nämlich mit 760 Millionen Euro. Das, obwohl Gutachten von 450 bis 500 Millionen für die Casinos ausgehen.
Hans Jörg Schelling hat jetzt also ganz offiziell Nebenbuhler. Wir erinnern uns: Der Finanzminister will den Glücksspielkonzern ja komplett verstaatlichen. 33,2 Prozent hat er schon in die Staatsholding ÖBIB geholt. Und die restlichen Anteile? Sie sollen in mühsamen Verhandlungen mit den zahlreichen Casinos-Eigentümern ebenfalls sukzessive an Land gezogen werden.
Jetzt, mit Goldscheider im Nacken, wird's eine Spur mühsamer. Jedenfalls, was die Bemühungen des Finanzministers betrifft, den Preis für die Casinos-Anteile möglichst niedrig zu halten. Mehr hat er nicht gebraucht.
Aber es gibt mehr. Wie's der Teufel will, gibt es noch weitere Interessenten. Zum Beispiel die Novia-Gruppe aus Malta. Dort sind Ex-Raiffeisen-Boss Herbert Stepic und der einstige SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer mit im Boot. Und jetzt erscheint ein zusätzlicher Möchtegernkäufer auf der Bildfläche: Teddy Sagi. Er ist ein israelisch-britischer Investor, der erst kürzlich in Österreich Schlagzeilen gemacht hat – weil er die Conwert-Anteile von Hans Peter Haselsteiner übernommen hat. Sagi ist laut dem jüngsten „Forbes“-Ranking der achtreichste Mann in Israel mit einem Vermögen von 3,7 Milliarden Dollar. Und er ist Mehrheitseigentümer des in London börsenotierten Playtech-Konzerns, einem Softwarehersteller für Glücksspiele.
So viele Interessenten – für Schelling könnte die Sache also ordentlich teuer werden. Das ist aber nicht das größte Problem, das der Finanzminister hat. Vielmehr ist es so, dass allein schon sein Plan, die Casinos Austria voll zu verstaatlichen, auf beachtliche Hindernisse stößt.

Schelling argumentiert, dass die Eigentümerverhältnisse der Casinos dermaßen verschachtelt und aufgrund detailreicher Syndikatsverträge höchst kompliziert sind, sodass er erst einmal für klare Verhältnisse sorgen möchte. Sprich die Staatsholding ÖBIB soll Anteile übernehmen – als eine Art Zwischenlösung. Danach soll ein ansehnliches Paket entweder an die Börse gebracht oder ein strategischer Investor für das Unternehmen gefunden werden. Ein Projekt, das Jahre dauern wird.
Da tun sich einige Fragen auf. Zum Beispiel diese: Wieso muss der Staat das eigentlich machen? So ein Konzept kommt gerade beim Finanzminister einer Partei, die Privatisierungen das Wort redet, ein wenig seltsam daher. Zumal Schelling an die 500 Mio. Euro in die Hand nehmen muss (da sind Restrukturierungskosten für die Casinos noch gar nicht miteingerechnet) – und es letztlich alles andere als klar ist, ob der Deal auch tatsächlich ein Geschäft wird. „Schelling spielt Investmentbanker“, wird immer wieder hinter vorgehaltener Hand kritisiert. Und die Frage sei eben, ob der Staat solch beinharte (und möglicherweise riskante) Deals nicht lieber Profis überlassen sollte.
Dann gibt es auch noch das Problem, dass Schelling sich juristisch auf höchst unsicheres Terrain begibt. Seinem Ministerium obliegt nämlich die Aufsicht über das Glücksspiel. Aber als nunmehriger Eigentümer (via ÖBIB) hat er natürlich ganz eigene Interessen. „Das ist so, als würde sich die Finanzmarktaufsicht eine Bank kaufen“, sagt ein Kritiker. Angeblich hat Casinos-Interessent Peter Goldscheider auch schon rechtliche Schritte wegen des Interessenkonflikts des Finanzministers angedroht.
Politisch ist auch noch nicht alles gegessen. Die SPÖ ist natürlich – no na – Feuer und Flamme für die Verstaatlichungspläne. Und trotzdem ist sie skeptisch: Denn das, was danach geplant ist, behagt ihr überhaupt nicht.

Das größte Problem ist allerdings die Durchführung von Schellings Plan, nämlich eine Mehrheit bei den Casinos Austria zu erreichen. Da hat der Finanzminister wohl die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Und das könnte sich schon in absehbarer Zeit zeigen. Demnächst wird nämlich Maria Theresia Bablik, deren Stiftung rund 17 Prozent der Casinos-Anteile hält, diese zum Kauf anbieten. Würden diese Anteile – wie von Schelling gewünscht – an die ÖBIB gehen, dann hätte die Staatsholding bereits 50 Prozent der Casinos-Anteile gesichert.
Doch bei der letzten Sitzung der Casinos-Eigentümer haben alle bekundet, ihre Aufgriffsrechte in Anspruch nehmen zu wollen. Diesfalls hätten sie laut Syndikatsvertrag ebenfalls die Möglichkeit, Anteile von Bablik zu erwerben. Schelling müsste sich mit einem äußerst mageren Anteil zufriedengeben.

Von diesem Aufgriffsrecht werden natürlich nicht alle tatsächlich Gebrauch machen – allein aus finanziellen Gründen. Doch ein Anteilseigner scheint es – zumindest nach jetzigem Stand – damit ernst zu meinen: die Medial Beteiligungsges.m.b.H. Das ist jene Gesellschaft, in der die Raiffeisen-Töchter und die Kirchenbank Schelhammer & Schattera zusammengefasst sind. Gemeinsam halten sie via Medial immerhin 38,3 Prozent an den Casinos Austria.
Ein kleines Rechenbeispiel gefällig? Sollte die Medial tatsächlich ihr Aufgriffsrecht in Anspruch nehmen, bekäme sie die Hälfte der Bablik-Anteile. Das heißt, sie käme auf rund 47 Prozent der Casinos-Anteile. Rechnet man auch noch die Anteile von fünf Prozent dazu, die Schelhammer & Schattera gesondert an den Casinos Austria hält, wird klar: Für Schelling geht sich eine Mehrheit nie und nimmer aus.
Vorerst jedenfalls. Anzunehmen nämlich ist, dass die Medial diese Strategie nur aus wirtschaftlichen Gründen gewählt hat – weil sie die gesamten Bablik-Anteile nicht ungeschaut dem Finanzminister überlassen will. Schlussendlich wird es schon so sein, dass sie ihr gesamtes Paket an die ÖBIB verkaufen wird – freilich mit einem üppigen Zuschlag. Paketzuschlag nennt man das im wirtschaftlichen Sprachgebrauch.
Womit die Sache für Schelling noch einmal teurer würde. So sie überhaupt klappt.

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